Papst Franziskus auf der Loggia delle Benedizioni im Vatikan.
analyse

Vatikan Welche politische Relevanz hat das Papsttum noch?

Stand: 22.04.2025 23:52 Uhr

Oberhaupt der Katholiken, Staatschef, moralische Instanz und neutraler Vermittler - der Papst hat viele Rollen. Doch was davon ist nur Anspruch und was politische Wirklichkeit?

Von Martin Zöller, BR

Die letzten Bilder von Papst Franziskus am Ostersonntag zeigten noch einmal alles, was ihn als Person ausmachte. Sie zeigten aber ebenso, welche internationale Rolle auch der künftige Papst in einer globalisierten Welt weiterhin haben wird.

Das eine Bild: Franziskus, der Mensch, der sich noch einmal über den Petersplatz fahren lässt, hinaus zu den Menschen. Das andere: Franziskus, das Staatsoberhaupt, mit dem US-Vizepräsidenten JD Vance, bei seinem letzten diplomatischen Termin vor seinem Tod am Montagmorgen.

Papst Franziskus und JD Vance im Vatikan.

Der letzte diplomatische Termin von Papst Franziskus war ein Besuch des US-Vizepräsidenten JD Vance.

Nur Anspruch oder politische Wirklichkeit?

Der kleinste Staat der Welt, der Vatikan, und sein Staatsoberhaupt, der Papst, haben schon immer den Anspruch, für die Welt und in die Welt zu wirken. Auch dies war am Ostersonntag noch einmal sichtbar: Die Osterbotschaft, von ihm geschrieben aber nicht verlesen, listete alle Konflikte der Welt auf, vom Jemen bis zur Ukraine.

Mit schwacher Stimme segnete er zum Schluss noch einmal die Gläubigen. Gerade der Ostersegen ist der Inbegriff des ganzen universellen Anspruchs des Papsttums, gilt er doch "Urbi et Orbi" - "der Stadt und dem Erdkreis".

Dem Erdkreis? Ist das nur frommer Anspruch des kleinsten Staates der Welt oder politische Wirklichkeit? Welche politische Relevanz hat das Papsttum heute noch?

Unabhängig der Persönlichkeit eines Papstes erfolgt die päpstliche Diplomatie heute relativ klaren Grundsätzen: Schutz der Menschenwürde, Völkerverständigung, natürlich vor allem Schutz der Christen in den Regionen der Welt.

Ein Nachfolger wird Franziskus' Themen nicht ausklammern

Papst Franziskus lenkte die Aufmerksamkeit stets auf die Ränder und die Marginalisierten, was sich auch in seinen Reisen widerspiegelte. Auf die Frage, wie er auf die Mongolei mit ihren 1.300 Katholiken als Reiseziel kam, sagte er: "Ich habe einfach an die sehr kleine katholische Gemeinde dort gedacht."

Stärker und bewusst politisch war die erste seiner Reisen in 66 verschiedene Länder: Der Besuch auf der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa. Als Station für Flüchtende auf dem Weg nach Europa ist es ein Ort, an dem die politischen Herausforderungen der globalisierten Welt sichtbar werden wie kaum sonst in Europa.

Gerade Papst Franziskus nutzte seine moralische Autorität, um sich wiederholt für Frieden, Gerechtigkeit und Umweltschutz auszusprechen. Seine Enzyklika "Laudato si'" thematisierte globale Herausforderungen wie den Klimawandel und soziale Ungerechtigkeit. Auch ein Nachfolger wird diese Themen nicht ausklammern.

Es wird weiter Reibung geben

Der Vatikan ist ein souveräner Staat, der Papst als dessen Oberhaupt genießt politische Unabhängigkeit - Papst Franziskus pochte sehr darauf. Sein Fokus bei allen Konflikten und Kriegen, die in seinem Pontifikat ausbrachen, lag auf den Opfern und den Menschen. Seine aus mancher Sicht zu zurückhaltende Verurteilung des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine oder die zu deutliche Kritik am israelischen Vorgehen im Gaza-Krieg brachten ihm aber auch Kritik ein.

Manche persönliche Spontaneität stand für Beobachter in Rom im Gegensatz zur Position des Vatikans, als neutraler Vermittler und Friedensstifter zu agieren. Der besondere Wert des Vatikans in kulturell-religiös gefärbten Konflikten: Der Papst spielt eine zentrale Rolle bei der Förderung des Dialogs zwischen verschiedenen Religionen.

Und jetzt? Universelle Ideen haben nicht gerade Konjunktur, vor allem nicht beim mächtigsten Mann der Welt, US-Präsident Donald Trump: Austritte aus der WHO und dem Pariser Klimaschutzabkommen, Protektionismus - all dem steht ein Papst entgegen, der schließlich einer Kirche vorsteht, deren Name sich vom griechischen Wort "katholikós", zu deutsch "allumfassend", ableitet.

Der Papst als moralische Instanz, die auf universellen Werten basiert und sich gegen politische und wirtschaftliche Interessen stellt, hier wird es weiter Reibung geben - wie auch immer der neue Papst heißen wird.