Festivalbesucher stehen 1985 und 2024 vor der Bühne bei Rock am Ring am Nürburgring. 2025 feiert das Festival sein 40-jähriges Jubiläum.

Rheinland-Pfalz 40 Jahre Rock am Ring: Vier SWR-Journalisten erzählen

Stand: 04.06.2025 13:16 Uhr

1985 fiel der Startschuss für ein Festival, das zur Legende geworden ist. Viele SWR-Kolleginnen und Kollegen sind seit Jahren bei Rock am Ring dabei, um darüber zu berichten oder ganz einfach auch privat. Hier kommen ihre Geschichten.

Von SWR


Stephan Fahrig: "Das Rock am Ring-Fieber hat mich gepackt"

Das Abi lag gerade mal drei Jahre hinter mir, als mir 1985 ein Konzertplakat besonders ins Auge stach: "ROCK AM RING - 25. und 26. Mai". Das sollte mein erstes großes Festival werden. Zwei Konzerttage am Nürburgring mit 17 Bands, von denen einige zu meinen absoluten Lieblingsbands der 80er gehörten: Foreigner, U2, Huey Lewis and The News und Mink DeVille.

Stephan Fahrig aus der SWR1-Musikredaktion (grauer Fischerhut) war beim ersten Rock am Ring-Festival dabei.

Auch beim ersten Rock am Ring-Festival 1986 wurde schon gecampt. Stephan Fahrig aus der SWR1-Musikredaktion (grauer Fischerhut) war mit seinen Freunden dabei.

Gezeltet wurde dort, wo Platz war. Wir hatten das Glück, direkt an der Strecke zu landen, keine 100 Meter vom Eingang entfernt. Camping Areas, VIP-Zonen oder Green Camping? Fehlanzeige. Rock am Ring 1985 war in jeder Hinsicht schlicht und bodenständig. Die Verpflegung beschränkte sich auf Würstchen, Brötchen und Bier. Die Toilettensituation war allerdings herausfordernd. Gefühlt standen zehn Dixie-Klos für rund 80.000 Besucher bereit. Luxus war das nicht.

Die Konzerte waren schlichtweg überragend. Ich erinnere mich noch genau: Bono, der während des U2-Auftritts über das Dach des Fahrerlagers lief. Die gigantische Jukebox, die sich während des Foreigner-Sets aufblies. Gianna Nannini, die Sekunden lang ihr T-Shirt lüftete, und Marius Müller-Westernhagen, der sich wünschte, "dass nachts viel gebumst wird". Das Rock am Ring-Fieber hatte mich gepackt.

Ansgar Zender: "Von meinem Zelt war nicht mehr viel übrig"

Es gab für mich als Reporter viele unvergessliche Momente bei Rock am Ring: Zum Beispiel die erstaunten Gesichter der Kollegen, als Guildo Horn 1996 den Ring rockte. Oder als ein Jahr später das Wasser aus meinen Schuhen lief, während ich im Dunkeln zum Zelt watete. Der Strom war nach einem Blitzeinschlag beim Auftritt von Chris Rea ausgefallen.

Ansgar Zender berichtet seit vielen Jahren fürs SWR Fernsehen von Rock am Ring.

Ansgar Zender berichtet seit vielen Jahren fürs SWR Fernsehen von Rock am Ring.

Ein ganz privater Moment zeigt für mich aber vielleicht am besten, wie verrückt dieses Festival ist: Das war 2001. Ich kam gerade aus Trier zurück. Dort hatte ich einen Beitrag für die SWR Landesschau geschnitten. Mein Zelt stand am Rand der Nordschleife, eigentlich. Denn es war nicht mehr viel davon übrig. Die anderen aus meiner Gruppe zuckten nur mit den Schultern: Es habe ein Wettrennen mit Bürostühlen gegeben. Da sei halt jemand aus der Kurve geflogen. Den Rest des Festivals habe ich mit meiner damaligen Freundin im Auto geschlafen.

