
Hessen Trump-Politik und hohe Zölle: Früherer US-General blickt mit Sorge auf Amerika
Hohe Zölle und ein neuer Sicherheitskurs: US-Präsident Trump stellt die Partnerschaft mit Europa auf die Probe. Der Wahl-Frankfurter und frühere US-General Ben Hodges blickt mit Sorge auf sein Heimatland. Im Interview spricht er über das zerbröckelnde Vertrauen – und den Glauben an die deutsch-amerikanische Partnerschaft.
Die transatlantischen Beziehungen stehen zunehmend unter Druck. Die neue US-Regierung setzt auf Konfrontation - politisch wie wirtschaftlich. Am Mittwoch verkündete Präsident Donald Trump neue weitreichende Zollmaßnahmen. Auf Importe aus der EU sollen künftig Zölle in Höhe von 20 Prozent erhoben werden. Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) kritisierte am Donnerstag die Maßnahmen als eine "Belastungsorgie für die Wirtschaft". Europa und Deutschland müssten nun "eine Antwort der Souveränität" geben.
Auch sicherheitspolitisch setzen die USA neue Prioritäten. Besonders deutlich wurde das beim Eklat im Oval Office, als Trump und Vizepräsident J.D. Vance den ukrainischen Präsidenten Selenskyj in einem lautstarken Schlagabtausch der Undankbarkeit bezichtigten. Für Rhein war daraufhin klar, "dass Europa seine Souveränität schnellstens stärken muss". Rhein regiert ein Bundesland, das traditionell besonders eng mit den USA verbunden ist.
Wie steht es also um das deutsch-amerikanische Verhältnis - und wie geht es weiter? Einer, der beide Seiten gut kennt, ist Ben Hodges. Der frühere Befehlshaber der US Army Europe war bis 2017 in Wiesbaden stationiert. Heute arbeitet er für die Menschenrechtsorganisation Human Rights First – und pendelt zwischen den USA und Europa. Hodges lebt in Frankfurt.
Das Gespräch mit Hodges führte Andreas Bauer.
hessenschau.de: Herr Hodges, Sie leben in Hessen. Mit welchem Gefühl blicken Sie zurzeit über den Atlantik auf Ihr Heimatland, die USA?
Ben Hodges: Natürlich mache ich mir Sorgen um den Ruf der USA als verlässlicher Partner – und um die lange amerikanische Tradition, Freunde willkommen zu heißen und mit Verbündeten zusammenzuarbeiten. Das bereitet mir sowohl praktisch als auch emotional große Sorgen. Ich bin entsetzt über die geringe Wertschätzung gegenüber dem, was unsere Verbündeten für die Vereinigten Staaten tun – für unsere Sicherheit – und darüber, wie wenig Verständnis es dafür gibt, warum unsere NATO-Mitgliedschaft so wichtig ist.
Ich mache mir Sorgen um den Ruf der USA als verlässlicher Partner. Ben Hodges
Aber ich habe auch das Gefühl, dass unsere berühmte Gewaltenteilung früher oder später greifen wird – und erste Anzeichen dafür sehe ich schon: Republikaner im Kongress, die Gerichte, konservative Medien, Unternehmer – sie alle beginnen, sich zu wehren. Ich glaube nicht, dass der Schaden unumkehrbar ist. Aber ja – es wird Schaden angerichtet, das lässt sich nicht leugnen.
hessenschau.de Der neue kanadische Premierminister sagt, die alten Beziehungen zwischen seinem Land und den USA gehörten der Vergangenheit an. Ist der Schaden, der im transatlantischen Verhältnis zwischen Europa und den USA angerichtet wurde, vielleicht nicht doch bereits irreparabel?
Hodges: Wir sollten die langfristige Perspektive im Blick behalten. Ich selbst habe Anfang der 1980er-Jahre in Westdeutschland gedient – zu einer Zeit, als Hunderttausende gegen die Stationierung der Pershing-II-Raketen demonstrierten. Auch gegen den Irak-Krieg gab es große Proteste in Deutschland, ebenso während der Amtszeit Obamas gegen das geplante Freihandelsabkommen TTIP.
