Ein ICE fährt auf der Schnellfahrstrecke zwischen Mannheim und Stuttgart, die ab Donnerstag gesperrt wird. (Archivbild)

Baden-Württemberg Start in die Streckensperrung Mannheim-Stuttgart für ICE zunächst unproblematisch

Stand: 17.04.2025 14:54 Uhr

Ab Donnerstag sperrt die Bahn die ICE-Strecke zwischen Stuttgart und Mannheim. Der Start in die Sperrungsphase verlief am Donnerstag aber offenbar unproblematisch.

Mit der Sperrung des Freudensteintunnels zwischen Mannheim und Stuttgart ab Donnerstag müssen sich Fahrgäste laut Bahn auf rund 40 Minuten längere Fahrzeiten einstellen. Die Sperrung soll sieben Wochen - bis zum 6. Juni - andauern. Parallel dazu wird ab Karfreitag auch die Rheintalbahn zwischen Karlsruhe und Basel gesperrt. Dort geht es dann nur mit Bussen weiter. In Stuttgart warten die nächsten Großbaustellen.

Zumindest der Start in die Bauphase verlief am Donnerstag unproblematisch. Bahnreisende in Mannheim berichteten, sie hätten sich schon früh darauf eingestellt. Ein Bahnsprecher sagte gegenüber dem SWR, dass der Bahn keine besonderen Störungen bekannt seien.

Kritik an Sperrungen und Umleitungskonzept der Bahn

Der Bahnexperte und Fahrplananalyst Felix Berschin aus Heidelberg kritisiert den Umgang mit den Baumaßnahmen. Unverhältnismäßig lange seien diese. "Das Ausmaß der Sperrungen sucht international seinesgleichen", sagt er dem SWR. In Österreich und Frankreich würde man höchstbelastete Hochgeschwindigkeitsstrecken lediglich einige Tage oder wenige Wochen sperren.

"Der Unterhalt dort wird nachts durchgeführt", so Berschin weiter. Die Bahn hingegen begründet die langen Baumaßnahmen mit Arbeiten im Freudensteintunnel bei Knittlingen (Enzkreis). Der müsse gesperrt und saniert werden, damit das anhydrithaltige Gestein bei Wassereintritt sich nicht schädigend auf die Tunnelwände auswirkt.

Auch in Bezug auf das Ersatzkonzept übt Fahrplananalyst Berschin Kritik. Vor allem, wenn es um die Auswahl der Züge geht, die vorzeitig in Mannheim enden im Vergleich zu denen, die weiter nach Stuttgart fahren. Zwar würde weitestgehend stündlich ein ICE zwischen Mannheim und Stuttgart fahren, aber parallel würden zusätzlich "völlig sinnfrei" der ICE aus Münster - Wiesbaden - Stuttgart oder der ebenfalls meist recht leere ICE Saarbrücken - Stuttgart fahren, "während wirklich wichtige Verbindungen wie Dortmund - Lindau oder auch die Züge von und nach Österreich während der Ferienzeit ausfallen."

Pendler warten auf ihren Zug

Donnerstagmorgen auf dem Hauptbahnhof Mannheim. Freude kommt keine auf, aber viele Pendler haben sich auf die Sperrungsphase bereits eingestellt.

Bei der DB muss man den Eindruck haben, dass keine Züge fahren zu lassen inzwischen Geschäftszweck ist. Felix Berschin, Fahrplananalyst und Bahnexperte

"Ersatzkonzept funktioniert nur bei pünktlichen Zügen"

Matthias Lieb bestätigt, dass insgesamt nur noch sehr wenige ICE-Züge zwischen den beiden Städten verkehren. "Weniger als die Hälfte", sagt Lieb. Er ist der sogenannte Qualitätsanwalt für Fahrgäste des Landes Baden-Württemberg. "Das bedeutet, dass die verbleibenden Züge sehr voll werden." Außerdem spiele auch die Pünktlichkeit der Züge eine Rolle. "Das Ersatzkonzept mit umgeleiteten ICE-Zügen und parallel fahrenden Nahverkehrszügen funktioniert, wenn alles planmäßig fährt." Nun seien aber gerade die ICEs zurzeit oft unpünktlich. Das wirke sich dann auf den gesamten Abschnitt Mannheim - Stuttgart aus. "Fährt dort ein ICE verspätet über die Strecke, haben automatisch alle anderen Züge auch Verspätung."