Kathrin Freisberg: "Das Unwetter in Mendig war beängstigend"

Mir ist vor allem Rock am Ring 2016 auf dem Flugplatz in Mendig in Erinnerung geblieben. Es war das zweite Mal in Folge, dass das Festival dort und nicht am Nürburgring stattfand. Den ganzen Freitag über hatte es Unwetterwarnungen gegeben. Bis zum Abend hielt es sich aber, die Konzerte liefen wie geplant. Um 19:30 Uhr habe ich dann eine Fernseh-Live-Schalte für SWR Aktuell gemacht. Im Hintergrund sprangen die Leute ausgelassen herum und hatten Spaß - ich auch. Kaum war die Schalte vorbei, drehte sich die Stimmung ganz plötzlich.

Die Musik verstummte, es gab Durchsagen, dass die Menschen das Festivalgelände verlassen und sich von metallischen Gegenständen fernhalten sollen. Das Team und ich konnten glücklicherweise in unseren Übertragungswagen am Festivalgelände gehen. Und dann ging es auch schon los: Regen, Donner, Blitze. Die Leute rannten und versuchten, Schutz zu finden. Ganz in der Nähe gab es einen gewaltigen Schlag. Irgendwo musste ein Blitz eingeschlagen sein. Es war beängstigend.

Kathrin Freisberg live von Rock am Ring in Mendig 2016

Als das Unwetter vorbei war, schilderte ich in einer weiteren Live-Schalte im Fernsehen meine Eindrücke. Das Gelände hatte sich innerhalb kürzester Zeit in eine Schlammwüste verwandelt, überall waren Rettungswagen zu hören, ein Hubschrauber kreiste über dem Festivalgelände.

Später wurde klar: Es hatte mehreren Blitzeinschläge gegeben. Dutzende Menschen wurden verletzt, ein Mann musste reanimiert werden. Trotzdem gingen die Konzerte am Abend weiter, auch noch am Samstag. Am Sonntag wurde Rock am Ring 2016 wegen erneuter Unwetterwarnungen vorzeitig abgebrochen.

Christian Giese-Kessler: "Guten Morgen, es ist ein schöner Tag"

Meine Rock-am-Ring-Premiere war 2014. Und es war nicht nur meine Premiere am Ring, sondern auch mein erstes Mal Metallica live, Iron Maiden live, Slayer live und Linkin Park live. Giganten und Legenden. Und allesamt garantierte Haken auf der Bucket-List eines Rock- und Metal-Heads. Aber das Einzige, was mir nach elf Jahren als wirklich lebendige Erinnerung geblieben ist, ist Schlagersänger Alexander Marcus mit seinem Song "Guten Morgen". Und der ist da noch nicht mal aufgetreten.

Die Sache war nämlich die: Unsere Nachbarn auf dem Campingplatz hatten eine Musikanlage aufgebaut, mit der man wohl auch ein mittelgroßes Stadion hätte beschallen können. Und jeden Morgen um genau Punkt sechs Uhr ballerte Alexander Marcus aus den Boxen. Also ungefähr zu der Uhrzeit, zu der man sich emotional genau zwischen "Yeah Festival ist das geil!" und "Wenn ich jetzt keinen Kaffee kriege, stirbt hier jemand" befindet. Zu der Zeit, wo die Luft langsam aus der Luftmatratze schwindet und die Temperatur im Zelt - Ringrocker kennen das - schlagartig von bitterkalt zu höllenheiß wechselt.

"Guten Morgen, es ist ein schöner Tag. Guten Morgen, die Sonne Dir schon lacht." Diese Textzeile geht einfach nicht mehr raus aus meinem Kopf. Nicht falsch verstehen: Ich hab überhaupt nichts gegen Alexander Marcus. Super Typ, soll weiter sein Ding machen! Aber im Nachhinein hätte ich mir schon gewünscht, dass meine allerersten Metallica-, Maiden-, Slayer-, Linkin Park-Erinnerungen irgendwie härter, ruppiger, heavier und einfach mehr Metal gewesen wären.

Sendung am Mi., 4.6.2025 11:00 Uhr, SWR4 am Vormittag, SWR4

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