Wir haben bereits eine Trump-Regierung hinter uns – und ich bin überzeugt, dass eine Beziehung zwischen zwei großen Nationen wie Deutschland und den USA solche Erschütterungen aushalten kann. Kritik, Proteste, auch Schäden – ja. Aber von einem Bruch der Beziehung würde ich nicht sprechen. Es wird Zeit brauchen, um Vertrauen zurückzugewinnen, aber es ist möglich.
Deutschland sollte nicht auf jede verrückte Aussage aus Washington überreagieren.
Gleichzeitig sollten sich auch die Deutschen fragen, warum in den USA Zweifel an der Partnerschaft aufgekommen sind – etwa wegen der jahrelang unzureichenden Verteidigungsausgaben. Viele Amerikaner fragen sich: Warum investieren wir so viel in die Sicherheit Europas, wenn in Umfragen eine Mehrheit der Deutschen angibt, ihr Land nicht verteidigen zu wollen? Auch das gehört zur Realität.
Was aktuell passiert, ist nicht in den letzten zwei Monaten entstanden. Es ist Teil eines längeren Prozesses. Und trotzdem: Die strategische Partnerschaft bleibt wichtig – auch durch Militärstützpunkte, die Zusammenarbeit der Geheimdienste und die enge wirtschaftliche Verflechtung. Ich wünsche mir, dass Deutschland und die USA bei allem Respekt füreinander auch weiterhin offen für Verbesserungen bleiben – auf allen Ebenen.
hessenschau.de: Wie könnte es nun weitergehen? Wie sollte Deutschland auf die neue US-Regierung reagieren?
Hodges: Ich finde, verantwortungsbewusste Menschen sollten nicht auf alles, was aus Washington kommt, so emotional reagieren – und umgekehrt genauso. Es gibt meiner Meinung nach zu viele Europäer, die sich ständig über die USA beklagen, statt sich den Herausforderungen zu stellen, vor denen sie selbst stehen.
Entscheidend ist doch die Frage: Was liegt im langfristigen Interesse aller Beteiligten? Ich denke, Deutschland sollte innerhalb der NATO und der Europäischen Union mit gutem Beispiel vorangehen. Darauf sollte der Fokus liegen. Und: Deutschland sollte nicht auf jede verrückte Aussage aus Washington überreagieren.
hessenschau.de: Gibt es etwas, das Sie als Amerikaner in Hessen den Menschen hierzulande gerne mitgeben würden?
Hodges: Gebt eure amerikanischen Freunde nicht auf. Es gibt 330 Millionen Amerikaner, nicht nur einen – und die Beziehung zwischen Deutschland und den USA ist viel mehr als nur zwischen Berlin und Washington. Nach dem Zweiten Weltkrieg trugen 15 Millionen Amerikaner Uniform in Deutschland – das hat unzählige persönliche Beziehungen geschaffen.
Gebt eure amerikanischen Freunde nicht auf. Ben Hodges
Dazu kommen wirtschaftliche Verbindungen, Bildung, Austausch auf vielen Ebenen. Ich glaube, all das ist stärker als das, was wir gerade politisch sehen. Deshalb hoffe ich, dass meine deutschen Nachbarn und Freunde einen langfristigen, offenen Blick auf die USA behalten – und sich nicht von der aktuellen Lage auf nationaler Ebene ein Bild davon machen lassen, wer wir sind oder wie tief unsere Beziehung wirklich geht.
Hessen und die USA – eine besondere transatlantische Verbindung
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In dieser Statistik sind aber nur Amerikaner berücksichtigt, die meldepflichtig sind. Die Mitglieder der Stationierungsstreitkräfte sowie der diplomatischen und konsularischen Vertretungen unterliegen mit ihren Familien nicht den Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes.
Das US-Militär ist vor allem in der Clay-Kaserne in Wiesbaden präsent. Laut Angaben der US-Armee (2024) sind dort rund 4.900 Soldaten stationiert, dazu kommen etwa 12.800 amerikanische Familienangehörige, 4.000 zivile Mitarbeiter und 3.900 Pensionäre.