
Sachsen-Anhalt Halle: Saline zeigt 100 Jahre Industriekultur in Sachsen-Anhalt
Seit mehr als 150 Jahren prägt die Industrie das Gebiet des heutigen Sachsen-Anhalt. An etlichen Standorten entwickelten sich Kupfer- und Kohlebergwerke oder das Chemiedreieck Leuna-Buna-Bitterfeld. Es ist eine Industriegeschichte voller Chancen und Widersprüche. Die Ausstellung "Nach den Maschinen" im Salinemuseum in Halle wirft ab Sonntag einen Blick zurück – visualisiert durch eindrucksvolle Industriefotografie.
- Eine Ausstellung im Salinemuseum zeigt unter dem Titel "Nach den Maschinen" Fotos aus der industriellen Geschichte Sachsen-Anhalts.
- Dabei erwarten die Besucherinnen und Besucher in Halle einige experimentelle Bilder.
- Die Schau soll auch zum Nachdenken anregen über die Folgen und Hinterlassenschaften von Industrie und Bergbau.
Bei Industriefotografie dürften die meisten Menschen an schwarz-weiße Fotos mit Motiven wie gigantischen Stahlgerüsten, die in einen grauen Himmel ragen, denken. Oder an Bagger, die gespenstischen Tieren gleich die Landschaft zu fressen scheinen. Vielleicht kommen auch Gedanken an Abriss und an Lost Places auf.

Leuna war auch zu DDR-Zeiten ein bedeutender Standort der chemischen Industrie.
Industrie prägte Umwelt und regionale Identität
Für den Kurator der Ausstellung "Nach den Maschinen", Christian Drobe, ist Industriefotografie sehr viel mehr: "Das ist ja ein heikles Thema in Industrie- und Wirtschaftsgeschichte, gerade wegen der Umweltzerstörung, wie man überhaupt über das eigene Wirtschaften nachdenkt in so einer Region. Aber natürlich ist es ein wichtiger Faktor für die Identität der Menschen in der Region."
Genau das müsse man ausgeglichen abbilden, sagt Drobe. Schließlich gehe es darum, was den Lebensraum in den letzten 100 Jahren bestimmt hat. Dazu gehört zum Beispiel die Filmfabrik Wolfen. Diese hatte seit 1964 unter der Marke ORWO das Monopol über die Herstellung von Fotofilmen in der DDR.

Ein Blick in die Ausstellung "Nach den Maschinen" im Salinemuseum in Halle.
Farbfilme aus der DDR
"Und das ist das Titelbild unserer Ausstellung, das wir mit Absicht gewählt haben. Es ist eine Ansicht der Filmfabrik Wolfen. Man sieht die Schlote und Türme der Anlage." Im Grunde, so Drobe, sehe man ein "Farbexperiment": "Man denkt sich: Das sieht ein bisschen psychedelisch aus."

Bekannt für Kamerafilme, Kasetten und Co.: Die Filmfabrik in Wolfen.
"Aber es ist tatsächlich so, dass Wolfgang Schröter, ein klassischer Industriefotograf, hatte zeigen wollen, was Farbfilme aus der DDR so konnten", erklärt Drobe. Diese Versuche seien dann etwa auf Kalendern abgedruckt oder auf Messeständen ausgestellt worden.
Industriefotos zeigen auch Umweltzerstörung
In den 1980er-Jahren ändern sich die Motive, erläutert Christian Drobe: "Jetzt geht es auf einmal ins Innerliche, jetzt geht es um die Menschen. Eines der bekanntesten Bilder der Ausstellung heißt 'Westwind gleich Waschwind'."
Vor allem die älteren Besucherinnen und Besucher würden wissen, was der Titel bedeutet, sagt der Kurator: "Wenn der Wind aus einer bestimmten Richtung bließ, nur dann blieb die weiße Wäsche auch sauber. Wenn der Wind drehte, kam natürlich der Staub von den Fabriken rüber und rußte die sofort wieder ein." Ein "paradigmatisches Bild" sei das Foto des Merseburgers Jochen Ehmke.

Ein Teil der Ausstellung befindet sich im Außenareal des Museums in Halle. Die Schau wurde bereits im vergangenen Jahr gezeigt und seitdem überarbeitet.
Strukturwandel nach der Wiedervereinigung
Ehmkes Fotografien gehören übrigens zur Fotosammlung des Sachsen-Anhaltischen Landesmuseums Moritzburg. Die Ausstellung reist durch die Zeit und fängt auch die Phase nach der Wende ein: "Es ist eine Mischung. Wir haben hier etwa jemanden wie Gerd Kiermeyer. Dessen Vater hat in Buna gearbeitet und die Werke von der Abwicklung in Buna sind einfach ergreifend und auch ästhetisch unheimlich gut gemacht."
Der Karbidstaub auf den Anlagen etwa erinnert Christian Drobe an Schneefall oder etwas "Außerirdisches." Für den Kurator ist Kiermeyer ein sehr guter Fotograf, der nebenbei auch im Theaterbereich fotografierte.

Ehemals Buna, heute Teil des US-Konzerns Dow: Die chemischen Werke in Schkopau.
Ästhetische Fotos im Salinemuseum Halle
Moderne Industriefotografien erlauben sich wieder Farbe und suchen einen neuen ästhetischen Zugang zur Industrie. Sie zeigen beispielsweise vernarbte Landschaften: Der Fotograf Julian Schreiner habe mit der Serie "Kalimandscharo" versucht, mit den Abraumhalden im Mansfelder Land zu zeigen, "wie sich diese Strukturen in die Landschaft fressen", erklärt Drobe.

"Kalimandscharo", so wird die 130 Meter hohe Abraumhalde bei Zielitz auch genannt.
Zwar sei das Bild ästhetisch schön, aber der Ausstellungskurator hofft auch, dass solche Werke zum Nachdenken über die "Hinterlassenschaften des Wirtschaftens" anregen.
"Nach den Maschinen" im Salinemuseum Halle zeigt auch die von der Industrie zu DDR-Zeiten verschmutzten Gewässer und blickt aus der Vogelperspektive auf den Geiseltalsee, wo sich das Wasser die Erde allmählich zurückerobert. Die Ausstellung erzählt in Bildern die Geschichte der Industrie. Eine prägende Geschichte für die Region.

Die Industriefotografien sind für wenige Wochen im Salinemuseum in Halle zu sehen.
Mehr zur Ausstellung
Sonderausstellung "Nach den Maschinen. Industriefotografie aus Sachsen-Anhalt."
13. April bis 4. Mai 2025
Außerdem kann die Ausstellung im Rahmen der Museumsnacht Halle am 10. Mai besucht werden.
Öffnungszeiten
Donnerstag bis Sonntag | 10 Uhr bis 17 Uhr
Salinemuseum Halle
Mansfelder Str. 52
06108 Halle
Mehr Informationen zur Ausstellung finden Sie auf der Website des Salinemuseums Halle.
Redaktionelle Bearbeitung: tis, lk