Antonio Salieri

Todestag von Antonio Salieri Der größte Rufmord der Musikgeschichte?

Stand: 07.05.2025 15:13 Uhr

Der italienische Komponist Antonio Salieri starb vor 200 Jahren - doch sein Ruf überlebte ihn. Die Nachwelt stilisierte ihn zum erbitterten Rivalen Mozarts und manche machten ihn sogar für dessen Tod verantwortlich.

Von Dominic Konrad, SWR Kultur

"Mozart, vergib deinem Mörder!", ruft der greise Komponist Antonio Salieri aus und versucht, seinem Leben ein Ende zu setzen. Es ist eine eindrückliche Szene, mit der Milos Formans oscarprämierter Spielfilm "Amadeus" beginnt. Der Film nach Peter Shaffers gleichnamigem Drama erzählt von Mozarts Wirken in Wien bis zu seinem Tod 1791 - mit Missgunst beobachtet vom mittelmäßigen Hofkomponisten Salieri, der seinen Widersacher schließlich in den Tod treibt.

Antonio Saliere starb vor 200 Jahren, am 7. Mai 1825. Schon zu seinen Lebzeiten brachten ihn Gerüchte mit dem Tod Mozarts in Verbindung. "Ich soll ihn vergiftet haben. Aber nein, Bosheit, lauter Bosheit", soll Salieri seinem Schüler Ignaz Moscheles noch kurz vor seinem Tod zugerufen haben. Der Dichter Alexander Puschkin verarbeitete die Gerüchte bereits 1830 in seinem Drama "Mozart und Salieri".

Aus Italiens Provinz an den Kaiserhof

In die Wiege gelegt ist Antonio Salieri seine Musikerkarriere nicht. Geboren wird er 1750 im norditalienischen Legnago als Sohn eines Kaufmanns. Salieris Eltern sterben früh, mit 14 Jahren ist er Waise. Ein Freund des Vaters holt ihn nach Venedig, wo Florian Leopold Gassmann, Ballett- und Kammerkomponist des Kaisers, auf den jungen Mann aufmerksam wird.

Salieri ist gerade einmal 15 Jahre alt, als Gassmann ihn mit nach Wien nimmt und dort in die höchsten Kreise einführt. Der musikbegeisterte Kaiser Joseph II. Ist vom jungen Italiener angetan.

Junger Opernreformer in Wien

Am Wiener Hof gelingt Salieri ein raketenhafter Aufstieg. 1771 wird die Oper "Armida" ein erster großer Erfolg und macht ihn auch über Wien hinaus bekannt. Er komponiert nicht im klassischen Stil der Opera seria, also der "ernsten" italienischen Oper. Stilistisch folgt er dem deutschen Reformer Christoph Willibald Gluck, der mit seinen Opern in Paris Erfolge feiert und ebenfalls für Salieri ein bedeutender Förderer wird.

Nach Gassmanns Tod wird Salieri 1774 kaiserlicher Kammerkomponist und Kapellmeister der italienischen Oper. Mit Mitte 20 ist er international gefragt. Auch als Musikpädagoge tut er sich hervor - er unterrichtet später etwa Beethoven und Schubert.

Der Kaiser zieht Salieri Mozart vor

Mozart hingegen, der sich 1781 in Wien niederlässt, gelingt es nicht, bei Hofe Anstellung zu finden. Salieri und nicht er wird Klavierlehrer der 14-jährigen Prinzessin Elisabeth von Württemberg. „Der kayser hat es mir verdorben“, schreibt Mozart im Dezember 1781, „denn bey ihm ist nichts als Salieri.“

Sein Vertrauen in Salieri zeigt Joseph II. erneut, als er ihn 1788 zum Hofkapellmeister ernennt. Als ihm zwei Jahre später sein Bruder Leopold auf den Thron folgt, gehört Salieri zur offiziellen Delegation, die der Kaiserkrönung in Frankfurt beiwohnt. Mozart reist dagegen auf eigene Kosten an. Dafür muss er das Tafelsilber und den Schmuck seiner Frau Constanze verpfänden.

Wertschätzende Konkurrenten

Trotzdem: Das Verhältnis zwischen Mozart und Salieri scheint weit weniger von Konkurrenz als von gegenseitiger Wertschätzung geprägt zu sein.

So lädt Mozart den Kollegen zum Besuch seiner neuen Oper, der "Zauberflöte", ein und schreibt seiner Frau: Salieri "hörte und sah mit aller Aufmerksamkeit und von der Sinfonie bis zum letzten Chor war kein Stück, welches ihm nicht ein bravo oder bello entlockte".

Zwei Monate später stirbt Mozart am 5. Dezember 1791 in seiner Wiener Wohnung. Er ist 35 Jahre alt. Einem "hitzigen Frieselfieber" sei er erlegen, heißt es im Totenbeschauprotokoll. Was genau sich dahinter verbirgt, debattieren Historiker bis heute. Die Symptome sprechen allerdings gegen die Gift-Theorie.

Rufmord aus Fremdenfeindlichkeit

Und doch, nach dem Tod Mozarts wächst der Personenkult um ihn. Die Giftgerüchte gegen Salieri verbreiten sich dagegen erst Jahrzehnte später. Zu verführerisch ist in Zeiten des im 19. Jahrhundert aufkeimenden Nationalismus das Bild des protegierten Ausländers, der zum Mörder seines überlegenen deutschen Konkurrenten wird.

Es sind jene Gerüchte, die dafür sorgen, dass Salieris Opern Mitte des 19. Jahrhunderts von den Spielplänen verschwinden. Erst in den 1980ern erwacht das Interesse wieder - durch Peter Shaffer, Milos Forman und den Film "Amadeus".

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete "WDR3 persönlich" am 04. Mai 2025 um 13:04 Uhr.