
Nationalgarde in Kalifornien Trumps kalkulierte Provokation
Die Demonstrationen in Los Angeles sind überwiegend friedlich, doch die Bilder von vereinzelten Gewalttaten und Vandalismus kommen US-Präsident Trump sehr gelegen, meint Reinhard Spiegelhauer. Trump nutzt die Eskalation auch zur Ausweitung seiner Macht.
Warum lange darum herum reden? Natürlich ist die Entsendung von Nationalgardisten über den Gouverneur von Kalifornien hinweg nicht nur unnötig und unverhältnismäßig. Sie ist auch eine kalkulierte Provokation. Mit dem Ziel, eine Eskalation herbeizuführen.
Und was ist mit brennenden Robotaxis, mit Steinen auf Polizeifahrzeuge, mit Gewalttätern, die sich ein Katz-und-Maus-Spiel mit Polizeibeamten liefern? Sie sind nicht die Sorte von Aufruhr, und schon gar keine Invasion, die die Entsendung der Nationalgarde rechtfertigen würde - erst recht nicht gegen den erklärten Willen des eigentlich zuständigen Gouverneurs.
Es ist wie oft, wenn es Demonstrationen, Proteste oder auch nur Fußballspiele gibt: Gewaltbereite Idioten suchen den Krawall mit der Ordnungsmacht, leben ihren Frust in Vandalismus aus. Manchmal aus der Illusion politischen Handelns heraus, manchmal aus primitiver Aggression.
Demonstrationen überwiegend friedlich
Ja, es gab am Freitag Proteste, zum Teil lautstarke, gegen ICE-Beamte - aber auch in den Tagen danach keine exzessiven Ausschreitungen. Die Bilder von vereinzelter Gewalt und Vandalismus gestern, die um die Welt gingen, sind ganz im Sinn von US-Präsident Donald Trump. Seine MAGA-Gefolgschaft nimmt sie als Beweis für die kriminelle Immigranten-Invasion, natürlich.
Fakt ist: Tausende demonstrieren friedlich, ein paar Dutzend Berufskriminelle, manche erkennbar aus dem Anarcho-Milieu, zum Teil ausgerüstet mit Gasmasken, ließen sich als nützliche Idioten vor den Trump-Karren spannen.
Wohltuend: Die lokalen Fernsehsender brachten die Bilder zwar, sagten ihren Zuschauerinnen und Zuschauern aber immer wieder auch: Das hier sind vereinzelte Scharmützel an einigen wenigen Orten in der Stadt. Gegen die Krawalle, die man aus früheren Jahren vom ersten Mai in Berlin kennt, war das gar nichts, und auch nichts im Vergleich zur Champions-League-Finalfeier-Gewalt in Paris.
Angst und Schrecken verbreiten
Was soll man von einem Präsidenten halten, der einen politischen Gegner, den Gouverneur von Kalifornien, fortgesetzt als "Abschaum" betitelt? Wie kann man irgendwelche seiner abstrusen Behauptungen ernst nehmen? Die Immigranten im Großraum Los Angeles essen keine Haustiere, sie zahlen größtenteils Steuern, selbst wenn sie keinen Aufenthaltstitel haben.
Die von der Trump-Administration angeordneten Razzien der vergangenen Wochen haben nur ein Ziel: Die Zahl der Abschiebungen zu erhöhen, koste es was es wolle. Hier werden nicht die von Trump und Co. behaupteten Mörder, Vergewaltiger und sonstigen Kriminellen gesucht und gefunden, sondern harmlose Mütter und Familienväter. Es geht darum, Angst und Schrecken zu verbreiten, mit Autos ohne Beschriftung und mit martialischem Auftreten.
Trump verschiebt die Grenzen immer weiter
Mit der - höchstwahrscheinlich illegalen - Entsendung von Nationalgarde und jetzt offenbar auch Marines will Präsident Trump seinen Erzfeind, Gouverneur Gavin Newsom von den Demokraten, vorführen und in die Knie zwingen. Das wird wahrscheinlich nicht gelingen. Bei seinen Fans wird es trotzdem verfangen.
Anderen wird es hoffentlich endgültig die Augen öffnen, mit welcher Kaltschnäuzigkeit Trump Grenzen immer weiter verschiebt. Und dass der Präsident der Vereinigten Staaten zu viel Macht auf sich alleine konzentrieren kann, wenn er alle Möglichkeiten schamlos nutzt. Doch nach wie vor stehen große Teile Amerikas einfach mit offenem Munde da und lassen es geschehen. Das muss sich ändern.