U. S. Buchart (DE): Das Kapital verschafft sich einen Überblick, Acryl und Wasser auf ungrundierter Leinwand, 160 x 220 cm, 2022

Sachsen Ostrale Biennale: das Blau des Himmels zurückholen

Stand: 07.06.2025 04:00 Uhr

In Dresden feiert die Ostrale Biennale O25 anlässlich ihrer 15. Ausgabe mit Farben die Vielfalt des Lebens. Unter dem Motto "Never Grey" sind bis zum 5. Oktober die Werke von Künstlerinnen und Künstlern aus 32 Ländern zu sehen. Das Spektrum reicht von Malerei und Skulptur, Fotografie, Video- und Soundinstallationen bis hin zu Zeichnungen. Auch der Ausstellungsort ist sehenswert: Die frühere Robotron Kantine im Zentrum.

Von Eva Gaeding, MDR Kulturdesk
  • Ab dem 7. Juni feiert die Ostrale Biennale in Dresden den Reichtum der Farben, mit Kunst aus 32 Ländern.
  • Auch der Ausstellungsort, die ehemalige Robotron Kantine, fügt sich in das bunte Konzept.
  • Die farbenfrohe Kunstschau versteht sich zugleich als politisch und will zum Dialog anregen.

Die Ostrale-Chefin Andrea Hilger sitzt inmitten von Kunstwerken in der Robotron Kantine – und träumt sich in die Natur. Genauer: In die Geräuschkulisse des Waldes. "Diese Stille, die wirklich Musik ist", schwärmt sie. Selbst Regen könne wunderschöne Klänge erzeugen. "Jedes Blatt klingt anders. Es gibt eine Symphonie von Tönen, die in sich stimmig ist. Und dann gehe ich in die Stadt und überall: Knall! Puff! Bäng! Die Straßenbahn fährt und die Tatütata …"

Eine Sitzbank in de Ausstellung vor einem Bildschirm, auf dem Naturbilder zu sehen sind.

Die Video-Installation "Down Under" von Marcus Lerviks lädt zum Innehalten ein.

Anlass für die Schwärmerei gibt die Videoarbeit "Down Under" des finnischen Künstlers Marcus Lerviks, die diesen Kontrast zum Thema hat. Für Andrea Hilger lädt die Arbeit beim Anschauen dazu ein, mal wieder Pause zu machen und innezuhalten. Damit passe sie ideal zum diesjährigen Ostrale-Motto "Never Grey", das die Vielfalt der Farben in den Mittelpunkt stellt.

Bunt gestrichene Wände in der Robotron Kantine

Farben könnten bestimmte Aspekte des Lebens beschreiben, erklärt sie. "Im Tierreich weiß jeder, dass die bunten Federn und die blauen Füße von bestimmten Tieren für Gesundheit stehen. Und wir haben vergessen, wie wichtig die Farben um uns sind, wie wichtig das Grün der Wälder für uns ist, das Blau des Himmels und was das eigentlich bedeutet."

Kuratorin der Ostrale Biennale 2025

Andrea Hilger ist künstlerische Leiterin der Ostrale Biennale.

Wir haben vergessen, wie wichtig die Farben um uns sind, wie wichtig das Grün der Wälder für uns ist, das Blau des Himmels. Andrea Hilger | Leiterin Ostrale

Deshalb sind die Ausstellungswände in verschiedenen Farben gestrichen worden und leuchten mit den Kunstwerken um die Wette. So behauptet sich etwa das großformatige Stillleben des Malers Leoš Suchan vor einer gelben Wand. Auf dem Acrygemälde stapeln sich Tüten, Kartons und Folien zu einem großen, dynamisch bewegten Gefüge, bevor sich alles in einem Schwall purer Farbe auflöst.

Leos Suchan * 1989: „Bags and boxes II“, Malerei, Öl auf Leinwand, 200 x 270 x 2 cm, 2021.

Leos Suchan: "Bags and boxes II", Öl auf Leinwand, 2021.

