
Niedersachsen Niedersachsen mit größtem Anstieg von Klagen gegen Asylbescheide
Die Zahl der Klagen gegen Asylbescheide und Eilverfahren an deutschen Verwaltungsgerichten ist zuletzt massiv angestiegen - vor allem in Niedersachsen. Nun schlagen die Richter Alarm.
Die niedersächsischen Gerichte verzeichneten im ersten Quartal 2025 ein Plus solcher Klagen von knapp 120 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Damit liegt das Land weit über dem Bundesdurchschnitt von 67 Prozent.
BAMF schätzt Verfolgungslage schwächer ein
Der Grund für diesen Anstieg liegt wohl deutschlandweit vor allem an deutlich gesunkenen Schutzquoten, so der Flüchtlingsrat. Die Schutzquoten geben den Anteil der positiven Asylentscheidungen an allen abgeschlossenen Asylverfahren in einem bestimmten Zeitraum an. Das Bundesamt für Migration (BAMF) schätzte die Verfolgungslage in den Herkunftsstaaten zuletzt deutlich schwächer ein, entsprechend fallen die Asylbescheide schärfer aus.
Schutzquoten sinken
Diese veränderte Entscheidungspraxis des BAMF wird besonders deutlich bei Anträgen von Menschen aus Syrien und Afghanistan. Lag die Schutzquote für Flüchtlinge aus Syrien 2024 noch bei 83 Prozent, so sank sie in diesem Jahr auf ganze 0,2 Prozent. Afghanische Flüchtlinge waren nur noch zu 51,8 Prozent mit ihrem Asylantrag erfolgreich, 2024 waren es noch 74,8 Prozent. Dabei habe sich die Situation in Afghanistan keineswegs positiv verändert, so Kai Weber, Geschäftsführer des Flüchtlingsrates Niedersachsen. Die Bundesregierung verharmlose erneut die Verfolgungsgefährdung in Afghanistan, "kein Wunder, dass die Zahl der Klagen steigt."
Besonders viele Asylanträge aus Kolumbien
Speziell in Niedersachsen könnte die hohe Zahl der Klagen auch an den Asylantragstellern aus Kolumbien liegen - bis vor kurzem war Niedersachsen das Bundesland, das für Kolumbien zuständig war. Fast alle kolumbianischen Asylanträge werden abgelehnt, und die Mehrheit der Betroffenen reicht dann nach NDR Informationen Klage ein.
Verwaltungsgerichte fürchten Personalkollaps
Die neue Bundesregierung will die Asylverfahren ab Juli deutlich beschleunigen. Der Bund Deutscher Verwaltungsrichter hält das gesteckte Ziel allerdings für unrealistisch. "Viele Bundesländer werden es nicht schaffen, Asylverfahren innerhalb der geplanten Sechs-Monats-Frist zu erledigen", sagte die stellvertretende Vorsitzende, Caroline Bülow.
Oberverwaltungsgericht: 18 neue Stellen besetzt
Vor allem fehle es an Personal, auch in Niedersachsen. Laut Justizministerium dauert hierzulande ein Asylverfahren immer noch im Schnitt 13,9 Monate. Ohne eine deutliche Aufstockung droht auch hier der Kollaps. Das Ministerium steht deshalb bereits im Austausch mit dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht. In diesem Jahr wurden dort bereits 18 neue Stellen besetzt. Die Beschleunigung von Asylverfahren, so eine Sprecherin, habe für die Niedersächsische Landesregierung weiterhin hohe Priorität.
Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Niedersachsen | Hallo Niedersachsen | 02.06.2025 | 19:30 Uhr