Die beiden Reaktorgebäude des Atomkraftwerks Fessenheim und eine anliegende Halle sind aus der Entfernung im Rheintal zu sehen (Archivbild).

Baden-Württemberg Recycling radioaktiver Metalle in Fessenheim: Freiburg fordert grenzüberschreitende Verträge

Stand: 12.04.2025 05:27 Uhr

Im elsässischen Fessenheim soll nach dem Willen des EDF-Konzerns künftig radioaktiv belasteter Schrott verwertet werden. In der Region ist das Vorhaben hochumstritten.

Der französische Energiekonzern EDF will im elsässischen Fessenheim eine Anlage errichten, um schwach radioaktiv belasteten Schrott einzuschmelzen - das Projekt sorgt in der Grenzregion für Kritik. Die Stadt Freiburg fordert in der Debatte um die geplante Recyclinganlage nun grenzüberschreitende Verträge.

Diese sollten Warnverfahren und die Abstimmung bei Zwischenfällen umfassen, wie aus dem Abschlussbericht der französischen Anhörungskommission für das Vorhaben hervorgeht. Freiburg ist nur gut 30 Kilometer von Fessenheim entfernt und dringt unter anderem darauf, Szenarien für Katastrophenereignisse wie Flugzeugabstürze und Erdbeben zu entwickeln.

Kommission sammelte Eingaben zum Vorhaben - auch aus Deutschland

Der EDF-Konzern hatte unmittelbar an der deutschen Grenze das vor rund fünf Jahren stillgelegte Atomkraftwerk Fessenheim betrieben. Die Schmelzanlage - Technocentre genannt - soll ab 2027 auf einem bisher ungenutzten Areal gebaut werden. Den Plänen zufolge könnten potenziell 500.000 Tonnen Metalle aus ganz Frankreich verwertet werden, etwa Dampferzeuger aus heimischen Atomkraftwerken.

Eine unabhängige Kommission sammelte bis Anfang Februar rund vier Monate lang Eingaben von Bürgern und Institutionen - auch aus Deutschland. Von dort kam laut dem Abschlussbericht unter anderem dieser Beitrag: "Deutschland muss die Risiken eines Unfalls hinnehmen, ohne direkten Einfluss auf das Funktionieren der Anlage zu haben." Freiburg sei wegen häufiger Winde in Richtung Nordosten exponiert. Ein Name des Einsenders wurde nicht genannt.

Der Freiburger Regierungspräsident Carsten Gabbert (Grüne) hatte sich mit einer detaillierten schriftlichen Eingabe zu Wort gemeldet. Gabbert sieht für Fessenheim Nachteile im Hinblick auf das Erdbebenrisiko im Oberrheingebiet und mögliche Überschwemmungen.

Das Atomkraftwerk Fessenheim - von Anfang an umstritten
Das Atomkraftwerk Fessenheim wurde 1978 in Betrieb genommen. Von Anfang an stand es wegen seiner Grenznähe - die Reaktoren befinden sich direkt am Rhein - in der Kritik. Immer wieder kam es im ältesten und leistungsschwächsten Kernkraft Frankreichs zu Störungen. Im Jahr 2014 gab es einen besonders schwerwiegenden Zwischenfall, bei dem der Reaktor nach einem Wassereinbruch mehrere Minuten außer Kontrolle geriet und heruntergefahren werden musste. Die beiden Reaktoren in Fessenheim wurden 2020 nach den Jahrzehnte andauernden Protesten abgeschaltet.

EDF-Konzern bekommt Frist von drei Monaten

EDF hat der Kommission zufolge nun drei Monate Zeit, um auf Empfehlungen und Fragen des Berichts zu reagieren. Falls das Vorhaben weitergeführt wird, müssen für die Genehmigung der Fabrik auf rund 15 Hektar Fläche mehrere Hürden genommen werden - nötig ist etwa eine Umweltgenehmigung. Das Unternehmen will nach früheren eigenen Angaben die Schrottverwertung 2031 in Betrieb nehmen, für das Projekt sollen etwa 450 Millionen Euro fließen.

Das Vorhaben wird auf beiden Seiten des Rheins schon länger von Umweltschützern kritisiert, denn sie befürchten Radioaktivität in wiederverwerteten Metallen. Anders als Deutschland setzt Frankreich für seine Energieversorgung und das Erreichen von Klimaschutzzielen auf den Ausbau der Atomkraft. Präsident Emmanuel Macron will den Atomsektor im Land entscheidend stärken. Das Alt-AKW Fessenheim wurde 2020 nach 42 Betriebsjahren stillgelegt. Der Abriss soll voraussichtlich 2026 beginnen.

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