Ein Zug des Unternehmens Flix
analyse

Wettbewerb unter Zuganbietern Wie Flix die Bahn im Fernverkehr angreift

Stand: 08.06.2025 17:42 Uhr

Im Fernverkehr auf der Schiene ist die Deutsche Bahn bisher weitgehend ohne Konkurrenz. Flix will das ändern - und Zug um Zug den Bahnkonzern alt aussehen lassen. Kann das gelingen?

Eine Analyse von Laura Bisch, SWR

Den Fernbusmarkt hat Flix mit seinen grün-orangen Bussen längst fest im Griff: Nach Angaben des Mobilitätsforschers Andreas Knie vom Wissenschaftszentrum Berlin hat das Unternehmen in diesem Sektor in Deutschland einen Marktanteil von nahezu 90 Prozent.

Nun will Flix mit FlixTrain auch auf der Schiene an die Macht. So gab das Unternehmen zuletzt bekannt, bei dem spanischen Hersteller Talgo 65 neue Hochgeschwindigkeitszüge bestellt zu haben. Ungefähr die Hälfte der Züge sind laut Flix bereits fertig - der Rest soll folgen. Wann die grünen Züge auf den Schienen sein werden, blieb offen.

Ernsthafte Konkurrenz für die Deutsche Bahn?

Während hinter dem "Wann" noch ein großes Fragezeichen steht, ließ Flix-Chef und -Mitgründer André Schwämmlein beim "Was" keinen Zweifel: Das Unternehmen will der Deutschen Bahn im Fernverkehr auf der Schiene Konkurrenz machen - und zwar langfristig. Auf Nachfrage schreibt Schwämmlein: "Das wird die größte private Fernverkehrsflotte in Europa werden." Ziel sei es zudem, Marktanteile von der Konkurrenz zu gewinnen.

Und auch für die Fahrgäste wolle man das Angebot attraktiv machen - "mit einer nachhaltigen Mobilität mit günstigen Tickets". So will das Unternehmen etwa allen Reisenden einen Sitzplatz ohne Aufpreis garantieren und Bahnreisen so auch für Menschen attraktiv machen, "die bisher lieber Auto gefahren sind". Außerdem verspricht Schwämmlein mehr Auswahl auf mehr Verbindungen. "Wettbewerb sogt für bessere Produkte. Davon profitieren am Ende die Fahrgäste", so Schwämmlein.

Die Deutsche Bahn gibt sich gelassen. Der Konzern teilt auf Anfrage mit, der Wettbewerb unter Eisenbahnverkehrsunternehmen belebe das Geschäft. Weiter heißt es in dem Statement: "Von daher begrüßen wir den Wettbewerb mit anderen Fernverkehrsanbietern wie Flix und stellen uns diesem."

Auf der Schiene gelten andere Regeln

"Man möchte natürlich auch noch mehr Wettbewerb schaffen, da ist sicherlich auch noch Potenzial", sagt auch Mobilitätsforscher Knie. Dass Flix im Geschäft mit Fernreisen auf der Schiene für ähnlichen Wirbel sorgen könnte wie auf der Straße, glaubt er allerdings nicht.

Mit Fernbussen habe sich Flix auf einem nicht besonders etablierten Markt als professionelles Unternehmen bewiesen, erklärt er. "Auf der Schiene ist das völlig anders", betont Knie. Dort gebe es längst einen bestehenden Markt für Fernzüge. Dieser werde bis auf ein paar wenige Ausnahmen und Nachtzuglinien vor allem von der Deutschen Bahn beherrscht, erklärt der Experte.

Und noch einen wichtigen Unterschied zwischen Straße und Schiene stellt der Mobilitätsexperte heraus: die Hardware. "Flixbus hat ja überhaupt keine Busse, sondern das sind ständige Busunternehmer, sogenannte Buspartner, die unter der Plattform Flixbus fahren." Auf der Schiene gehe das anders. Hier müsse Flix tatsächlich ein eigenes Unternehmen sein und eigene Züge anschaffen. Und damit müsse das Unternehmen sehr viel Geld investieren. Bislang bekannt ist ein Auftragsvolumen von bis zu 2,4 Milliarden Euro.

Kapazitäten auf der Schiene begrenzt

Bei den Zügen selbst hören die Investitionen laut Knie aber nicht auf. Auch für die Nutzung der Bahntrassen müsse das Unternehmen viel Geld einplanen. "Die Kapazitäten auf der Schiene sind begrenzter als die auf der Straße", erklärt er. Die Rahmenbedingungen seien zudem nicht zu kontrollieren. So bemängelt der Mobilitätsexperte etwa, die Schiene in Deutschland sei nicht genug digitalisiert worden. Dadurch könne man keine hohe Taktung fahren, die Zugfolgen seien mit zu hohem Sicherheitsabstand versehen.

Die Folge laut Knie: Es bleibt auf vielen Strecken Potenzial liegen. Weil das System in Deutschland noch manuell gesteuert wird, führen weniger Züge auf den Strecken, als eigentlich möglich wäre. "Wenn man das digital steuern würde, dann könnte man die Zugfolgen verdichten, die Frequenz der Züge erhöhen - und damit kriegen Sie auf dieselben Schienen mehr Züge", so Knie.

Mehr Züge heißen nicht mehr Fahrten

Nach Angaben von Knie bedeuten daher mehr Züge nicht mehr Fahrten. Denn genau wie die Fernzüge der Deutschen Bahn - also DB Fernverkehr - müsse auch Flix Slots bei der Konzerntochter DB Netz beantragen. Die Preise seien bei der Vergabe für alle gleich. Dass es dabei immer fair zugeht, daran hegt der Mobilitätsexperte Zweifel: "Das war in der Vergangenheit immer mal wieder so, wenn es vielleicht dann doch mal eng wird, dass man dem eigenen Unternehmen eher den Vortritt gibt als einem Fremdunternehmen."

Während die Vergabe der Slots für Flix eher zum Nachteil werden könnte, hat das Unternehmen laut Knie aber auch einen Vorteil gegenüber der Deutschen Bahn: Als junges Unternehmen mit deutlich niedrigeren Gehältern könne Flix die "Leistungen wesentlich flexibler darstellen".

Gleichzeitig sei der Betrieb eher "auf Kante genäht". Hier habe die Deutsche Bahn mehr Masse, was etwa Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angeht - und auch hinsichtlich der Bereitstellung von Zügen, wie Knie glaubt. Auch inklusive der neu bestellten Flix-Züge habe der DB-Konzern immer noch mehr Züge. Für Bahnreisende bedeutet das wohl zumindest in den nächsten paar Jahren keine fundamentalen Veränderungen - weder im Preis, noch in der Taktung der Züge.