Ein Mann mit weißen Haaren hat die Hände an ein ausgestopftes Zebra gelegt, weitere Hände sind angeschnitten sichtbar.

Sachsen Naturkundemuseum Leipzig: Ausstellung als Countdown für den Umzug

Stand: 06.06.2025 14:13 Uhr

Im Leipziger Naturkundemuseum startet eine Reihe von Ausstellungen zum Abschied vom über 100-jährigen Museumsstandort am Goerdelerring. Voraussichtlich 2029 soll das Museum sein neues Domizil im ehemaligen Bowlingtreff auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz beziehen. Der Umzug wird von acht kleinen, wechselnden Sonderausstellungen begleitet, die unter anderem neue Präparate zeigen. Thematisiert wird in der Ausstellungsreihe aber auch die bewegte Geschichte des Hauses selbst.

Von MDR Kulturdesk

Im Naturkundemuseum Leipzig öffnet am Freitag der erste Teil einer auf vier Jahre angelegten Wechselausstellung mit dem Titel "Das Haus mit der Spinne". Teil eins widmet sich dem Thema Präparation und damit einer Technik, die zu jedem Naturkundemuseum gehört.

Leerstand auf dem Nordteil des Wilhelm-Leuschner-Platzes in Leipzig. Im Hintergrund der MDR Turm.

Der ehemalige Bowlingtreff am Wilhelm-Leuschner-Platz soll ab 2029 das Naturkundemuseum beherbergen und ist derzeit entkernt.

Countdown zum Umzug in den Leipziger Bowlingtreff

Die Ausstellungsreihe begleitet den für 2029 geplanten Umzug in den ehemaligen Bowlingtreff auf dem Leipziger Leuschner-Platz. Bis dahin sollen halbjährlich acht kleine Ausstellungen wechseln. Museums-Direktor Ronny Leder bezeichnete die Reihe als eine Abschiedstournee: "Wir sind seit über 100 Jahren in diesem Gebäude", sagte er MDR KULTUR: "Und mit der Aussicht auf das neue Museum wollen wir diesem Gebäude gebührlich lebewohl sagen und die Bevölkerung teilhaben lassen. Wir wollen die Geschichten erzählen, die das Haus zu erzählen hat."

Neue Ausstellungsstücke beleuchten die Arbeit der Präparation

Präsentiert werden in der neuen Schau ausschließliche neue Präparate. Dazu gehört ein im dramatischen Lebenskampf vereintes Trio: Ein rund fünf Meter langes Nilkrokodil packt ein Gnu im Nacken. Ein Zebra stellt sich auf die Hinterbeine, um dem Krokodil zu entkommen. Mit dem Trio im Eingangsbereich der Ausstellung stimmt das Museum sein Publikum auch auf den zukünftigen Standort im Leipziger Bowlingtreff ein, wo Zebra, Gnu und Krokodil ebenfalls zu sehen sein werden.

Exponate im Naturkundemuseum: Ein Krokodil hat einen Ziegenkopf im Maul, im Hintergrund ein Zebra

Der Lebenskampf des präparierten Nilkrokodils mit Gnu und Zebra ist in der neuen Ausstellung im Naturkundemuseum zu sehen.

Bearbeitet werden solche Ausstellungsstücke in der hauseigenen Abteilung für Taxidermie – Präparation an Wirbeltieren. Einer von drei dort tätigen Mitarbeitern ist Markus Ranft. Zu dritt habe man das Nilkrokodil haltbar gemacht, sagte Ranft dem MDR. Darunter befinde sich ein Polyurethan-Schaumkörper, der sich gut sägen und raspeln lasse. Einige der Schuppen seien einzeln aufgeklebt und aufwendig koloriert worden: "Wir kolorieren das so naturnah wie möglich. Eine Woche ist da nix! Da gehen gut und gerne auch mal vier Wochen ins Land, bis das Objekt so dasteht, wie es jetzt ist."