Suchan orientiert sich an Stillleben aus der Barockzeit, erklärt Kuratorin Veronika Krülle Kotoucova: "Aber er bricht sie mit einem sehr zeitgenössischen Malstil, und indem er wirklich abstrakte Formen verwendet." Die in Prag geborene Kunsthistorikerin bereichert die Schau mit mehreren interessanten Künstlerinnen und Künstlern aus dem Nachbarland. So auch Leoš Suchan. Wer genau hinschaut, erkennt, dass die Gegenstände, die er altmeisterlich ins Bild gesetzt hat, lauter Abfälle sind.

Welche Symbolik früher in den niederländischen Stillleben lag! Und im Kontrast dazu diese Müllhalde. Veronika Krülle Kotoucova | Kuratorin
Kuratorin der Ostrale Biennale 2025

Kuratorin Veronika Krülle Kotoucova

Für Krülle Kotoucova schlägt der Maler damit eine Brücke von der Vergangenheit ins Heute: "Welche Symbolik früher in den niederländischen Stillleben lag! Und im Kontrast dazu dieses Motiv, diese Müllhalde. Dass die Dinge heutzutage gar keinen Wert für uns haben. Das ist das, womit er spielt."

DDR-Moderne ins Ausstellungskonzept integriert

Robotron Kantine

Zur Ostrale wird die Robotron Kantine belebt, sogar mit gestrichenen Wänden.

Auch mit ihrem Ausstellungsort schlägt die Ostrale eine Brücke aus der Vergangenheit in die Gegenwart. Die frühere Kantine des DDR High Tech Kombinates Robotron ist ein interessanter Bau der sogenannten Ostmoderne. Für die Dauer der Ausstellung kann man das sanierungsbedürftige Gebäude ausnahmsweise durchstreifen. Architektonische Details, wie der schalldämpfende Wandbehang aus futuristischen Formsteinen, alte Heizungen und Holzverkleidungen funken dezent zwischen das Ensemble aus Ausstellungsbauten und Kunstwerken.

Kuratorin aus Israel ruft zum Dialog auf

Über 100 Kunstschaffende aus 32 Nationen stellen anlässlich der 15. Ausgabe der Ostrale Biennale O25 ihre Werke aus. An deren Auswahl beteiligt war auch die israelische Kunstwissenschaftlerin und Kuratorin Drorit Gur Arie. Ihr war es wichtig, vielfältige Stimmen aus dem Mittleren Osten nach Dresden zu bringen. Es war ihr wichtig, diverse Stimmen in die Biennale einzubringen.

Menschen sind Menschen. Sie haben ihre Erinnerungen, sie haben ihre Identität. Deshalb geht es in ihren Themen immer auch um Politik. Kuratorin Drorit Gur Arie | Kuratorin
Kuratorin der Ostrale Biennale 2025

Für die israelische Kunstwissenschaftlerin Drorit Gur Arie gehört auch die politische Weltlage dazu.

Beteiligt sind unter anderem Künstlerinnen und Künstler mit palästinensischem, deutsch-türkischem und zypriotischem Hintergrund. Auch wenn ausschließlich künstlerische Kriterien für die Teilnahme an der Ausstellung entscheidend waren, so lasse sich die Politik doch nicht gänzlich ausklammern, meint Gur Arie.

"Menschen sind Menschen", sagt sie: "Sie haben ihre Erinnerungen, sie haben ihre Identität. Deshalb geht es in ihren Themen immer auch irgendwie um Politik. Aber für mich ist es mehr als das. Seit ich Kuratorin bin, glaube ich daran, dass wir es nur durch Kunst schaffen können."

Theresa Möller * 1988: "Basin", Malerei, Öl und Acryl auf Leinwand, 190 x 160 x 5 cm, 2023.

Farbfülle im Werk von Theresa Moeller: "Arrangement", Öl auf Leinwand.

Das Motto der 15. Ostrale "Never Grey" sieht die Kuratorin als einen Aufruf zum Dialog. Mit der Gedenkstätte Bautzner Straße bespielt die Ostrale auch eine Außenstelle. Genug Stoff für Dialoge gibt es an beiden Orten.

Mehr Informationen zur Ostrale:

OSTRALE Biennale O25
07. Juni bis 05. Oktober 2025

Öffnungszeiten:
Do– So 11:00 bis 19:00 Uhr

Ort:
Robotron-Kantine
Zinzendorfstraße 5
Ecke Lingnerallee
01069 Dresden

Redaktionelle Bearbeitung: lm, gw