Polizistin bei einer Demo von hinten

Nordrhein-Westfalen Warum so viele junge Menschen Polizistin oder Polizist werden wollen

Stand: 08.04.2025 15:30 Uhr

Der Polizeidienst ist beliebt. Auf 3.000 freie Stellen in NRW kommen 11.000 Bewerber. Die Abbrecherquote allerdings ist hoch. Heute wurden die neuen Kommissaranwärter vereidigt.

Von Nina Magoley

Für die meisten Anwesenden war es wohl ein sehr besonderer Moment am Dienstagmorgen in der Kölner Lanxess-Arena: Rund 3.000 junge Polizistinnen und Polizisten legten dort feierlich ihren Amtseid ab. Ab jetzt beginnt das reale Leben im Polizeidienst - die harte Wirklichkeit sozusagen.

Mehr Polizeianwärter in NRW

Mit dabei ist Lucie Piwek. Nach ihrer polizeilichen Ausbildung in Bielefeld ist sie nun Kommissaranwärterin - und freut sich auf ihren Start ins Berufsleben. Der Job sei vielfältig und "sehr menschenbezogen", sagte sie dem WDR.

Schon die Ausbildung habe ihr gefallen: "Im schulischen Teil hat man gelernt, sich zu strukturieren", im praktischen Teil habe sie bereits Verkehrskontrollen und Schießen geübt. Respekt vor der Waffe, aber auch Kommunikation gehörten zu den Themen der Ausbildung. Und auch der Umgang "mit Menschen, die nicht so freundlich zu einem sind".

"Dieser Beruf ist nicht gerade ungefährlich" - dessen ist sich Lucie Piwek bewusst, "besonders auch in dieser Zeit jetzt". Sie glaube aber, wenn "jeder mehr Respekt füreinander zeigt, kann man kann diesen Beruf trotzdem gut ausführen, mit sehr viel Freude".

Bewerberzahlen hoch, Ausbildungsbedingungen hinken hinterher

Rund 11.000 junge Menschen bewerben sich laut Polizei NRW jedes Jahr für den Beruf. "Wir haben keine Nachwuchsprobleme", hatte NRW-Innenminister Herbert Reul im vergangenen Herbst zu Beginn des neuen Ausbildungsjahres festgestellt.

Symbolbild: Junge Menschen in der Uniform der Polizei NRW (2017)

Rund 11.000 Bewerber jedes Jahr

Das sieht man bei der Gewerkschaft der Polizei (GdP) NRW etwas anders. Zwar ist die Zahl der Bewerber tatsächlich auf einem Langzeithoch - die Durchfallquote schon beim Eignungstest ist es allerdings auch. Gecheckt werden unter anderem logisch-analytische Fähigkeiten und Rechtschreibung. Einen Sporttest gibt es bei der Polizei in NRW nicht mehr, lediglich ein Belastungs-EKG steht auf dem Plan.

Dennoch: Die auch von der Landesregierung angepeilten 3.000 Kommissaranwärter pro Jahr zu gewinnen, sei "ein Kraftakt", sagt Pierre Weingarten, stellvertretender Vorsitzender der "Jungen Gruppe", die für die unter 32-Jährigen bei der GdP zuständig ist. Die sogenannte "Drop-out"-Quote der Abbrecher während der Ausbildung liege bei rund 25 Prozent.

Hürden wurden gesenkt

Dabei hat NRW die Hürden mehrfach gesenkt: Seit 2022 ist eine Ausbildung auch ohne Abitur möglich. Fachhochschulreife, eine abgeschlossene Ausbildung mit Berufserfahrung oder ein Meisterbrief im Handwerk reichen. Außerdem gibt es die Möglichkeit, ein polizeispezifisches Fachabitur zu machen.

Mittlerweile sind auch Anwärter unter 1,63 Meter Körpergröße zugelassen, wenn sie einen speziellen, von der Sporthochschule Köln entwickelten Test bestehen. Tattoos, die - zumindest im sichtbaren Bereich - früher grundsätzlich verboten waren, werden heutzutage von einer Tattoo-Auswahl-Kommission begutachtet. Die jährlichen Bewerbungsfristen wurden deutlich verlängert.

Große Klassen, wenig Ausstattung

Die Zahl der Azubis habe sich dadurch verdoppelt, sagt Weingarten. Was die Polizeigewerkschaft allerdings kritisiere: Die Ausbildungsbedingungen seien bislang nicht ausreichend an die gestiegenen Azubi-Zahlen angepasst worden. Zu große Klassen, zu wenig Ausstattung - für die Ausbilder sei es eine Herausforderung, dabei die gewünschten Qualitätsstandards zu halten.

Und das in Zeiten, da der Polizei immer mehr Ablehnung und auch Gewalttätigkeit aus der Bevölkerung entgegenschlägt.

Hoher Idealismus bei Anwärtern

Dennoch kämen immer noch viele Anwärter mit hohem Idealismus zur Polizei, sagt Pierre Weingarten: "Die meisten sehen darin eine sinnstiftende Tätigkeit, wollen einen Beitrag zur Sicherheit und zum Erhalt der demokratischen Grundordnung leisten." Neben einem relativ hohen Einstiegsgehalt nach der Ausbildung sei es vor allem das große Gemeinschaftsgefühl, das man im Team bei der Polizei erlebe - "stärker, als in einem Bürojob: Man vertraut dem anderen sein Leben an".

Quellen:

  • Pressemeldung Innenministerium NRW
  • Interview mit Polizeianwärterin bei WDR 5
  • Interview mit Pierre Weingarten, Gewerkschaft der Polizei NRW