Das Gebäude der Kirchengemeinde von außen

Nordrhein-Westfalen Bewährungsstrafe für Ex-Diakon aus Bielefeld

Stand: 04.06.2025 15:39 Uhr

Ein ehemaliger Diakon der evangelischen Kirche ist wegen sexuellen Missbrauchs Schutzbefohlener verurteilt worden.

Von Oliver Köhler und Peter Cohrs

Der Prozess war schnell wieder vorbei: Nach nur drei Stunden Verhandlung stand fest: Der ehemalige Diakon wird zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und elf Monaten verurteilt. Zusätzlich muss er eine Geldauflage von 6.000 Euro für einen gemeinnützigen Zweck zahlen.

Dem 51-Jährigen wurde unter anderem sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen vorgeworfen. Weil er zu Beginn der Verhandlung alle Vorwürfe einräumte, einigten sich die Prozessbeteiligten auf eine Bewährungsstrafe. Das Amtsgericht wertete das Geständnis als strafmildernd.

Gemeinsame Saunagänge mit Jugendlichen

Der verurteilte Diakon (anonymisiert) mit seinem Verteidiger

Der verurteilte Diakon mit seinem Verteidiger

Die Vorwürfe hatten für große Aufregung in der Bielefelder Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde gesorgt: Der Diakon hatte zwischen 2005 und 2011 ihm anvertraute minderjährige Jungen regelmäßig zu privaten Treffen eingeladen. Bei diesen Zusammenkünften in Kleingruppen waren die 14 bis 18 Jahre alten Jungen nackt.

Der Mann nahm auch mehrere Jungen mit in die Sauna. Dabei kam es zu Berührungen im Intimbereich. Auf einer Ferienfreizeit in Frankreich hatte er sich einem Jungen sexuell genähert. Die Staatsanwaltschaft stellte während der Ermittlungen bei dem Angeklagten jugendpornografische Schriften sicher.

Betroffene sind zufrieden mit dem Urteil

Nach der Urteilsverkündung äußerten sich Betroffene weitgehend zufrieden mit dem Urteil. Julian Schellong, eines der Missbrauchsopfer, hatte sich als Nebenkläger an dem Prozess beteiligt. Er sagte dem WDR, das Urteil sei ein Stück weit Genugtuung für die Betroffenen.

Wir haben erreicht, dass die Scham die Seite wechselt.

Julian Schellong, Nebenkläger

Evangelische Kirche handelte spät

Julian Schellong ist einer der Betroffenen des Missbrauchs durch einen Diakon

Nebenkläger Julian Schellong

Einige Betroffene kritisierten allerdings, dass es bis zum Prozess fast vier Jahre gedauert habe. Sie erneuerten auch ihre Kritik an der Kirche. Die Gemeinde, sagt Julian Schellong, habe die Verbrechen anfangs verschweigen wollen. Es habe heftige Konflikte zwischen Betroffenen und Kirchenvertretern gegeben.

Mittlerweile hat die Kirchenleitung sich bei allen Betroffenen entschuldigt und auch eingestanden, dass man die Vorwürfe zu spät ernst genommen habe. Die Gemeinde habe früher erlebnisorientierte Jugendarbeit angeboten, die sei auf Vertrauen in die Mitarbeitenden aufgebaut gewesen.

Es gab eine Vertrauenskultur, die bitter enttäuscht worden ist.

Christian Bald, Superintendent Ev. Kirche Bielefeld

Kirche will weiter aufarbeiten

Die Kirche hat reagiert: Alle Mitarbeitenden wurden geschult, um Anzeichen für Missbrauch zu erkennen. Alle Gemeinden mussten umfangreiche Schutzkonzepte erstellen. Außerdem hat der Kirchenkreis Bielefeld eine Studie in Auftrag gegeben, die die Vorfälle noch einmal umfassend aufarbeiten soll.

Unsere Quellen:

  • Amtsgericht Bielefeld
  • Kirchenkreis Bielefeld
  • Reporter vor Ort
  • Julian Schellong, Nebenkläger

Über dieses Thema berichten wir am 04.06.2025 auch im Radio auf WDR2 und im WDR Fernsehen in der Lokalzeit OWL.