Sitz der Welthandelsorganisation, World Trade Organization, WTO, Genf, Schweiz.

WTO-Prognose Weniger Handel wegen der Zölle - vor allem in Nordamerika

Stand: 16.04.2025 16:19 Uhr

Der aktuelle Zollstreit wird laut Prognose der Welthandelsorganisation (WTO) global gesehen zu weniger Handel führen und das Wirtschaftswachstum bremsen. Besonders betroffen sind demnach die USA, aber auch Kanada.

Angesichts der von den USA ausgelösten Zollspirale könnte der Welthandel dieses Jahr zurückgehen. Diese Prognose stellt die Welthandelsorganisation (WTO) in ihrem am Mittwoch vorgelegten Ausblick.

Die WTO-Experten gehen davon aus, dass das Volumen des Welthandels 2025 um mindestens 0,2 Prozent zurückgehen wird - im schlimmsten Fall sogar um 1,5 Prozent. Ohne die jüngsten Entwicklungen im Zollstreit wären demnach rund drei Prozentpunkte mehr und somit ein Wachstum drin gewesen. Laut den Experten ist erst für 2026 mit einer moderaten Erholung zu rechnen: Dann winke ein Zuwachs von 2,5 Prozent.

Starke Folgen für Nordamerika

Die größten Auswirkungen haben die Zölle laut WTO auf die USA selbst - und auf Kanada. Abgesehen vom Handelsvolumen werde auch die Wirtschaftsleistung stark leiden: Die WTO rechnet dieses Jahr nur noch mit 0,4 statt zwei Prozent Wachstum beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Nordamerika. Sie legt ihre Daten nur für die USA und Kanada zusammen vor. 

In Nordamerika dürften die Exporte in diesem Jahr um 12,6 Prozent zurückgehen, die Importe um 9,6 Prozent, heißt es in der WTO-Analyse. Vor den Zollankündigungen hatte sie plus 2,2 Prozent bei den Exporten und plus 2,8 Prozent bei den Importen erwartet.

Europa weniger betroffen

Die chinesischen Exporte in die USA gehen nach WTO-Prognosen im derzeitigen Szenario um 77 Prozent zurück. Für Europa sind die Folgen weniger drastisch: Hier rechnet die WTO mit einem Exportplus von einem Prozent (statt vorher erwarteten 1,4 Prozent) und plus 1,9 Prozent Importe statt 2,1 Prozent. Insgesamt prognostiziert die WTO Europa für das laufende Jahr ein Wirtschaftswachstum von 1,2 statt 1,4 Prozent.

Beim globalen BIP rechnet die WTO 2025 noch mit 2,2 Prozent Wachstum, reduziert von 2,8 Prozent, die sie vor den US-Zollankündigungen erwartet hatte. Bei der Analyse der WTO handelt es sich um eine Momentaufnahme mit den gültigen Zollregeln am 14. April.

US-Präsident Donald Trump hatte den 2. April zum "Tag der Befreiung" erklärt und gegen Handelspartner pauschale Zölle von 20 Prozent verhängt. Diese wurden kurz danach für 90 Tage auf Eis gelegt. Die Ausnahme bildet China: Die Importzölle auf Waren aus der Volksrepublik wurden sogar auf 145 Prozent hochgeschraubt, worauf China mit Gegenzöllen von 125 Prozent auf US-Waren konterte.

China dürfte mehr in andere Länder exportieren

Alleine der Zollstreit zwischen China und den USA dürfte Auswirkungen auf andere Länder haben, heißt es von der WTO. So könne es wegen der hohen Handelshürden in den USA zu einer Umleitung von Handelsströmen aus der Volksrepublik in andere Regionen der Welt kommen. Waren-Exporte Chinas in Regionen außerhalb Nordamerikas dürften danach um vier bis neun Prozent zulegen.

Zugleich werden die Einfuhren der USA aus China in einigen Bereichen voraussichtlich deutlich sinken - so etwa bei Textilien und elektrischer Ausrüstung. Dies eröffne wiederum Chancen für Entwicklungsländer, ihre Exporte in die USA zu steigern.

Die WTO wies bei ihrer Prognose darauf hin, dass man sich bei der Bewertung der Auswirkungen des Zollkonflikts auf weitgehend unbekanntes Territorium vorwage. "Der beispiellose Charakter der jüngsten Änderungen in der Handelspolitik stellt eine Herausforderung für Wirtschaftsprognostiker dar, da es in der jüngeren Geschichte kein direkt vergleichbares Ereignis gab."

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR Info am 16. April 2025 um 17:10 Uhr.