
Berlin Bewährungsstrafe für Ex-Senatorin Dilek Kalayci
Weil die ehemalige Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci von einem mitangeklagten Unternehmer ihre Hochzeit mit organisieren ließ und ihre Gesundheitsverwaltung gleichzeitig ein Projekt mit ihm durchführte, sah eine Wirtschaftskammer den Vorwurf der Bestechlichkeit als erwiesen an. Von Ulf Morling
Wegen Korruption hat die 36. Große Wirtschaftsstrafkammer am Freitag die frühere Arbeits- und Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (58) zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten wegen Bestechlichkeit veruteilt. Der mitangeklagte Chef einer Marketingagentur Thomas E. (59) wurde wegen Bestechung zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt. Mit der Entscheidung folgt das Gericht im Wesentlichen den Anträgen der Staatsanwaltschaft.
Die frühere Senatorin hatte sich im Jahr 2019 teilweise ihre Hochzeit durch die Firma des mitangeklagten Unternehmers ausrichten lassen, während gleichzeitig ihre Gesundheitsverwaltung ein Projekt mit ihm plante und durchführte, wofür seiner Firma eine sechsstellige Summe zufloss.
Beide Angeklagte hatten die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft bestritten und legen Rechtsmittel ein gegen das Urteil.

Bewusst den Eindruck der Käuflichkeit geweckt
"Sie sitzen nicht wegen politischen Entscheidungen als Senatorin auf der Anklagebank", hatte der Vorsitzende Richter der 36. Wirtschaftsstrafkammer, Bo Meyer, betont. Aber Senatorin Kalayci habe ihren Einsatz "mit einem persönlichen Vorteil" verknüpft. Die Angeklagte war als Gesundheitssenatorin seit Januar 2019 im Gespräch mit dem mitangeklagten Chef einer Marketingfirma über eine Werbekampagne für Berliner Jugendliche, den Pflegeberuf zu wählen - tausende Beschäftige fehlten allein in Berlin. Die Bundesregierung hatte damals beschlossen, die Pflegeausbildung zu reformieren, um die Ausbildung attraktiver zu machen.
Im Februar 2019 hatte Kalayci dann in Salzburg geheiratet. Im selben Monat reichte die Firma E.s bei der Senatsverwaltung für Gesundheit das Konzeptpapier ein für die von der Gesundheitssenatorin geplante Werbeaktion für die Pflegeausbildung, die ab April neu starten sollte. Im Juni 2019 wurde E. dann per Mail angefragt, ob er nicht für die spätere Hochzeitsfeier der Senatorin in Berlin die Einladungen verschicken, das Gästemanagement übernehmen und die Feier planen könne, was die Firma des Mitangeklagten tat.
Über die Bezahlung sei zwar geschrieben, aber nie darauf eingegangen worden, hieß es im Urteil. Die damalige Senatorin habe "sich stillschweigend und bewusst bereit gezeigt, sich beeinflussen zu lassen bei der zukünftigen Diensthandlung", hieß es weiter. Sie habe "bewusst den Eindruck der Käuflichkeit geweckt" bei E.
Sechsstelliger Betrag an Thomas E.s Marketingfirma
Nachdem sich Senatorin Kalayci unbestritten dafür eigesetzt hatte, dass Thomas E. Marketingfirma die Werbeaktion für den Pflegeberuf durchführte und die Abgeordneten im September 2019 diesem Haushaltstitel zugestimmt hätten, habe sie darum "gebeten", so Kalayci im Prozess, den vorgesehen Titel nicht als "Dienstleistungstitel", sondern "Zuwendungstitel" aufzuführen, da bei diesem keine Ausschreibung notwendig sei. So habe sich die Werbeaktion für die reformierte Pflegeausbildung nicht weiter verzögern sollen.
Eine "Bitte der Senatorin" könne von einem Mitarbeitenden der Senatsverwaltung aber auch anders aufgefasst werden, auch wenn Kalayci keine Weisung ausgesprochen hätte, hieß es im Urteil. Im März 2020 schließlich hatte Thomas E. Firma 267.000 € Steuergeld der Senatsverwaltung für Gesundheit auf dem Konto. Ende 2021 hatte Kalayci ihre jahrzehntelange politische Laufbahn beendet und war in die Wirtschaft gewechselt. 2022 erfolgte eine anonyme Anzeige bei der Polizei und im August letzten Jahres war Anklage gegen die frühere Senatorin und den Chef der Marketingfirma erhoben worden.
Senatorin und Firmenchef bestreiten bis heute
"Ich habe und hätte mich niemals bestechen lassen!" beteuert Kalayci noch in ihren letzten Worten im Gerichtssaal. Ebenso äußert sich der mitangeklagte Unternehmer, der bereits früher überwiegend für die öffentliche Hand tätig war. Die Beauftragung für ihre Hochzeit habe nichts zu tun gehabt mit dem Projekt der Werbekampagne für die Pflege, so die Senatorin a.D.
Das Urteil sei in dieser Höhe gefallen, weil für beide Angeklagte enorme wirtschaftliche Nachteile dadurch entstünden, so der Vorsitzende Richter Meyer. Kalayci verliere bei Rechtskraft des Urteils ihre Ruhebezüge und habe bereits im Ermittlungsverfahren ihren Job in der Wirtschaft verloren. Die Agentur des Mitangeklagten sei in die Insolvenz gegangen.
Gleichzeitig entstehe aber bei den Bürgern und Bürgerinnen durch solche Taten der Eindruck, dass Staatsbedienstete, auch Senatorinnen, nicht immer ohne persönliche Vorteile und unparteiisch handelten. "Das Vertrauen in den Staat komme ins Wanken."
Sendung: rbb24 Abendschau, 04.03.25, 19:30 Uhr