
Berlin Hitzeschutz in Brandenburg bisher noch lückenhaft - Zahl der Hitzetoten 2024 gestiegen
Fast 100 Hitzetote gab es im Jahr 2024 in Brandenburg, doppelt so viele wie im Jahr davor. Und die Zahl könnte weiter steigen. Das "Netzwerk Hitzeschutz" soll in der Mark Maßnahmen bündeln. Doch funktioniert das? Von Amelie Ernst
Anne-Kathrin Ringel vom Gesundheitsamt Barnim macht so einiges, damit die Menschen in ihrem Landkreis gut vorbereitet sind auf Hitze. Es gibt Infomaterial für Kitas und Schulen, Infoveranstaltungen für ältere Menschen oder auch die "Sonnenmilch-Bar" bei Sportwettkämpfen. Dort können Besucherinnen und Besucher sich eincremen und verschiedene Produkte testen. Gerade Jugendliche fänden Sonnencreme aber oft uncool, obwohl diese ein wichtiger Schutz sei, erklärt Ringel.

"Hitzeknigge" soll Senioren und Pflegeeinrichtungen unterstützen
Die Expertin plädiert auch dafür, dass es im Sommer keinen Sportunterricht mehr draußen in der Mittagshitze gibt. Doch so etwas vorgeben können sie und ihre Kolleginnen von den Gesundheitsämtern das nicht. Sie hoffen stattdessen auf Einsicht und verteilen Broschüren wie den "Hitzeknigge", beispielweise an Senioren und Pflegeeinrichtungen. "Der Hitzeknigge ist ein Impuls, den wir setzen. Dass gesagt wird: 'Trinken ist wichtig - die erinnern mich in diesem Jahr schon wieder daran. Na klar muss ich trinken!' Oder 'Ich sollte nicht rausgehen, wenn es so warm ist.'". Ebenso wichtig seien aber auch Nachbarschaftsnetzwerke, sagt Ringel – also Menschen, die nach älteren und kranken Personen schauten, wenn draußen die Sonne brennt.
"Hitzeschutz" kein Thema im Koalitionsvertrag
In Brandenburg wurde im Juni 2023 das "Netzwerk Hitzeschutz" gegründet. Es soll zusammentragen, welche Maßnahmen für Hitzeschutz es im Land gibt - und neue Maßnahmen anstoßen und umsetzen [mgs.brandenburg.de]. Zum fünften Treffen am Dienstag kamen aus etwa der Hälfte aller Brandenburger Landkreise Vertreterinnen und Vertreter nach Potsdam. In Gesprächen hört man, dass das Thema Hitzeschutz noch nicht überall Priorität hat.
Und auch die Frage kommt auf, wieviel Aufwand die Landesregierung in diesem Bereich eigentlich betreiben möchte – abgesehen von der Organisation eines Netzwerks. Im Koalitionsvertrag von SPD und BSW tauchen die Worte "Hitze" und "Hitzeschutz" jedenfalls nicht auf. Trotzdem habe man das Thema im Blick, sagt Gesundheitsstaatssekretär Patrick Wahl (BSW) am Dienstag. "Wir haben jetzt im Koalitionsvertrag nicht die konkreten Maßnahmen aufgelistet. Die ergeben sich eher aus der praktischen Arbeit vor Ort. Da wäre es auch gar nicht sinnvoll als Landesregierung Vorgaben zu machen." Der Ansatz sei eher, sinnvolle Maßnahmen in den Kommunen grundsätzlich zu unterstützen und weiterzuverbreiten.
Zielvorgaben zum Hitzeschutz in Brandenburg fehlen
Konkrete Förderpläne im Bereich Hitzeschutz gibt es derzeit nicht im Brandenburger Gesundheitsministerium. Im Bereich der Pflegeheime und Krankenhäuser allerdings habe sein Haus durchaus gewisse Einflussmöglichkeiten und könne im Rahmen der Fachaufsicht darauf hinwirken, dass Hitzeschutz-Maßnahmen beachtet würden, sagt Wahl. In jedem Fall werde man weitere Treffen zum Thema organisieren, aber keine Zielvorgaben machen.
Es gibt einen "Hitze-Aktionsplan" in Brandenburg [mgs.brandenburg.de], es gibt ein "Netzwerk Hitzeschutz" – aber der ganz konkrete Hitzeschutz hängt bisher von den Akteurinnen und Akteure vor Ort ab. Und davon, ob diese das Thema für wichtig erachten oder nicht.
Berlin ohne Hitzeaktionsplan im Sommer 2025
Auch Berlin startete am Sonntag mit einzelnen Hitzeschutz-Maßnahmen: Pro Bezirk hat der Senat 100.000 Euro bereitgestellt, um vor allem denen zu helfen, die besonders gefährdet sind, wie Senioren oder Obdachlose. Den im vergangenen Jahr angekündigten, übergreifenden Hitze-Aktionsplan gibt es hingegen noch nicht.
52 Menschen sind laut Angaben des Statistikamts Berlin-Brandenburg 2024 in Berlin an den Folgen von Hitze gestorben. Deutschlandweit wurden 2023 und 2024 laut Robert-Koch-Institut insgesamt fast 6.000 Hitzetote gezählt.
Erläuterung zur Grafik:
Ein Hitzetag ist ein definiert Tag, an dem die Tageshöchsttemperatur auf mindestens 30 Grad Celsius steigt.
Bei der Errechnung der Zahl der Hitzetoten stützt sich das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg im Wesentlichen auf die Sterbefallstatistik und die Tagesmitteltemperaturen. Für Details zur Berechnung verweist das Amt auf den Beitrag "Hitzebedingte Sterblichkeit in Berlin und Brandenburg" (pdf).
Sendung: Brandenburg aktuell, 03.06.2025, 19:30 Uhr