Eine türkische Ärztin spricht mit einem Hausarzt über ihre Einstellung

Baden-Württemberg Bürgergeld statt Arzthonorar: Wie eine türkische Ärztin um ihre Zulassung kämpft

Stand: 14.04.2025 22:18 Uhr

Über 900 Hausärzte fehlen im Land. Ein Problem: die langsame Zulassung ausländischer Fachkräfte. Im Kreis Rottweil wartet eine türkische Ärztin seit über anderthalb Jahren auf ihre Approbation.

Zu wenige Ärztinnen und Ärzte: Dieses Problem betrifft viele Regionen im Land. Oft könnten ausländische Fachkräfte den Mangel zumindest abfedern. Allerdings ist das in der Praxis oft nicht einfach. Das zeigt auch ein Fall aus Zimmern ob Rottweil (Kreis Rottweil).

Bürokratie bremst motivierte Ärztin aus

Hausarzt Kai Mauch ist im Dauerstress, er flitzt in seiner gemeinschaftlichen Hausarztpraxis in Zimmern ob Rottweil von Patient zu Patient. Gerne würde er eine weitere Ärztin einstellen. In der Praxis gibt es genug zu tun. Eine qualifizierte Bewerberin hat er auch schon gefunden: Mehtap Erdal.

Doch bislang scheitert es an der Bürokratie. Methap Erdal hat 16 Jahre Berufserfahrung als Ärztin in der Türkei. Vor vier Jahren flüchtete sie nach Deutschland. Das erforderliche Sprachniveau C1 hat sie bereits erlangt. Ihre Unterlagen zur Approbation, der ärztlichen Zulassung, reichte sie im Oktober 2023 ein. Das zuständige Regierungspräsidium Stuttgart bestätigte die Vollständigkeit der Dokumente. Eigentlich sollte das gesamte Zulassungsverfahren nur vier Monate dauern. Mehtap Erdal wartet nun aber schon seit 18 Monaten auf ihren Bescheid.

Da fehlen mir fast die Worte. Ich finde es sehr bürokratisch. Sehr langsam. Kai Mauch, Leiter einer Hausarztpraxis mit fünf Ärzten

Zulassungsverfahren für Ärzte können sehr lange dauern

Die Zulassung für Ärzte aus dem Ausland ist vom Bund reglementiert. Ein wichtiger Aspekt ist die Gleichwertigkeit der medizinischen Ausbildung. Die wird in einem Gutachten von der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen in Bonn geprüft. Doch die Behörde ist überlastet.

Teilweise dauere es allein für das Gutachten ein Jahr, erklärt Andrea Heyne vom Regierungspräsidium Stuttgart. Das liege auch an einer gestiegenen Anzahl von Zulassungsanträgen in den letzten Jahren, die sich aufgestaut hätten. Warum der Fall von Mehtap Erdal so lange dauert, kann das Regierungspräsidium aber nicht erklären. Laut Erdal dauerte es allein zehn Monate, bis ihr Antrag überhaupt nach Bonn weitergeleitet wurde.

Digitalisierung soll Verfahren beschleunigen

Vorgänge beschleunigen, Prozesse straffen: Das würde laut Heyne vom Regierungspräsidium helfen. Die Behörde müsse besonders auf Patientensicherheit achten, daher sei es besonders wichtig, dass nur Personen mit gleichwertiger medizinischer Ausbildung die Approbation erhalten, so Heyne. Allerdings gebe es auch bei Gutachten Potenzial, um schneller zu werden. Zum Beispiel, indem auch eine Prüfung abgelegt werden könnte, statt die ausländischen Ausbildungen aufwendig zu begutachten.

Erklärstück Ärztemangel

90 Prozent der Landesbezirke von Ärztemangel betroffen

In Baden-Württemberg waren im Jahr 2023 insgesamt 927 Hausarztsitze nicht besetzt. Vier Jahre vorher waren es noch deutlich weniger, nämlich 620. Das entspricht einer Steigerung um 50 Prozent. Diese 927 Hausarztsitze bräuchte es, um überall eine Versorgungsquote von 110 Prozent zu erreichen. Ab diesem Wert, so die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg, gibt es keine Anzeichen für einen gravierenden Ärztemangel.

Allerdings wird diese Schwelle nur in elf von insgesamt 103 Unterbezirken der Landkreise überschritten. In Freiburg ist das zum Beispiel der Fall. Die Versorgung ist hier mit einer Quote von gut 125 Prozent am besten. Rund um Vaihingen an der Enz (Kreis Ludwigsburg) sind dagegen nur knapp 67 Prozent des Bedarfs gedeckt. Bei einer Quote unter 75 Prozent besteht ein signifikantes Risiko der Unterversorgung.

Bürgergeld statt Arzthonorar - Methap Erdal muss weiter warten

"Ich bin bereit", sagt Methap Erdal. Sie will unbedingt anfangen zu arbeiten. Bisher beziehen sie und ihre Kinder Bürgergeld. Trotz der langen Wartezeit will Kai Mauch sein Jobangebot weiter aufrecht erhalten. Im Januar dieses Jahres hat Methap Erdal einen Antrag auf Berufserlaubnis gestellt. Damit könnte sie die Wartezeit überbrücken und zumindest befristet auf zwei Jahre unter Aufsicht eines approbierten Arztes arbeiten.

Sendung am Mo., 14.4.2025 19:30 Uhr, SWR Aktuell Baden-Württemberg, SWR BW

Mehr zu Ärzten