Einsatzkräfte nach einer Messerattacke am Hamburger Hauptbahnhof

Niedersachsen Nach Messerattacken: Wie umgehen mit gefährlichen psychisch Kranken?

Stand: 03.06.2025 21:08 Uhr

Niedersachsen will das Psychisch-Kranken-Gesetz (NPsychKG) überarbeiten. Mit der Neuerung sollen in Zukunft Sicherheitsbehörden Informationen über potenziell gefährliche Menschen erhalten können.

Von Jule Lampe

Anlass für die Überarbeitung des Gesetzes seien die Angriffe von psychisch kranken Menschen in der jüngsten Vergangenheit, sagt Sozialminister Andreas Philippi (SPD). Demnach hätten zur Einschätzung von potenziell gefährlichen Patienten wichtige Informationen gefehlt, weil die rechtliche Grundlage dafür nicht gegeben war. "Wir haben festgestellt, dass Informationen über Menschen, die psychisch sehr krank waren und nicht nur sich selbst, sondern auch andere gefährdet haben, oft nicht einfach weitergeben werden konnten", sagt Philippi.

Offene Fragen nach der Messerattacke am Hamburger Hbf

Sozialminister will Informationsaustausch fördern

Durch das neue Gesetz sollen Patientendaten nun einfacher zugänglich gemacht werden - darunter auch Informationen über frühere Aufenthalte in geschlossenen Einrichtungen. Das Ziel sei es, schon vor der erneuten Einlieferung in die Psychiatrie noch genauer zu wissen, ob jemand potenziell gefährlich ist. "Wir müssen uns besser vernetzen, wir müssen es öffentlicher machen, das haben uns die Attacken in Aschaffenburg und Hamburg gezeigt", betont der Minister. Daten von psychisch kranken Menschen sollen dafür in Zukunft gesammelt und über einen Algorithmus ausgewertet werden. Auch Tests sollen zeigen, ob eine Person weiterhin potenziell gefährlich ist.

Potenzielle Gefährder sollen in Zukunft der Polizei gemeldet werden

Sollte das der Fall sein, sollen sensible Informationen in Zukunft auch an die Sicherheitsbehörden weitergegeben werden können. Das sei ein wichtiger Schritt, der aber mit Vorsicht zu genießen sei. "Wir müssen es möglich machen, dass diese Gefährder nicht einfach stigmatisiert werden, sondern wir müssen denen Hilfe anbieten", betont Philippi. Man wolle vermeiden, psychisch kranke Menschen unter Generalverdacht zu stellen. Sensible Daten weiterzugeben sei ein erheblicher Eingriff in die Freiheit und Privatsphäre der Menschen.

Worüber wird noch verhandelt?

Aktuell können Personen nur bei gegenwärtiger erheblicher Gefahr für sich oder andere in eine Psychiatrische Klinik eingeliefert werden. Dort erhalten sie die erforderliche medizinische Behandlung dann auch gegen ihren Willen. Sobald die akute Gefahr jedoch abklingt, muss die Person entlassen werden. Für Kritiker ist das zu früh, denn oft fehle es an einer nachfolgenden Überwachung, auch die Unterstützung sei nach ihrem Aufenthalt oft zu gering.

Kommunen wollen stärker einbezogen werden

Kritik am aktuellen Entwurf gibt es vom Niedersächsichen Städtetag. "Das ist aus unserer Sicht Murks. Wir brauchen eine niedrigere Schwelle", kritisiert Stefan Wittkop. Der Gesetzgeber müsse tätig werden und ein einfacheres Vorgehen ermöglichen. Die Städte und Kommunen sollten zudem in Zukunft stärker einbezogen werden, um einen Informationsfluss zu garantieren. Denn dafür fehle oft die rechtliche Freigabe, obwohl der sozialpsychiatrische Dienst in den Kommunen angesiedelt sei.

Erster Entwurf entsteht zusammen mit dem Innenministerium

Wie das Gesetz am Ende konkret aussieht, kann noch nicht gesagt werden. Aktuell handelt es sich um einen ersten Entwurf, der zusammen mit dem Innenministerium ausgearbeitet wurde. Zunächst müsse über die Novelle innerhalb der Landesregierung abgestimmt werden, auch Organisationen und Verbände sollen angehört werden.

Dieses Thema im Programm:
NDR Fernsehen | Hallo Niedersachsen | 03.06.2025 | 19:30 Uhr