
Schleswig-Holstein Tag der Organspende: Nicole Volkmann lebt mit neuem Herz
Deutschland steht in Sachen Organspenden im internationalen Vergleich auf einem hinteren Platz. Denn bei uns gibt es zu wenig Organspender für zu viele Menschen, die dringend ein neues Organ brauchen.
Wenn Nicole Volkmann spazieren geht, muss sie manchmal noch langsam machen. Viel zumuten darf sich die 48-Jährige noch nicht, denn in ihrem Körper trägt sie etwas ganz Wertvolles: ein neues Herz!
Herz-Transplatation im Februar 2025
"Im Februar dieses Jahres wurde mir ein Herz transplantiert und das Gefühl, wieder zu leben, das kann ich kaum beschreiben - das ist kaum in Worte zu fassen", erzählt sie. Sie ist noch jung und steht mitten im Leben, als sie mit Mitte 20 die Diagnose "HCM - Hypertrophe Kardiomyopathie" bekommt. Eine Krankheit, bei der der Herzmuskel verdickt und damit die Herzfunktion beeinträchtigt ist.
Mit Defibrillator und Willenskraft gegen Herzkrankheit
"Ich habe zwar gemerkt, dass mich mein Herz im Alltag beeinträchtigt, war schnell aus der Puste und konnte nicht so, wie ich wollte", erklärt sie. Aber: Obwohl sie geschwächt ist, will sie weiter arbeiten, ihren Alltag wie "ein normaler Mensch" gestalten. Sein wie jeder andere.
So wie zum Beispiel ihr Vater. "Der hat immer weiter gemacht. Trotz kaputtem Herzen. So wollte ich es auch tun." Dabei liegen Herzkrankheiten in ihrer Familie: Die Oma, die Tante, der Cousin und auch der Vater versterben in jungem Alter. Und auch ihr Herz wird mit den Jahren schwächer. 2013 bekommt sie einen Defibrillator mit Schrittmacher eingesetzt.

Mit Mitte 20 bekam Nicole Volkmann die Diagnose: Hypertrophe Kardiomyopathie.
Ein Platz auf der Warteliste, aber keine passenden Organe
Doch auch das kann das angegriffene Herz irgendwann nicht mehr stabil halten. Mittlerweile sind auch schon andere Organe angegriffen. 2023 entscheiden ihre Ärzte: Nicole Volkmann muss schnellstens auf die Warteliste für ein Spenderorgan. Nach langem Warten gibt es dann zwei mögliche Spenderherzen, doch vor der Transplantation stellen ihre Ärzte fest: beide passen nicht.
Weiter hoffen auf ein neues Herz
"Wir haben im Spenderkrankenhaus gesehen, dass die Herzfunktion der Spenderherzen sich im Verlauf verschlechtert hat. Die Spender sind instabiler geworden und so war es vor Ort nicht mehr sinnvoll, das Organ vor Ort zu akzeptieren", erklärt ihr Operateur Dr. Alexander Bernhardt. Todkrank wartet Nicole Volkmann auf ein neues Organ. Ihr geht es mittlerweile so schlecht, dass die Ärzte sie ins künstliche Koma legen müssen. Doch dann, im Februar 2025, der erlösende Anruf: Es gibt ein Spenderherz - und dieses Mal passt es!

Dr. Alexander Bernhardt ist Leiter der Herztransplantation am UKE in Hamburg.
Ein zweites, ganz neues Leben beginnt
"Man glaubt das ja erst mal nicht. Zweimal hatte ich Hoffnung. Und wenn die dann auf einmal genommen wird, dann ist man erst mal skeptisch." Knapp fünf Stunden dauert die Transplantations-Operation - ab da ist ihr Leben ein anderes. Sechs Wochen muss sie im Krankenhaus bleiben, vier Wochen in der Reha. Ihr Leben muss sie komplett umstellen.
Regelmäßig muss sie nun zu Herzuntersuchungen ins UKE, muss ihre Ernährung anpassen, darf nicht mehr ungeschützt in die Sonne, weil transplantierte ein erheblich höheres Hautkrebsrisiko haben. Und: Sie muss ein Leben lang sogenannte Immunsuppressiva nehmen, damit ihr Körper das fremde Organ nicht abstößt.
Deutschland: Land der wenigen Organspender
Dass Nicole Volkmann überhaupt ein Spenderorgan bekam, ist fast schon Glück. "Wir verfügen zurzeit über zehn Organspender pro Million Einwohner im Jahr. In Spanien sind es 47 Organspender pro Million Einwohner, in Österreich fast dreimal so viel", erklärt Herzchirurg Prof. Hermann Reichenspurner.

Laut Herzchirurg Reichenspurner gibt es in Deutschland im Jahr pro eine Million Einwohner nur zehn Organspender.
Deutschland rangiert also im Vergleich recht weit hinten. Geschuldet sei das dem Organspende-Verfahren in Deutschland: In Ländern mit vielen Organspendern gilt die Widerspruchslösung. Das bedeutet: Wer zu Lebzeiten nicht aktiv einer Organspende widerspricht, ist automatisch Organspender.
Neues Organspenderegister - eine Chance?
In Deutschland hingegen gilt die Entscheidungslösung: Nur, wer zu Lebzeiten einer Organspende zugestimmt hat, ist ein potenzieller Spender. Oder auch dann, wenn nach dem Tod eines Menschen die Angehörigen einer Spende zustimmen.

In Deutschland warten tausende Menschen auf eine Organspende.
Zahlen und Fakten zur Organspende
Man kann über diesen Online-Link einen Organspende-Ausweis bestellen.
Um Menschen die Entscheidung für eine Organspende zu erleichtern und diese niedrigschwelliger zu gestalten, ging vor einem Jahr das Organspenderegister online. Hier kann man sich unkompliziert als Spender registrieren lassen. Bislang haben das 319.206 getan.
Laut DSO spendeten im vergangen Jahr 965 Menschen Organe. Die Lage für Patienten bleibe weiterhin dramatisch.
In Deutschland stehen laut "Deutscher Stiftung Organspende" (DSO) allerdings mehr als 8.200 Menschen auf den Wartelisten für ein Organ.
Ein vorsichtiger Neustart
Nicole Volkmann aber hatte Glück. Sie schaffte es runter von der Warteliste, rein ins neue Leben. "Es ist so surreal. Manchmal hab ich das Gefühl ich bin ein Einhorn in einem Paralleluniversum. Und muss erst mal noch in dieser neuen Welt ankommen", sagt sie. "Ich fühle eine riesengroße Dankbarkeit und Demut, ein neues Organ bekommen zu haben." In ihr zweites Leben startet sie jetzt langsam, Schritt für Schritt und voller Zuversicht.
Dieses Thema im Programm:
NDR Fernsehen | Schleswig-Holstein Magazin | 07.06.2025 | 19:30 Uhr