Ronny Maik Leder bei MDR KULTUR

Der Geologe und Paläontologe Ronny Leder ist Direktor des Leipziger Naturkundemuseums.

Wir wollen die Geschichten erzählen, die das Haus zu erzählen hat. Ronny Leder | Direktor des Leipziger Naturkundemuseums

Trotz des Aufwandes ist laut dem Direktor Ronny Leder derzeit nur eine kleine Sonderausstellung realisierbar, da das meiste Geld in den geplanten Umzug sowie in den Umbau des neuen Naturkundemuseums fließe: "Selbst die Vitrinen in unserer kleinen Schau sind zum Teil über 40 Jahre alt, wurden erneuert und umgebaut. Die Aufsteller sehen aus wie Spanplatten aus dem Baumarkt – und sind es auch."

Kampf um den Erhalt des Naturkundemuseums

Vorausgegangen war eine längere Debatte um den Erhalt des Museums. Seit 2010 gab in der Stadt Leipzig Bestrebungen, das Naturkundemuseum zu schließen, zuletzt im Frühjahr 2025, als der Stadtrat unter dem Vorzeichen von Kultur-Kürzungen den neuen Doppelhaushalt 2025/26 beschloss. Nun bekennt sich Leipzig zum Großprojekt des neuen Naturkundemuseums. Etwa 100 Millionen Euro soll es kosten.

Den schweren Weg dahin thematisiert die Abschiedsschau auch und reißt etwa die seit der Wende geführte Debatte um neue Standorte sowie einen Erweiterungsbau an. Vom Leipziger Stadtbad über das Gasometer – eine Brache des Zoo-Geländes – bis hin zur Kongresshalle waren viele unterschiedliche Standorte geprüft worden. Am Ende wurde es der seit 1997 geschlossene Bowlingtreff.

Modell Naturkundemuseum Leipzig

Entwurf für den Ausbau des Naturkundemuseums von Adalbert Haberbeck aus dem Jahr 1996

Auch Architekturentwürfe von 1996 und 2007 will die Schau deshalb präsentieren. So auch den des Architekten Adalbert Haberbeck, der eine Erweiterung auf dem Vorplatz des Museums in Form einer gewundenen, überdimensionalen Glasschnecke vorsah.

Eine Würdigung findet auch Rudolf Schlatter, der von 1993 bis 2014 Direktor des Museums war. Dem Schweizer Geologen war es trotz seines guten Rufes nicht gelungen, sein Haus für die Zukunft aufzustellen. Aus Sicht des amtierenden Direktors Ronny Leder hat er aber Großes geleistet: "Er war von Anfang an bestrebt, dieses Haus nach vorne zu bringen wie die anderen städtischen Museen auch. Womöglich hat er nicht die gleichen Chancen bekommen. Er hat viele tolle Konzepte vorgelegt. Mit denen haben wir uns nochmal im Zuge der Ausstellung auseinandergesetzt und festgestellt: Das hatte Qualität."

Eine junge Frau mit blauen Haaren trägt einen weißen Kittel und arbeitet mit einem Präparationsinstrument an einem ausgestopften Iltis, der mit Nadeln gespickt ist. Im Hintergrund sind weitere Werkzeuge zu sehen.

Louisa Bosse, Präparatorin am Naturkundemuseum Leipzig, arbeitet an einem Iltis.

Heimische Arten in Leipzig thematisiert

Die aktuelle Sonderschau greift unterdessen auch eine neue Entwicklung auf: die Welt der heimischen Arten, die sich in einem ständigen Wandel befindet. Ideale Lebensbedingungen finden seit einiger Zeit etwa Wildkatzen im Leipziger Auwald sowie Waschbären. Zu sehen ist unter anderem ein auf Pflastersteinen spielendes Waschbären-Kinderpaar. Damit begegnet dem Publikum im Naturkundemuseum nun auch die eigene, ihm vertraute Umwelt.

Quelle: MDR KULTUR, Naturkundemuseum Leipzig, redaktionelle Bearbeitung: lm, gw