Kleinkind zeigt auf Memorykarten.

Baden-Württemberg Fachkräftemangel: Weil am Rhein will Erzieherinnen aus Indien ausbilden

Stand: 06.06.2025 14:29 Uhr

In Weil am Rhein bildet das Handwerk seit einiger Zeit schon Inderinnen und Inder zu Metzgern aus. Jetzt zieht auch die Stadtverwaltung nach und setzt auf indische Erzieherinnen.

Von Paula Zeiler, Matthias Zeller

Mit Azubis aus Indien hat das Handwerk in Weil am Rhein bereits gute Erfahrungen gemacht. Jetzt will auch die Stadtverwaltung junge Menschen aus Indien für eine Ausbildung gewinnen. Langfristig sollen 15 Inderinnen zur Erzieherin ausgebildet werden und künftig in den städtischen Kitas arbeiten. Die Nachbargemeinden Grenzach-Wyhlen und Binzen (beide Kreis Lörrach) haben sich dem Projekt schon angeschlossen und auch die Evangelische Kirche will vom "Weiler-Modell" profitieren.

Vorbild: Indische Metzger-Azubis in Weil am Rhein

In Weil am Rhein bildet ein Unternehmen seit einiger Zeit Inderinnen und Inder als Metzger oder Fleischereifachverkäuferin aus. "Wir haben uns gefragt, ob wir das Modell nicht auch auf Erzieherinnen übertragen können", sagt Diana Stöcker (CDU) dem SWR. Sie ist Oberbürgermeisterin von Weil am Rhein und will mit derselben Agentur wie Metzgermeister Joachim "Jogi" Lederer Fachkräfte aus Indien ins Dreiländereck holen.

Inderinnen müssen Ausbildung und Deutschkenntnisse mitbringen

Stöcker räumt ein, dass sie das Modell natürlich anpassen müssten. Schließlich müssten Erzieherinnen die deutsche Sprache auf einem höheren Niveau sprechen. "Deshalb brauchen wir auch mehr Schritte", so Stöcker. Die neuen Erzieherinnen müssten schon in Indien mit Kindern gearbeitet haben und eine Ausbildung abgeschlossen haben. Schon bevor sie nach Weil am Rhein kommen, sollen sie Deutsch auf einem B2-Sprachniveau sprechen. mit diesen Sprachkenntnisse soll ein normales Gespräch mit Muttersprachlern ohne größere Anstrengungen möglich sein.

In Deutschland erwartet die Inderinnen dann ein Praktikum in einer Kindertagesstätte von neun Monaten und ein weiteres Sprachtraining. Erst dann fängt die Ausbildung an, sagt Stöcker. 2027 sollen dann 15 Inderinnen als Erzieherinnen unter anderem in Kindergärten arbeiten können.

Weil am Rhein: Mit indischen Erzieherinnen gegen den Fachkräftemangel

In ganz Baden-Württemberg suchen Krippen und Kindergärten dringend nach Personal. In Rheinfelden im Kreis Lörrach, wo Weils Oberbürgermeisterin Diana Stöcker zuvor Bürgermeisterin gewesen ist, hatten Eltern 2022 sogar für eine verlässlichere Kindergartenbetreuung demonstriert. Weil am Rhein laut Stöcker mit der Anwerbung von Personal aus Indien den Mangel an Fachkräften bekämpfen, der in der Nähe zur Schweiz besonders stark ist.

Gewerkschaft GEW: Bildung an Kitas nicht vernachlässigen

Heike Herrmann von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) kann nachvollziehen, dass Kommunen in viele Richtungen denken, um in Zeiten des Fachkräftemangels den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz zu erfüllen. "Sie dürften aber nicht aus dem Blick verlieren, dass Kitas elementare Bildungseinrichtungen sind", so Herrmann. So gehören das ständige Sprechen mit den Kindern, aber auch das Vorlesen und Geschichten erzählen zum Beruf der Erzieherin.

Sprachexpertinnen und Sprachexperten könnten Kitateams zum Beispiel zusätzlich unterstützen, meint Herrmann. Mit dem Kitateam können sie Sprachbildung im Alltag umsetzen und dadurch die Qualität der Einrichtungen steigern. Auch Kindheitspädagoginnen könnten ein Team bereichern.

Wenn Fachkräfte aus dem Ausland gut integriert und auf verschiedene Kitas aufgeteilt würden, dann sieht Herrmann kein Problem. An die Belastungsgrenzen kommen die Kitas allerdings, wenn immer weniger ausgebildete Erzieherinnen in den Kitas arbeiten.

Sendung am Do., 5.6.2025 6:00 Uhr, SWR4 BW am Morgen, SWR4