Die U-Bahnhaltestelle Saarlandstraße in Hamburg

Saarland Saarländische Straßennamen in ganz Deutschland – wie kommt's?

Stand: 11.04.2025 14:59 Uhr

Überall in Deutschland gibt es Straßen, die nach dem Saarland benannt sind – für Touristen meist ein Foto für die Liebsten aus der Heimat wert. Aber was hat es damit auf sich, dass das Saarland Namensgeber für viele Straßen auch in Großstädten wie Berlin, Hamburg oder München ist?

Martina Kind

Jeder Reisende oder Ausgewanderte, der die Heimat noch im Herzen trägt, dürfte es kennen: Wenn auf einem Straßenschild ein Wort prangt, das an Zuhause erinnert, dann kommt gleich ein wohliges Gefühl auf. In Deutschland gibt es viele Orte, deren Straßen Namen tragen wie: Saarstraße (Dresden), Saarlandstraße (Hamburg), Saarbrücker Straße (Berlin) oder Saarlouiser Straße (München). In Dortmund gibt es sogar ein Saarlandstraßenviertel – eine beliebte Gegend vor allem bei jungen Menschen.

Drei historische Ereignisse könnten entscheidend gewesen sein

Aber warum ist das eigentlich so? Fabian Lemmes, Professor für Kultur- und Mediengeschichte an der Universität des Saarlandes, stellt mehrere Vermutungen auf. Eine systematische Untersuchung dieser Frage gebe es bislang nämlich nicht. "Drei politische Konjunkturen könnten aber eine Rolle bei der Benennung der Straßen oder ganzer Viertel gespielt haben."

Die erste Konjunktur datiert Lemmes auf die Jahre nach 1870/1871. Die gewonnene Schlacht bei Spichern im Deutsch-Französischen Krieg könnte demnach ein Grund für die Benennung von Straßen nach der Saar oder Saarbrücken gewesen sein – der Sieg befeuerte den deutschen Nationalismus.

"Mit der Benennung hat man sicherlich den Sieg feiern wollen", erklärt Lemmes. "Das ist auch der Zeitpunkt, zu dem ziemlich viele Straßen oder ganze Viertel nach Orten in Elsass-Lothringen benannt wurden, zum Beispiel die Diedenhofer, Straßburger und Metzer Straße in Berlin-Prenzlauer Berg. Und in dem Zusammenhang taucht dann auch Saarbrücken auf. Das hätte also mit Nationalpatriotismus nach der Reichsgründung zu tun."

Saarabstimmung vor 90 Jahren

Das zweite Momentum – und nach Einschätzung von Lemmes auch das bedeutendere in diesem Zusammenhang – dürfte die Abtrennung der Saarregion aus dem Deutschen Reich und die Entstehung des Saargebietes 1920 gewesen sein. "Hier gibt es eine interessante Parallele zu Frankreich: Dort schießen nach 1870/71 nämlich Straßennamen wie Rue Alsace Lorraine oder Rue Alsace aus dem Boden – also ab dem Moment, an dem Frankreich diese Gebiete verliert."

Ganz besonders wichtig aber ist das Jahr 1935 – als die Saarländerinnen und Saarländer entschieden, zurück "ins Reich" zu kehren. "Es ist der erste große außenpolitische Erfolg Hitlers, weshalb deutschlandweit tatsächlich einige Straßen nach dem Saarland benannt werden. 1936 wurde etwa eine Straße in München Saarlauterner Straße genannt. Erst Mitte der 80er Jahre, also recht spät, wurde sie dann in Saarlouiser Straße umbenannt", erklärt Lemmes.

Tatsächlich finden sich hier einige Beispiele: Die Stresemannstraße in Berlin hieß von 1935 bis 1947 Saarlandstraße, auch Kiel bekam 1935 eine Saarbrückenstraße, in der bayerischen Marktgemeinde Ottobeuren wurde die Luitpoldstraße im selben Jahr in Saarlandstraße umbenannt, die Saarlandstraße in Dortmund hieß vor 1937 noch Ardeystraße, Paderborn zog 1938 mit der Saarstraße nach. Diese Liste ließe sich noch weiter fortführen. "Das sind ganz klar NS-Benennungen."

Partnerschaften mit anderen Städten

Neben diesen drei politischen Ereignissen könnten aber auch Partnerschaften zu Städten auf dem Gebiet der ehemaligen DDR zu Straßenbenennungen mit Saarlandbezug beigetragen haben – ein Beispiel wäre hier die Stadt Cottbus, die 1987 Partnerstadt der Landeshauptstadt Saarbrücken wurde. "So wie wir einen Cottbuser Platz in Saarbrücken haben, gibt es in Cottbus auch eine Saarbrücker Straße."

Ein anderes Beispiel ist Eisenhüttenstadt, eine Stadt an der Oder, unmittelbar an der polnischen Grenze. 1986 hat sie mit Saarlouis die erste deutsch-deutsche Städtepartnerschaft überhaupt geschlossen. Kein Wunder also, dass es in Eisenhüttenstadt eine Saarlouiser Straße gibt – und in Saarlouis eine Eisenhüttenstädter Allee.

Am Ende müssen aber auch nicht alle Straßen, die das Saarland im Namen tragen, einen politischen Hintergrund haben, betont Lemmes. "Gerade, wenn ich an die 50er, 60er, 70er Jahre denke – irgendwann gehen einem die Blumen- und Baumsorten aus und dann hat man nach Flüssen, Städten und Regionen benannt." Und da war dann hin und wieder eben auch das Saarland dabei.

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