
Nordrhein-Westfalen Marode NRW-Brücken: Ingenieurkammer fordert schnellere Genehmigungen
Eine weitere Brücke in NRW ist marode: auf der A4 am Kölner Eifeltor. Seit Tagen darf man dort nur noch mit 40 km/h fahren. Was braucht es, damit unsere Infrastruktur schnell wieder auf Vordermann kommt? Einschätzungen von Heinrich Bökamp, Präsident der Ingenieurkammer-Bau NRW.
WDR: Alle drei Jahre werden in Deutschland Brücken untersucht, ob es ihnen noch gut geht. Das heißt, vor drei Jahren war auf der A4 am Kölner Ring noch alles okay und jetzt auf einmal nicht mehr?
Heinrich Bökamp: Ganz so ist es nicht. Wertschöpfung setzt erst einmal Wertschätzung voraus. Diese Wertschätzung ist diesen Brücken über Jahrzehnte nicht zuteil geworden. Man hat auch andere Belastungen gehabt. Und dieses Prinzip "Augen zu und durch – es wird schon irgendwie gut gehen" rächt sich langsam. Man hat ganz viele Jahre verstreichen lassen, bis man in das Thema Sanierung und Ertüchtigung eingestiegen ist.
Je mehr Brücken marode sind, desto mehr Brücken kommen dazu - das ist ein Eindruck, den viele haben. Verrottet unsere Infrastruktur momentan schneller?

Heinrich Bökamp, Präsident der Ingenieurkammer-Bau NRW
Nein, verrotten tut sie nicht schneller. Sie ist höher belastet, als das am Anfang gedacht war. Das ist ein Nachteil für viele Brücken. Wir haben mehr Lkw-Verkehr. Man kann es auf den Menschen übertragen: Wir haben eine ganze Menge Patienten mit den Brücken, denen es nicht gut geht. Von den Patienten gibt es eine Zahl, die auf der Intensivstation liegt. Da wissen wir tatsächlich nicht, wie es im nächsten Vierteljahr weitergeht.
Wenn wir auf den Koalitionsvertrag der wohl neuen Bundesregierung schauen, dann finden sich auch Pläne, dass es beim Ersetzen von maroden Brücken keine langwierigen Planfeststellungsverfahren mehr brauchen soll. Was muss denn jetzt noch rasch angegangen werden?
Das ist sicherlich ein guter Schritt. Wir haben viel zu lange gebraucht, um diese Vorphase der Planung und auch der Genehmigungsphasen hin zu bekommen. Das waren zwei Drittel der gesamten Zeit. Im verbliebenen Drittel konnte man die Brücke bauen. Das muss umgedreht werden. Wir müssen auch den Unterschied machen zwischen Ersatzneubauten oder eine Brücke, die schon da war, nur ersetzt werden muss. Da kann man sich im Grunde genommen nicht vorstellen, dass die Genehmigung da nicht erteilt wird und dass man sie nicht bauen lässt.
Das andere ist natürlich, dass wir eine Verlässlichkeit brauchen. Bislang war es so, dass es an fehlenden Mitteln gescheitert ist und dass die Politik dieses Perioden-Denken gehabt hat und es letztendlich an die Nächsten weitergegeben hat. Man kam da gar nicht in Gang. Was uns auch weh tut ist, dass wir - von null auf hundert - so viel Personal gar nicht zur Verfügung stellen können. Das ist in den Verwaltungen so. Das ist in den Ingenieurbüros so. Bei den Baufirmen auch.
Jeder von uns braucht eine gewisse Verlässlichkeit, dass man in den nächsten Jahren auch dran bleibt an diesem Thema. Dann wird auch jeder Ressourcen aufbauen und es ist einiges mehr machbar. Das wurde so angekündigt, aber wir haben noch keinen Euro gesehen, ob das jetzt wirklich klappt.
Das Infrastrukturpaket soll ja vergrößert werden. Bauen wir denn auch schlau - wenn man mal schaut, wie lange es dauert, eine Brücke neu zu bauen?
Da sind eine ganze Menge Ingenieure dran, sich gute Dinge zu überlegen. Seit kurzem ist ja der Faktor Zeit ein Vergabe-Kriterium. Je schneller sie anbieten können, diese Brücke wiederherzustellen, desto eher kommen sie nach vorne im Vergabeverfahren. Das hat es lange nicht gegeben.
Es gibt viele Ideen, wie man Dinge auch vorfertigen kann, damit man nicht mehr alles auf der Baustelle machen muss. Es gibt Schnellbausysteme, die entwickelt wurden, die sehr viel schneller fertiggestellt werden. Nur müssen wir uns als Bevölkerung von den ein oder anderen Dingen verabschieden. Bei uns ist bisher jede Brücke ein einzelnes Bauwerk. Die Brücken laufen fast alle nicht rechtwinklig über den Verkehrsträger der darunter ist, sodass jede Brücke ein Unikat ist. Das ist klar, dass das aufwendiger ist, länger braucht und auch mehr Geld kostet.
Da wird man an der ein oder anderen Stelle weniger machen müssen oder Dinge eben auch mal gleich machen müssen, damit man schneller wird. Das fängt mit dem Vergabeverfahren schon an. Da versucht die Autobahn GmbH Funktional-Ausschreibungen rauszugeben, da sagt man, dass dies oder jenes gewünscht ist. Dann können Ideen eingebracht werden von den Firmen oder den Büros.
Unsere Quelle:
- WDR-Interview mit Heinrich Bökamp
Hinweis der Redaktion: Das Gespräch führte Aktuelle Stunde-Moderator Andreas Bursche. Fragen und Antworten wurden zur besseren Lesbarkeit an wenigen Stellen minimal abgeändert.