Wer auf der Regierungsbank des Bundestages Platz nehmen wird, wird sich noch zeigen.

Baden-Württemberg Koalitionsvertrag steht: Diese BW-Politiker haben Chancen auf ein Ministeramt

Stand: 10.04.2025 12:47 Uhr

Union und SPD haben ihren Koalitionsvertrag gerade erst vorgestellt, da werden schon Kandidaten für Ministerposten gehandelt. Vor allem ein BW-Politiker gilt als heißer Kandidat.

Die baden-württembergischen CDU-Politiker Thorsten Frei und Andreas Jung sind als Anwärter auf einen Ministerposten gehandelt worden. Doch nach aktuellem Stand scheint der Klima-Experte Jung leer auszugehen. Ganz anders sieht das bei Thorsten Frei aus - er könnte Chef des Bundeskanzleramts werden.

Mehrere Posten für Frei im Gespräch

Der 51-Jährige war bislang Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Fraktion im Bundestag. Vor der Vorstellung des Koalitionsvertrages kam Frei sogar als Innenminister in Frage. Da dieses Ministerium nun allerdings an die CSU gehen soll, wird der Abgeordnete aus dem Wahlkreis Schwarzwald-Baar/Oberes Kinzigtal dort wohl nicht im Chefsessel Platz nehmen.

Thorsten Frei (CDU) spricht vor den Mikros der Presse.

Thorsten Frei (CDU) gilt als heißer Kandidat für den Posten des Kanzleramts-Chefs.

Im Vorfeld war Frei auch schon als künftiger Chef des Bundeskanzleramts im Gespräch - das gilt jetzt fast schon als gesetzt. Damit würde er an der Seite eines möglichen Kanzlers Merz bleiben und eher im Hintergrund Entscheidungen seines Vorgesetzten vorbereiten sowie sich um den Zusammenhalt in der Koalition bemühen.

Im Raum des Möglichen steht indes immer noch, dass Frei gar nicht ins Bundeskabinett wechselt. Stattdessen könnte er Friedrich Merz in der Funktion des Vorsitzenden der Unions-Fraktion im Bundestag beerben.

Thorsten Frei - innenpolitischer Hardliner der Union
Migration und innere Sicherheit - das sind die Themen, die Thorsten Frei in der CDU lautstark bespielt. Geboren wurde er 1973 in Bad Säckingen im Landkreis Waldshut. Nach seinem Abitur 1993 studierte er Rechtswissenschaften an der Universität Freiburg und arbeitete einige Zeit als Rechtsanwalt. 2004 wurde er zum Oberbürgermeister von Donaueschingen gewählt und blieb bis 2013 in diesem Amt - dann wechselte er in den Bundestag. Karriere in der Bundestagsfraktion machte Frei mit klassischen Unions-Themen: Sicherheit, Migration, Recht. Dabei half ihm, dass sein Bundestags-Kollege Stephan Harbarth 2020 Präsident des Bundesverfassungsgerichts wurde. Das Amt des Fraktionsvizes für Innenpolitik blieb danach vakant - Frei sprang in die Bresche und profiliert sich seither als Experte für Innenpolitik. Freis Linie bringt ihm auch Kritik ein Neben seinem Machtbewusstsein wird Frei vor allem eine Eigenschaft zugeschrieben: Loyalität. Auch deshalb gilt er mittlerweile als enger Vertrauter und rechte Hand von Parteichef Friedrich Merz. Dessen harte Linie bei Fragen der Migrationspolitik, vertritt Frei voll und ganz. So verteidigte er den Unions-Antrag im Bundestag zur Migrationspolitik vom 29. Januar, der nur durch Stimmen der AfD eine Mehrheit im Parlament finden konnte. Diese harte Linie brachte ihm nicht nur Lob ein. Verteidigungsminister Boris Pistorius soll etwa im Zuge der Koalitionsverhandlungen über Frei gesagt haben, dass dieser "kein Gewissen" habe. Trotzdem deutet aktuell alles darauf hin, dass Friedrich Merz die Loyalität Freis mit einem Ministerposten belohnen wird.

Für Konstanzer Abgeordneten sieht es schlecht aus

Auch Andreas Jung aus dem Wahlkreis Konstanz wurde schon für ein Ministeramt gehandelt. Der 49-Jährige ist stellvertretender Chef der Bundes-CDU und führt die Landesgruppe der baden-württembergischen Bundestagsabgeordneten. Jung ist außerdem der Klima- und Energieexperte in der CDU und war Co-Vorsitzender der entsprechenden Arbeitsgruppe während der Koalitionsverhandlungen.

Andreas Jung spricht bei der Landesversammlung der CDU Baden-Württemberg.

