
Baden-Württemberg Bürgerentscheid: Warum die Neckarsulmer den Umbau am Schlossplatz stoppten
Das städtische Vorhaben, den Schlossplatz in eine "grüne Schatztruhe" - wie es heißt - zu verwandeln, stieß bei einigen auf Ablehnung. Kritiker sprechen gar von einer Mogelpackung.
Mit 76 Prozent Nein-Stimmen wurde der Schlossplatz-Umbau in Neckarsulm (Kreis Heilbronn) eindeutig abgelehnt. Trotz der Absicht, den Parkplatz mit Bäumen, Wasserspielen und Bänken zu begrünen, lehnten auch Bürger den Umbau ab, die nach eigenen Angaben sehr naturbewusst sind.
Claudia Oestreich sitzt in ihrem Garten, umgeben von üppigem Grün. Vögel zwitschern, Bienen summen. Einheimische Apfel-, Quitten- und Birnbäume spenden Schatten und frische Luft. "Sogar das Dach unserer Garage haben wir mit Blumen bepflanzt", sagt die 65-Jährige stolz. Ihr Herz schlägt für Natur und Nachhaltigkeit - und doch gehörte sie zu jenen, die beim Bürgerentscheid am vergangenen Sonntag mit einem klaren "Nein" votierten. Gegen ein Projekt, das aus Sicht der Stadtverwaltung eine Renaturierungsmaßnahme hätte sein sollen.
Vom Asphalt zur "grünen Schatztruhe"
Die Initiatoren sparten nicht an Superlativen: Als "Meilenstein" und "ganz großer Wurf" wurde die Umgestaltung angepriesen. Der bislang asphaltierte Schlossplatz sollte zu einer "grünen Schatztruhe" werden, wie es auf der Webseite des Rathauses hieß. Wasserspiele, Bänke und neu gepflanzte Bäume sollten die Fläche künftig prägen. Dafür hätten 21 Parkplätze weichen müssen. Kostenpunkt: rund 2,5 Millionen Euro.
"Da wäre Grün durch kleineres Grün ersetzt worden", sagt Anwohnerin Claudia Oestreich. Der Parkplatz sei bereits jetzt von prächtig großen Platanen gesäumt, die bei der Umgestaltung teilweise hätten abgeholzt werden müssen. "Der Parkplatz liegt im Westen der Stadt, dadurch filtern die Platanen einiges und bringen kühle Luft in die Stadt hinein", fügt die Neckarsulmerin hinzu.
Bürgerinitiative mobilisierte gegen das Projekt
So dachten offenbar einige in Neckarsulm: Gegen das Vorhaben formierte sich schnell Widerstand. Eine Bürgerinitiative startete ein Bürgerbegehren und sammelte mehr als 1.800 Unterschriften - ausreichend, um einen Bürgerentscheid zu erzwingen. Auch die wegfallenden Parkplätze wurden darin moniert, da dies Handel und Gewerbe ringsherum hart getroffen hätte. Dazu gehört auch die Praxis eines Zahnarztes.

Zahnarzt-Rezeptionsleiterin Julia Valic ist froh, dass die Parkplätze erhalten bleiben.
"Wir sind auf diese Parkplätze angewiesen", meint Julia Valic, Rezeptionsleiterin der Praxis "Mein Zahnarzt". Schon jetzt sei es für die Kunden schwer, einen praxisnahen Parkplatz zu finden. "Unsere Patienten kommen oft von weit her, das wäre für uns sehr problematisch gewesen".
Oberbürgermeister reagiert überrascht
Das Ergebnis der Abstimmung fiel eindeutig aus: Mit einer 76-Prozent-Mehrheit wurde der Umbau des Schlossplatzes von den abstimmenden Neckarsulmerinnen und Neckarsulmern verworfen. Für Oberbürgermeister Steffen Hertwig (SPD) ein Tiefschlag. Er zeigt sich "überrascht" über die Deutlichkeit des Votums. Dass am Volk vorbei politisiert wurde, glaubt der Neckarsulmer OB trotzdem nicht. Das Projekt hatte Rückhalt im Gemeinderat und in der Verwaltung gehabt.

Beim Umbau wären 21 Parkplätze weggefallen.
Zudem bestehe in Neckarsulm bestimmt kein Parkplatzproblem, meint Hertwig. In der Innenstadt seien fußläufig ausreichend Stellplätze vorhanden und fast überall sei die erste Stunde kostenfrei. "Dieses Argument heranzuziehen, ist nicht korrekt", findet Hertwig. "Doch was faktisch richtig ist und was emotional bei den Menschen ankommt, unterscheidet sich häufig", resümiert der Oberbürgermeister weiter.
Der Umbau des Schlossplatzes ist nun aber endgültig vom Tisch. Im Rathaus muss man den politischen Kompass neu justieren. Ob ähnliche Projekte geplant sind und wie es mit der Zukunft der Innenstadt weitergeht, lässt der Oberbürgermeister offen: "Wir brauchen jetzt alle etwas Zeit", sagt Hertwig und geht jetzt erst mal in den Urlaub.
Sendung am Mo., 26.5.2025 6:00 Uhr, SWR4 BW am Morgen, SWR4 Baden-Württemberg