
Baden-Württemberg RVZ in der Kritik: Hunderte Tonnen Fleisch falsch deklariert
Ein Viehhandelsunternehmen aus dem Kreis Schwäbisch Hall steht in der Kritik, hunderte Tonnen Fleisch bei der Haltungsform falsch deklariert zu haben. Das hat Konsequenzen.
Die Vorwürfe gegen die Raiffeisen Viehzentrale GmbH (RVZ) mit Sitz in Wolpertshausen (Kreis Schwäbisch Hall) wiegen schwer. Von gefälschten Dokumenten, fragwürdigen Haltungskennzeichnungen und falsch deklariertem Fleisch ist die Rede - und das bei über 1.000 Rindern und damit mehreren hundert Tonnen Fleisch. Die RVZ hat nach eigenen Angaben reagiert, erneutes Fehlverhalten habe es nicht gegeben. Dennoch ist das Unternehmen von der QS Qualität und Sicherheit GmbH aus deren System ausgeschlossen worden.
QS beendet Zusammenarbeit mit RVZ
Wie QS bestätigt, läuft ein Sanktionsverfahren gegen die RVZ. QS ist in ganz Deutschland für die Qualitätssicherung in der Fleischindustrie zuständig. Weiter wolle man sich zu laufenden Verfahren nicht öffentlich äußern. Schriftlich heißt es: "Der Empfehlung des QS-Sanktionsbeirats folgend beendet QS die Zusammenarbeit mit der RVZ in jeder Hinsicht […]."
Fleisch falsch deklariert
Bei Kontrollen von November 2023 bis Januar 2024 seien demnach Unregelmäßigkeiten bei Kontrollen aufgefallen. Konkret geht es um die ehemalige Raiffeisen Viehvermaktung GmbH (RVG) im Münsterland, die Anfang 2024 zusammen mit der Viehzentrale Südwest zur heutigen RVZ fusioniert wurde. Es geht also um Altlasten. Die RVZ ist das größte genossenschaftliche Viehhandelsunternehmen Deutschlands.
Einem Bericht der "Schwäbischen Zeitung" zufolge ging es unter anderem um falsch deklarierte Haltungsformen. Das Fleisch sei mit Haltungsstufe 3 gekennzeichnet gewesen, die Tiere seien aber aus Betrieben mit niedrigerer Haltungsstufe gekommen. Das QS-Siegel bestätigt im Normalfall die Haltungsform. Hier sollen auch Dokumente gefälscht worden sein.
Irreführung der Kundinnen und Kunden
Die 3 steht für tiergerechtere Stallhaltung mit mehr Platz, Beschäftigungsmaterial und Frischluftkontakt - also für mehr Tierwohl und rechtfertigt oft auch einen höheren Preis. So sind wohl Tonnen von Fleisch falsch deklariert im Supermarkt gelandet und teurer an die Kundinnen und Kunden weiter verkauft worden. Das könnte auch das Vertrauen in das QS-Qualitätssiegel erschüttern.
RVZ reagiert: Keine Fehler mehr vorgekommen
Die RVZ hat bereits Anfang März Stellung bezogen: "Wir haben daraus gelernt und alles getan, um solche Fehler für die Zukunft sicher auszuschließen." Weiter schreibt das Unternehmen, die Probleme seien nachweislich nach dem genannten Zeitraum nicht wieder aufgetreten. Darüber hinaus habe man ein externes Wirtschaftsprüfungsunternehmen miteinbezogen. Daher halte man den Ausschluss aus dem QS-System für überzogen.
Konsequenzen für RVZ: Ohne Siegel fast keine Chance
Für die RVZ hat der nämlich schon erste Konsequenzen. Wie die "Schwäbische Zeitung" schreibt, hätten sich bereits einige wichtige Kunden von der RVZ getrennt. Die QS bewertet die gesamte Wertschöpfungskette von den Futtermitteln, über die Haltung, den späteren Transport, die Schlachtung und das fertige Produkt im Supermarkt - mit allen Zwischenschritten. Nur wenn alle "Elemente" dieser Kette die Prüfung der QS bestehen, darf das spätere Produkt im Supermarkt auch mit dem entsprechenden Siegel versehen werden.
Fällt also ein "Element" aus dieser Kette aus dem QS-System, wie das jetzt bei der RVZ der Fall ist, darf das Endprodukt das Siegel nicht mehr tragen. Somit dürften sich einige Kunden nach einem neuen Partner umsehen. Denn auch ein Landwirt aus Bretzfeld (Hohenlohekreis) bestätigt dem SWR, seiner Meinung nach habe man ohne QS-Siegel keine Chance auf dem Markt.
Sendung am Mi., 16.4.2025 10:00 Uhr, SWR4 am Vormittag, SWR4