
Saarland Kritik aus dem Saarland an anhaltenden Zurückweisungen an der Grenze trotz Gerichtsurteil
Das Berliner Verwaltungsgericht hat die dauerhaften Zurückweisungen von Asylsuchenden an den Grenzen für rechtswidrig erklärt. Bundesinnenminister Dobrindt will trotzdem daran festhalten. Der Saarländische Flüchtlingsrat und die Gewerkschaft der Polizei kritisieren die derzeitige Situation – wenn auch aus unterschiedlichen Gründen.
Mit Informationen von Sabine Wachs
Die in der derzeitigen Form praktizierte Zurückweisung von Asylsuchenden bei Grenzkontrollen auf deutschem Gebiet ist rechtswidrig. Das hatte das Berliner Verwaltungsgerichts in einer Eilentscheidung am Montag festgestellt.
Ungeachtet dessen will Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) daran festhalten. Er sehe keinen Grund, die Zurückweisungs-Praxis wegen einer Einzelfall-Entscheidung zu ändern.
Ähnlich äußerte sich der saarländische CDU-Bundestagsabgeordnete Roland Theis. Auf SR-Anfrage bezeichnete er das Berliner Urteil als Einzelfallentscheidung. Die generelle Frage der Rechtmäßigkeit von Zurückweisungen sei nicht Gegenstand des Verfahrens gewesen. Jedes andere deutsche Verwaltungsgericht könne den nächsten Fall völlig anders entscheiden, so Theis.
Flüchtlingsrat übt scharfe Kritik an Landesregierung
Der Saarländische Flüchtlingsrat kritisiert die aktuelle Entwicklung - nimmt aber vor allem die Landesregierung in die Pflicht. Er forderte Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) dazu auf, sich der "rechtswidrigen Abschottungspolitik der Bundesregierung" zu widersetzen.
Die Landesregierung nähme hin, dass Bundesinnenminister Dobrindt das Grundrecht auf Asyl sabotiere. Die Zurückweisung von Asylsuchenden durch die Bundespolizei an den Grenzen sei illegal und mit EU-Recht nicht vereinbar, so die Argumentation des Flüchtlingsrates.

"Es geht um ein offenes Europa, um das Recht auf Asyl und die Solidarität mit Menschen, die vor Krieg und Verfolgung nach Deutschland geflüchtet sind", sagt Tobias Schunk vom Vorstand des Flüchtlingsrats. "Diese Errungenschaften dürfen nicht durch den rechtspopulistischen Kurs von Dobrindt unter die Räder kommen."
Jost: Bundesregierung muss sich an Recht und Gesetz halten
Der saarländische Innenminister Reinhold Jost (SPD) betont unterdessen, dass die Grenzkontrollen nicht der Landespolizei obliegen, sondern Zuständigkeit der Bundespolizei seien. "Wir haben aber eine klare Erwartungshaltung und die ist, dass man sich an Recht und Gesetz hält", sagt er.
Jost rechnet damit, dass sich die Bundesregierung intensiv mit der Urteilsbegründung befassen und gegebenenfalls rechtlich nachbessern wird.
GdP will rechtliche Sicherheit für Polizeibeamte
Die "Bundespolizei Kreisgruppe Saarland" der Gewerkschaft der Polizei drängt unterdessen auf eine rechtssichere Lage für die Bundespolizistinnen und -polizisten, die die Zurückweisungen an den Grenzen in der Region vollziehen. Es könne nicht sein, dass diejenigen, die im Auftrag des Staates handeln, rechtlich im Regen stehen gelassen werden.
Derzeit handelten die Bundespolizistinnen und -polizisten auf Grundlage von politischen Entscheidungen und dienstlicher Anordnungen. Wenn Gerichte im Nachgang zu anderen Bewertungen kämen, dürfe dies nicht zu Lasten der Beschäftigten gehen, so GdP-Sprecher Werner Berger auf SR-Anfrage.
Hintergrund ist die Frage, inwieweit Bundespolizisten, die Asylsuchende an den deutschen Grenzen zurückweisen, gegen geltendes EU-Recht verstoßen und damit selbst belangbar wären.
Viele rechtliche Fragen unklar
Auch auf Bundesebene gibt es Kritik an Dobrindts Vorgehen, etwa aus Reihen der SPD oder von den Grünen. Migrationsexperten geben außerdem zu bedenken, dass die Begründung des Bundesinnenministers nicht ausreichen könnte. Dieser stützt seinen Standpunkt unter anderem auf den Verweis darauf, dass die Kommunen überlastet seien. "Ob man von der Lage in einzelnen Kommunen auf ganz Deutschland schließen kann, ist aber sehr fraglich", sagte der Vorsitzende des Sachverständigenrats für Integration und Migration, Winfried Kluth, der Nachrichtenagentur dpa.
Über dieses Thema hat auch die SR info-Rundschau am 03.06.2025 berichtet.
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