
Pläne der Regierung Israel will dauerhaft Militär im Gazastreifen
Israel will eroberte Gebiete des Gazastreifens dauerhaft kontrollieren - mit israelischen Soldaten, wie Premier Netanjahu heute bestätigte. Unklar ist, was mit der palästinensischen Bevölkerung passieren soll.
Israels Premierminister Benjamin Netanjahu hat bestätigt, dass israelische Soldaten künftig in eroberten Gebieten des Gazastreifens stationiert bleiben sollen. Es sei nicht länger beabsichtigt, dass Soldaten nur Angriffe im Gazastreifen ausführen und sich dann dort wieder zurückziehen, sagte er in einer Videoansprache. Ziel sei das Gegenteil.
Er ließ offen, ob das gesamte Gebiet oder nur Teile eingenommen werden sollen.
Umsiedlung der meisten Bewohner des Gazastreifens geplant
Der israelische Regierungschef sagte außerdem, dass die Anwohner des Gazastreifens umgesiedelt würden. Dies geschehe zu ihrem eigenen Schutz. Die beschlossene Ausweitung der Offensive im Gazastreifen sei auf Empfehlung des Generalstabschefs Ejal Zamir erfolgt, um die Hamas zu zerschlagen, so Netanjahu weiter. Zamir sei überzeugt, dass die Verschärfung der Einsätze zugleich bei der Rettung der Entführten helfen werde. "Und ich stimme ihm zu."
Ähnlich äußerte sich Armeesprecher Effie Defrin. Er sprach davon, dass eine Umsiedlung "der meisten" Bewohner des Küstenstreifens vorgesehen sei. Damit sollten sie in einem sicheren Gebiet fernab von der islamistischen Hamas "geschützt" werden.
Anwohner im Gazastreifen reagierten mit Entsetzen auf die jüngsten Pläne Israels. Hunderttausende von ihnen würden durch die Pläne vertrieben.
Aus Regierungskreisen hieß es, Netanjahu befürworte weiterhin den von US-Präsident Donald Trump vorgestellten Plan zu einer "freiwilligen Emigration von Gaza-Einwohnern". Man sei dazu mit mehreren Ländern im Gespräch.
Katz sprach bereits von dauerhafter Kontrolle
Israel beabsichtigt mit der Ausweitung des Gaza-Einsatzes, den Druck auf die Terrororganisation Hamas zu erhöhen, damit diese die verbleibenden Geiseln freilässt. Zudem soll sie sich auf ein Waffenruheabkommen einlassen, das den Vorstellungen Israels entspricht.
Verteidigungsminister Israel Katz hatte bereits im vergangenen Monat gesagt, Israels Soldaten sollten in allen im Gazastreifen eroberten Gebieten dauerhaft die Kontrolle behalten. Die Armee werde in den "Sicherheitszonen" bleiben und als Puffer zwischen dem Feind und den israelischen Gemeinden fungieren, "in jeder vorübergehenden oder dauerhaften Realität", sagte Katz. Anders als in der Vergangenheit werde die Armee keine Gebiete mehr räumen. Sollte die Hamas die Geiseln nicht freilassen, würden die Einsätze ausgeweitet.
Katz hatte schon zuvor angekündigt, die Armee werde große Gebiete im Gazastreifen erobern, die als israelisch kontrollierte "Sicherheitszonen" dienen sollten.
Deutschland und EU besorgt über Israels Pläne
Das Auswärtige Amt in Berlin lehnt Israels Pläne für eine dauerhafte Besatzung des Gazastreifens ab. "Gaza gehört den Palästinenserinnen und Palästinensern", sagte ein Sprecher. Die Berichte zu den Eroberungsplänen seien "besorgniserregend".
Die EU reagierte ähnlich: Der israelische Plan werde zu neuen Opfern und neuem Leid für die palästinensische Bevölkerung führen, sagte ein Sprecher. Brüssel rufe Israel zu "höchster Zurückhaltung" auf.
Offenbar Streit über Hilfslieferungen
Das israelische Kabinett billigte laut Medienberichten zudem einen Plan, Hilfsgüter im Gazastreifen mit Hilfe privater Sicherheitsunternehmen zu verteilen. Die UN lehnen ein solches Vorgehen ab.
Bei den Beratungen über die Wiederaufnahme der bisher blockierten Hilfslieferungen soll es den Angaben nach zu einem Streit gekommen sein. Die Times of Israel berichtete, es habe eine "hitzige Diskussion" zwischen dem rechtsextremen Polizeiminister Itamar Ben-Gvir und dem Militärchef Ejal Zamir gegeben.
"Wir können den Gazastreifen nicht aushungern"
Ben-Gvir habe gesagt, es sei "nicht nötig", die Hilfslieferungen in den Gazastreifen wieder aufzunehmen. Die Menschen dort hätten genug. "Die Lebensmittellager der Hamas sollten bombardiert werden", sagte Ben-Gvir demnach weiter. "Ich verstehe nicht, warum jemand, der gegen uns kämpft, automatisch Hilfe bekommen sollte." Eine weitere Ministerin habe ihm zugestimmt.
Der Generalstabschef habe dagegen gesagt, solche Vorstellungen gefährdeten Israel. Ben-Gvir verstehe nicht, wovon er rede. "Es gibt internationales Recht, dem wir verpflichtet sind", sagte Zamir demnach. "Wir können den Gazastreifen nicht aushungern."
Laut der Times of Israel habe Premier Netanjahu gesagt, Ben-Gvir habe das Recht, seine Meinung zu äußern. Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara habe betont, Israel sei juristisch verpflichtet, Hilfsgüter in den Küstenstreifen zu lassen. Kabinettssekretär Yossi Fuchs habe zu Protokoll gegeben, kein Minister habe vor, gegen internationales Recht zu verstoßen.
Hilfsorganisationen: Katastrophale Zustände in Gaza
Das Militär blockiert seit rund zwei Monaten humanitäre Hilfslieferungen in den abgeriegelten Küstenstreifen, in dem etwa zwei Millionen Menschen leben. Israel wirft der Hamas vor, die Hilfsgüter abzugreifen und gewinnbringend an die Zivilbevölkerung zu verkaufen, um so wiederum ihre Kämpfer und Waffen zu finanzieren.
Angesichts der ausbleibenden Hilfslieferungen warnen Nichtregierungsorganisationen wiederholt vor einer drohenden Hungerkatastrophe und Gesundheitskrise im Gazastreifen. Das Welternährungsprogramm gab vor wenigen Tagen bekannt, dass alle seine Lebensmittelvorräte im Gazastreifen aufgebraucht seien.