
Niedersachsen Gebäude aus dem Drucker: Wie 3D-Technik in Selsingen mauert
In nur 105 Stunden entsteht mithilfe eines 3D-Druckers das komplette Mauerwerk eines zweigeschossigen Bürogebäudes. In Norddeutschland ist es das erste Bauprojekt dieser Art.
24 Meter lang, 15 Meter breit und neun Meter hoch ist der Portaldrucker, der gerade in Selsingen im Landkreis Rotenburg (Wümme) im Einsatz ist. In fünf Minuten druckt er circa einen Quadratmeter Wandfläche aus Mörtel. Bodenplatte, Zwischendecke, Innenausbau und Dach werden noch konventionell gebaut, den Rest erledigt der Drucker. So sollen Baukosten gesenkt und die Rücken der Bauarbeiter geschont werden.
Zwei Bauarbeiter statt sieben
Malcom Hanko ist gelernter Maurer und Betonbauer. Statt Kelle und Brett bedient er auf der Baustelle in Selsingen nur noch ein Tablet. "Damit kann ich die Arbeit des 3D-Druckers überwachen", erzählt der 31-Jährige. Sensoren liefern Daten über den Druck, die Materialbeschaffenheit und die Konsistenz des Mörtels. Wofür auf herkömmlichen Baustellen bis zu sieben Maurer benötigt wurden, genügen beim 3D-Drucker zwei.
Programmierung am Computer
Bevor der Drucker aber loslegen kann, muss am Computer ein 3D-Grundriss erstellt werden. Mit einer speziellen Software werden dann die Druckwege programmiert. Genauso wie bei anderen Gebäuden braucht es auch für den 3D-Druckbau eine Baugenehmigung. Zusätzlich ist noch eine sogenannte ZiE (Zustimmung im Einzelfall) von den Behörden erforderlich, da es noch keine Norm für gedruckte Gebäude gibt.

Betonbauer Malcom Hanko überwacht den 3D-Drucker auf dem Tablet.
Fachwissen erforderlich
Malcom Hanko und sein Kollege kontrollieren auf der Baustelle die Bauqualität und verändern bei Bedarf die Mörtelkonsistenz und die Intensität des Drucks. "Dafür muss man schon vom Fach sein und die Materialien kennen", erzählt Hanko. Außerdem legen die beiden Edelstahlhaken ein oder Wandsteckdosen. Die kann der Drucker noch nicht selbst einarbeiten.
Gesundheit der Bauarbeiter wird geschont
"Rückenschmerzen bekommt man hier nicht", erzählt der 31-Jährige. Die schwere körperliche Arbeit übernimmt auf der Baustelle der 3D-Drucker. "Handwerk ist das hier ja nicht mehr, man muss nicht mehr klinkern, nicht mehr alles hochwuppen - das macht alles die Maschine, so kann man auch bis 67 arbeiten."
3D-Druck soll Baukosten senken
Durch das neue Bauverfahren sollen auch die Kosten gesenkt werden. "Wir rechnen mit einer Ersparnis von zehn Prozent gegenüber einem herkömmlichen Rohbau", erzählt Bernd Mergard vom Bauunternehmen Matthäi. Die Ersparnis ergibt sich aus weniger Personalaufwand und effizienterem Materialeinsatz.
Fertigstellung im Dezember
Das gedruckte Gebäude soll dem Unternehmen als örtlicher Verwaltungssitz dienen und Vorzeigeobjekt für zukünftige Kunden des neuen Verfahrens sein. Nachdem die Wände gedruckt sind, müssen Innen- und Dachausbau auf herkömmliche Weise errichtet werden. Die Fertigstellung ist für Dezember geplant.

So soll das fertige Gebäude aus dem 3D-Drucker einmal aussehen.
Dieses Thema im Programm:
NDR Fernsehen | Hallo Niedersachsen | 05.06.2025 | 19:30 Uhr