Andreas Jung (CDU) sitzt für den Wahlkreis Konstanz im Bundestag. Ein Ministerium wird er wahrscheinlich nicht übernehmen.

Ob er aber pünktlich zum 50. Geburtstag Mitte Mai sein Lieblingsthema als Ressortchef vertreten darf, ist nach Abschluss des Koalitionsvertrags fraglich. Sein Name steht auf einer vielzitierten, aber nicht offiziell bestätigen Liste von Kabinettsmitgliedern. Doch das Umweltressort soll nicht die CDU besetzen, sondern die SPD.  Damit dürfte der Mann vom Bodensee wohl ohne Regierungsamt in Berlin bleiben.

Andreas Jung - Klimaexperte der Union
Umweltpolitik in der CDU - dafür steht kaum einer wie der Konstanzer Bundestagsabgeordnete Andreas Jung. Er ist in Freiburg geboren, hat in Stockach Abitur gemacht, in Konstanz sein Juraexamen abgelegt und lebt noch heute am Bodensee. Oder im: Mit Frau und zwei Kindern ist er auf der Insel Reichenau zu Hause. Im Ton eher leise, in der Sache fundiert, hat er Umwelt- und Klimathemen in seiner Partei vorangebracht. Dabei tut man sich mit anderen Politikfeldern leichter in der Union. Wer Karriere machen will, setzt eigentlich eher auf Sicherheit, Migration, Finanzen, Verteidigung. Auch, wenn es mit Angela Merkel eine sehr prominente Ausnahme gibt, die aber mittlerweile in den eigenen Reihen bei vielen nicht mehr als Vorzeigebeispiel gelten dürfte. Andererseits zeigt Merkels Weg zur Kanzlerin: Persönlichkeit und Machtinstinkt spielen eine noch größere Rolle als Politikfelder. Einflussreicher Fachmann und geschickter Verhandler Vielleicht auch deshalb bezweifelten manche Jungs Potential für die erste Reihe lange. Im Rennen um die Spitzenkandidatur seiner Partei in Baden-Württemberg hielten ihn viele für zu leise. Im politischen Berlin dagegen genießt er seit Jahren einen exzellenten Ruf als Fachmann und geschickter Verhandler. Als Chef der Landesgruppe der baden-württembergischen Bundestagsabgeordneten hat er viel Einfluss. Allerdings gilt er als strikter Gegner einer Rückkehr zur Atomkraft - im Gegensatz zum künftigen Kanzler Friedrich Merz. In der Migrationspolitik vertritt er keinen so harten Kurs wie Merz. Er tat sich sehr schwer, gemeinsam mit der AfD einem CDU-Gesetz zur Begrenzung der Flüchtlingszahlen zuzustimmen - und erklärte sich dazu öffentlich in einem Online-Video.

Unklare Lage bei SPD-Politikerinnen aus BW

Ob baden-württembergische SPD-Abgeordnete Ministerämter übernehmen, ist derzeit unklar. Lediglich Katja Mast aus Pforzheim, bislang Erste Parlamentarische Geschäftführerin der SPD-Fraktion im Bundestag, wurde schon mit dem Posten der Arbeitsministerin in Verbindung gebracht.

Dass die Co-Vorsitzende der SPD, Saskia Esken, ins Kabinett kommt, gilt als nahezu ausgeschlossen. Mehreren Medien zufolge, wird die Abgeordnete aus dem Wahlkreis Calw/Freudenstadt aber als neue Wehrbeauftragte gehandelt.

Zwei CDU-Frauen könnten Staatssekretärinnen werden

Doch nicht nur Ministerämter sind bei der Regierungsbildung zu vergeben - auch andere Kartendecks werden neu gemischt. Davon könnten zwei Unions-Frauen aus Baden Württemberg profitieren. Sowohl über die stellvertretende Generalsekretärin der Bundes-CDU Christina Stumpp, als auch über die baden-württembergische CDU-Generalsekretärin Nina Warken, hört man, dass sie parlamentarische Staatssekretärinnen werden könnten. Warken wird darüber hinaus für den Posten der Generalsekretärin der Bundes-CDU gehandelt, sollte der jetzige Amtsinhaber Carsten Linnemann in die Regierung wechseln.

Wer indes wohl leer ausgehen wird ist Steffen Bilger, Vorsitzender des CDU-Bezirksverbandes Nordwürttemberg. Der 46-Jährige wird dem konservativen Flügel zugerechnet und war schon Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium. Mittlerweile hat er die Landwirtschaftspolitik zu seinem Thema gemacht. Als Agrarminister kommt Bilger aber wahrscheinlich trotzdem nicht in Frage - das soll nämlich an die CSU gehen.

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