Die Linken-Fraktion im Bundestag
analyse

Union und Linkspartei Es wird kompliziert

Stand: 13.05.2025 19:41 Uhr

Die Union steckt im Dilemma: Sie will eigentlich nicht mit der Linkspartei zusammenarbeiten - wird im Bundestag aber immer wieder ihre Unterstützung brauchen. Schon jetzt zeigt sich: Das dürfte schwierig werden.

Von Alexander Budweg, ARD-Hauptstadtstudio

Die Linke hat der Union den Fehdehandschuh hingeworfen und auf der Gegenseite nehmen die Hardliner diesen genüsslich auf. Nachdem die selbsternannte sozialistische Klassenpartei auf ihrem Parteitag in Chemnitz beschlossen hat, eine umstrittene Definition von Antisemitismus als Arbeitsgrundlage zu nutzen, bringen sich die Gegner einer Annäherung zwischen CDU, CSU und Linke in Stellung. 

Jens Spahn, der neue Fraktionsvorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, wirft der Linken antiisraelischen Antisemitismus vor. Und er nennt weitere Beispiele, warum seiner Meinung nach eine Annährung aktuell völlig ausgeschlossen sei.

So werde auf Parteitagen der Linken dazu aufgerufen, Millionäre zu erschießen. Und das unter Beifall. Zudem habe die Partei bis heute für sich nicht geklärt, wie sie mit dem Unrecht umgehen wollen, für das ihre Vorgänger-Organisation SED stünde. "Die Linke müsste sich ändern, damit man reden kann, nicht die Union."

Linke ermöglichte Merz-Wahl mit

Dabei sind eigentlich beide im Bundestag aufeinander angewiesen. Die Union auf die Stimmen der Linken, immer dann, wenn bei Abstimmungen eine Zweidrittelmehrheit gebraucht wird. Und die Linke? Auch sie muss ein Interesse an einem halbwegs unverkrampften Miteinander mit CDU und CSU haben. Schließlich hat sie es sich zur Aufgabe gemacht, die AfD im Parlament zu bekämpfen.

Wie das gehen kann, wurde bei der Wahl von Friedrich Merz zum Bundeskanzler deutlich. Indem die Linke auch für einen zweiten Wahlgang stimmte, war es unerheblich, wie sich die AfD verhielt.   

Wahl von drei Richtern steht an

Die Stimmen der Linken braucht es zum Beispiel auch für Verfassungsänderungen. Also auch für die Aufhebung oder zumindest Anpassung der Schuldenbremse im Grundgesetz. Dazu wollen Union und SPD demnächst eine Kommission einsetzen, die Vorschläge erarbeiten soll - wobei jedoch völlig unklar ist, ob es diese jemals ins Parlament schaffen werden. 

Zudem wird die Linke bei der Wahl von Richtern für das Bundesverfassungsgericht gebraucht. Gleich drei davon muss der Bundestag in diesem Jahr bestimmen. Doch anders als etwa bei der Lockerung der Schuldenbremse zugunsten von Verteidigungsausgaben und dem Infrastruktur-Sondervermögen, was beides noch mit den Mehrheiten des alten Bundestages durchgepeitscht wurde, hatte es die Union bei diesem Thema nicht besonders eilig. 

Unterstützung bei Personalie fraglich

Dabei hat die CDU schon länger einen für sie passenden Kandidaten gefunden. Der als äußerst konservativ geltende Richter am Bundesverwaltungsgericht, Robert Seegmüller, sollte bereits Ende vergangenen Jahres gewählt werden. Doch wegen Bedenken der Grünen wurde daraus nichts. 

Seitdem sich nun die Mehrheitsverhältnisse im neuen Bundestag geändert haben, ist die Union neben den Stimmen von SPD und Grünen auch auf die Stimmen der Linken angewiesen. Und es ist mehr als fraglich, ob ausgerechnet die Partei, die mit Carola Rackete eine Flüchtlingshelferin ins Europaparlament gebracht hat, für diese Personalien Mehrheitsbeschafferin sein wird. Schließlich hat sich Seegmüller auch als Kritiker des Asylrechts einen Namen gemacht und die Ratschläge von Flüchtingsräten zur Umgehung von Abschiebungen als "Angriff auf den Rechtsstaat" bezeichnet. 

Schwerdtner: Auf Augenhöhe verhandeln

"Wir werden nicht einfach nur Mehrheiten für die CDU besorgen, dann wenn sie es gerade mal braucht", macht die Bundesvorsitzende der Linken, Ines Schwerdtner, klar. Die Erwartung sei auf Augenhöhe mitzuverhandeln und im Prozess von Anfang an beteiligt zu sein. 

 Für den wichtigsten Unterhändler der CDU im Bundestag stehen Gespräche mit der Linken aber aktuell nicht an. "Wir werden sicherlich nichts machen, was gegen unsere Überzeugung geht", sagt der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Union, Steffen Bilger. Er verweist auf den seit 2018 bestehenden Unvereinbarkeitsbeschluss zur Linken. Darin heißt es: "Die CDU Deutschlands lehnt Koalitionen und ähnlichen Formen der Zusammenarbeit sowohl mit der Linkspartei als auch mit der Alternative für Deutschland ab."

Bilger spricht von schwieriger Gemengelage

Beschlossen von einem Bundesparteitag, also dem höchsten Gremium seiner Partei, kann dieser auch nur durch einen solchen wieder aufgehoben werden. Doch eine Linkspartei-Debatte will Bilger nicht. Beim Thema Richterwahl spricht er zwar von einer schwierigen Gemengelage. Zugleich zeigt er sich aber optimistisch, dass man gemeinsam mit der SPD eine Lösung finden werde. Wie genau diese aussehen soll, sagt er allerdings nicht. 

 

Oliver Neuroth, ARD Berlin, tagesschau, 13.05.2025 17:13 Uhr