Weitere Baustellen in BW - Fahrgäste brauchen Geduld

Doch damit noch nicht genug: Die Sperrung zwischen Mannheim und Stuttgart ist nur eine von zahlreichen Baustellen. Gleichzeitig sperrt die Bahn auch ab Freitag für neun Tage die Rheintalbahn zwischen Karlsruhe und Basel, ein Ersatzverkehr mit Bussen soll eingerichtet werden. Das alles zur Reise- und Ferienzeit während Ostern. "Die Baustellen werden von der DB InfraGO organisiert", sagt Lieb. Und die DB InfraGO schaue vor allem, wann sie möglichst günstig die Baustellen einrichten könne. Die Fahrgastbelange würden eine nachgeordnete Rolle spielen.

Den Urlaub nach der Bahn ausrichten wäre in den nächsten Monaten sicher nicht verkehrt. Matthias Lieb, Qualitätsanwalt für Fahrgäste Baden-Württemberg

Der Bahnexperte Berschin kritisiert noch einen weiteren Punkt: "Die Bahn unternimmt nichts für Innovationen, wie etwa Bauen auf einem Gleis mit Regelbetrieb im Nachbargleis", sagt Berschin. Das würde bedeuten, dass bei einer zweigleisigen Strecke ein Gleis befahrbar bleibt bei der Sperrung. Das würde aber andere Baumaschinen erfordern. "Da gibt es zahlreiche Maschinen inklusive Abschirmung zum Nachbargleis, damit die Sicherheit der Bahnarbeiter am Gleis gesichert ist", so Berschin weiter. "Weder die DB, noch die in Deutschland tätigen Gleisbaufirmen haben aber bisher solche Maschinen gekauft."

Stuttgarter Knoten rund 1,5 Jahre im Baustellenbetrieb

Besonders hart trifft es Bahnreisende ab dem Sommer von, nach und über Stuttgart. Denn mit der Sperrung der S-Bahn-Stammstrecke ab Ende Juli beginnt laut Bahn die baustellenreichste Zeit, inklusive Einschränkungen für Fahrgäste im Stuttgarter Bahnknoten. Nahezu durchgehend wird es an verschiedenen Orten in und um Stuttgart Gleissperrungen, Baustellen und Zugumleitungen geben. Die Bahn hat bereits angekündigt, dass es auch im Jahr 2026 bis zur Eröffnung des Stuttgart-21-Tiefbahnhofs ähnlich viele Einschränkungen geben könnte.

Fahrgäste-Anwalt: "Die Menschen brauchen jetzt viel Geduld"

Auch Matthias Lieb sieht den bevorstehenden Baustellen mit gemischten Gefühlen entgegen. Prinzipiell sei es gut, dass gebaut wird und mit Blick auf den Zustand der Bahn in Baden-Württemberg auch notwendig. "Aber die Fahrgäste müssen jetzt sehr viel Geduld mitbringen. Und müssen flexibel reagieren können." Er empfiehlt immer sich in der nächsten Zeit vor Ort und in den Online-Fahrplanauskünften aktuell zu informieren. Auf eine Regelmäßigkeit im Zugverkehr könne man sich aktuell leider nicht verlassen. Ob es für Fahrgäste wieder besser werden wird? Matthias Lieb formuliert es vorsichtig: "Es wird hoffentlich in ein paar Jahren wieder besser."

Sendung am Mi., 16.4.2025 12:00 Uhr, SWR1 Nachrichten

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