
Mecklenburg-Vorpommern 100 Jahre Gartenverband Rostock: Zwischen Beeten und Bauvorhaben
Früher bereitete der Bau neuer Stadtteile den Kleingärtnern Sorgen. Heute fürchten manche eine Verdrängung durch neue Straßenbahnrouten.
Kleingärten haben in Rostock eine lange Tradition. Zwischen Obstbäumen und Buchsbaumhecken erschaffen sich die Gärtner eine eigene kleine Oase - allerdings nicht ohne sich an die vielen Regeln zu halten, die das Kleingartenwesen mit sich bringt. Die Menge des anzubauenden Gemüses, die Höhe der Hecke oder der nächtliche Aufenthalt im Garten: All das ist geregelt. Und trotzdem lieben die Rostocker ihre Kleingartenanlagen. Die Hansestadt zählt in Deutschland zu den Orten mit der höchsten Kleingartendichte und dafür haben die Gärtner lange gekämpft.
Erste Kleingärten in Brinckmansdorf
Der Verband der Gartenfreunde Rostock wird in diesem Frühjahr 100 Jahre alt. Die erste richtige Kleingartenanlage in Rostock entstand im frühen 20. Jahrhundert am Weißen Kreuz im Stadtteil Brinckmansdorf. 53 Parzellen wurden damals angelegt - daraus wurden immer mehr. Heute gibt es über 150 Kleingartenvereine in Rostock mit insgesamt etwa 15.000 Parzellen.
Der Start: Ein Spielplatz mit Gemüsebeet
"Die haben eigentlich als Spielplatz angefangen. Das heißt, sie haben erst einen Spielplatz gebaut. Und da die Eltern da rumgestanden haben, haben sie hinten ein paar Beete angelegt. Und daraus sind dann umzäunte Anlagen geworden", berichtet Günter Zschau vom Verband der Gartenfreunde Rostock. So entstanden die ersten Schrebergärten. Die Kleingärten in Rostock erfüllten eine wichtige Aufgabe. Die Hobbygärtner konnten sich ihr eigenes Gemüse ziehen, was nicht nur Geld sparte, sondern auch in Zeiten von Lebensmittelknappheit in der DDR ein Vorteil war.
Stadtentwicklung: 800 Kleingärten mussten weg
Vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg kämpften die Rostocker Kleingärtner immer wieder mit dem rasanten Wachstum der Stadt. Für den Aufbau der Südstadt mussten 800 Kleingärten aufgelöst werden. Der Verband der Gartenfreunde, der damals noch "Verband der Kleingärtner, Siedler und Kleintierzüchter" hieß, versuchte jedoch laufend neue Anlagen zu erschließen.
Run auf Kleingärten durch die Pandemie
Nach der Wende nahm das Interesse an Kleingärten wieder ab. Die Rostocker konnten Reisen, Obst und Gemüse gab es billiger in der Kaufhalle. Doch seit einiger Zeit sind Kleingärten wieder voll im Trend. "Es gab dann noch einmal einen enormen Schub durch Corona. Dort hat man die Suche danach geführt, in der Natur, abgeschirmt - ich sage mal - gesund zu bleiben", sagt Matthias Schreiter, Vorsitzender des Verbandes der Gartenfreunde. Vor vier Jahren gab es allerdings auch unruhige Zeiten bei den Kleingärtnern: Korruptionsvorwürfe gegenüber der Geschäftsführung des Verbandes standen im Raum. Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zeigten Verstöße gegen die Satzung. In der Folge gab es einen Rücktritt. Das Verfahren wurde später jedoch mangels hinreichenden Tatverdachts gegen die Beschuldigten eingestellt, die Kleingärtner sortierten sich neu.
Städtebaukonzept: ein Kleingarten auf neun neue Wohnungen
Die etwa 15.000 Parzellen in Rostock zu erhalten, ist ein Kampf, den die Gärtner im Jahr 2023 gewonnen haben. Seitdem gibt es das sogenannte Kleingartenentwicklungskonzept. Beim Bau von neun neuen Geschosswohnungen soll mindestens ein neuer Kleingarten entstehen. Außerdem ist eine Mindestanzahl von 14.935 Kleingärten in Rostock festgeschrieben.
Neue Straßenbahnlinie gefährdet Kleingartensiedlung
Ein aktuelles Thema ist eine neue Straßenbahnlinie in Rostock, die durch eine Kleingartenanlage in der Gartenstadt führen soll. Als die Idee öffentlich wurde, gab es viel Protest. Mittlerweile hat sich die Lage beruhigt, was auch daran liegt, dass Kleingärtner und Anwohner mit ins Boot geholt wurden. Günter Zschau und Matthias Schreiter vom Verband der Gartenfreunde wissen, dass das Bauvorhaben notwendig ist. Doch nur durch die Einbindung der Anwohner und Gärtner könne das Projekt erfolgreich werden. Es gibt also noch viel zu tun für den Verband, damit auch in 100 Jahren noch mindestens 15.000 Gärten in Rostock bestehen.
Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 23.04.2025 | 16:00 Uhr