Nordrhein-Westfalen Brandanschlag Solingen: Ermittlungen gegen höhere Polizeibeamte abgelehnt

Stand: 10.04.2025 18:32 Uhr

Die Staatsanwaltschaft Wuppertal hat die Strafanzeige gegen leitende Kriminalbeamte wegen des Umgangs mit rechtsextremen Funden im Solingen-Prozess abgelehnt.

Von Antonia Rüller

Im Verfahren um den tödlichen Brandanschlag in Solingen hat die Staatsanwaltschaft Wuppertal entschieden, keine Ermittlungen gegen Polizeibeamte aufzunehmen. Zuvor hatte eine Nebenklagevertreterin Strafanzeige gegen mehrere leitende Kriminalbeamte gestellt. Der konkrete Vorwurf lautet "Verwahrungsbruch und Urkundenunterdrückung".

Fotos von NS-Büchern nicht in Akte – aber an Staatsschutz übergeben

Die Anzeige bezog sich unter anderem auf Fotos, die Bücher aus oder über die Zeit des Nationalsozialismus zeigen. Diese waren in einer leerstehenden Wohnung desselben Hauses gefunden worden, in dem der Angeklagte lebte – jedoch nicht in dessen persönlichem Wohnbereich. Laut Staatsanwaltschaft wurden die Lichtbilder zwar nicht zur Ermittlungsakte genommen, aber dem polizeilichen Staatsschutz zur Bewertung vorgelegt. Ein vorsätzliches Zurückhalten relevanter Informationen sei nicht erkennbar.

Gedicht mit fremdenfeindlichem Inhalt nicht gesichert

Kritik gab es auch wegen eines Zettels mit einem fremdenfeindlichen Gedicht, der sich offenbar in einer von dem Angeklagten genutzten Garage befand. Dieser wurde von den Ermittlern nicht als Beweismittel gesichert. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft ist es jedoch plausibel, dass der Zettel bei der intensiven Suche nach Brandbeschleunigern in der unübersichtlich vollgestellten Garage übersehen wurde. Hinweise auf ein absichtliches Nicht-Sichern gebe es nicht.

Kein strafbares Verhalten der Polizei erkennbar

Die Staatsanwaltschaft prüfte unter anderem mögliche Tatbestände wie Strafvereitelung im Amt, Urkundenunterdrückung und Verwahrungsbruch – kam aber in allen Punkten zu dem Ergebnis, dass es keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten der beteiligten Polizeibeamtinnen und -beamten gebe. Auch ein mögliches Eigeninteresse oder eine politische Motivation der Ermittler sei nicht ersichtlich.

Anwältin will Ermittlungsergebnis nicht akzeptieren

Seda Basay-Yildiz sagte dem WDR, sie werde gegen die Entscheidung der Wuppertaler Staatsanwaltschaft Beschwerde bei der Düsseldorfer Generalstaatsanwaltschaft als vorgesetzter Behörde einlegen. Außerdem werde sie eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Wuppertaler Strafverfolger einleiten. "Gerade aufgrund des Näheverhältnisses zur Polizei habe ich ja beantragt, die Ermittlungen nicht in Wuppertal durchführen zu lassen. Man hat dort ja nicht mal das letzte Handy des Angeklagten ausgewertet. Ich frage mich wirklich: Sind die fraglichen Bilder jetzt überhaupt noch da?" 

Frage nach rassistischem Tatmotiv bleibt im Verfahren offen

Ob die Funde – insbesondere die NS-Literatur und das Gedicht – Rückschlüsse auf ein mögliches rassistisches Tatmotiv zulassen, ist nicht Gegenstand der Entscheidung der Staatsanwaltschaft. Diese Bewertung liegt bei der Schwurgerichtskammer des Landgerichts Wuppertal, vor der derzeit die Hauptverhandlung gegen den Angeklagten läuft. Ihm wird Mord infolge einer Brandlegung mit tödlichem Ausgang vorgeworfen.

Der Brandanschlag ereignete sich im März 2024 in Solingen. Der Angeklagte soll in dem Mehrfamilienhaus ein Feuer gelegt haben. Eine vierköpfige Familie starb: Ein 28-jähriger Mann, seine 29-jährige Ehefrau sowie ihre beiden kleinen Töchter im Alter von drei Jahren und wenigen Monaten. 21 weitere Menschen wurden zum Teil schwer verletzt.

Unsere Quellen:

  • Reporter vor Ort
  • Staatsanwaltschaft Wuppertal

Über dieses Thema berichten wir im Fernsehen in der Lokalzeit Bergisches Land und im Radio bei WDR2.