
Hessen Flughafen Frankfurt plant mehr Abflüge über den Taunus – Kommunen wollen klagen
Weil die Flugbewegungen in Frankfurt weiter zunehmen, müssen die Airportbetreiberin Fraport und die Deutsche Flugsicherung ein neues Betriebskonzept erarbeiten. Darin vorgesehen: mehr Abflüge nach Nordwesten in Richtung Taunus. Dort zeichnet sich bereits Widerstand ab.
Wenn es um den Frankfurter Flughafen geht, klingen Versprechen regelmäßig zu gut, um wahr zu sein. Beispielsweise die Ankündigung, dass künftig trotz mehr Starts und Landungen weniger Menschen von Fluglärm betroffen sein sollen. Doch genau das stellen die Flughafenbetreiberin Fraport und Deutsche Flugsicherung (DFS) an diesem Mittwoch in Aussicht.
Schon bald 110 Starts- und Landungen pro Stunde
Ein neues Betriebskonzept soll dies möglich machen. Notwendig wird es aufgrund der erwarteten Steigerung der Flugbewegungen. Berechnungen der Beratergesellschaft Intraplan gehen davon aus, dass der Flughafen im Jahr 2033 rund 560.000 Starts und Landungen pro Jahr verzeichnen wird.
Zum Vergleich: Im Rekordjahr 2019 - vor der Corona-Krise - lag die bislang höchste registriere Zahl von Flugbewegungen bei 519.000. 2024 erreichte sie bereits wieder den Stand von 441.000. Tendenz: steigend. Bereits Ende des Jahrzehnts könnte die Zahl der Starts und Landungen pro Stunde auf 110 steigen.
"Das heißt, es wird dann nicht mehr möglich sein, die Flüge kapazitativ sicher am Frankfurter Flughafen abzuwickeln. Von daher brauchen wir eine Weiterentwicklung des Betriebskonzeptes", erklärt Pierre Dominique Prümm vom Fraport-Vorstand.

Aktuelle Abflugrouten in Richtung Nordwesten.
Neue Verfahren, weniger Sicherheitsabstand
Das neue Betriebskonzept soll Abhilfe schaffen. Einer der Eckpunkte: eine Neuverteilung der Abflüge. Künftig sollen deutlich mehr Abflüge von der Centerbahn über die Nordwest-Abflugrouten abgewickelt werden - bei der die Flugzeuge bereits kurz nach Start in einer engen Kurve in Richtung Taunus abdrehen.
Ursprünglich sollten die direkten Abflugrouten in Richtung Nordwesten eigentlich nur selten genutzt werden, weil es zu Konflikten mit der neuen Nordwest-Landebahn führte. Größere Sicherheitsabstände waren nötig.
Doch das hat sich geändert, erklärt Dirk Mahns, Geschäftsführer Betrieb bei der Deutschen Flugsicherung: "Wir haben jetzt neue Verfahren. Den Sicherheitsabstand, den wir damals einrichten mussten, können wir jetzt reduzieren. Und dadurch kriegen wir einen höheren Durchsatz hin über die Nordwestabflugroute."
Die Änderungen betreffen allein die Abflüge beim Flugbetrieb in Betriebsrichtung West, die in Frankfurt an etwa 70 Prozent aller Tage geflogen wird.
Weniger Verkehr auf Südumfliegung
Im Gegenzug könne die sogenannte Südumfliegung weniger intensiv genutzt werden, als das ursprünglich geplant war. Auf dieser Route fliegen die Flugzeuge in einen weiten Bogen Richtung Süden über den Kreis Groß-Gerau, bevor sie dann über die Stadtgebiete von Mainz und Wiesbaden nach Nordwesten abdrehen.
Fraport und DFS gehen davon aus, dass das neue Betriebskonzept die Zahl der Lärmbetroffenen in der Region "leicht reduzieren" werde. Die Entlastung ergebe sich unter anderem dadurch, dass die beiden Abflugrouten künftig nicht mehr parallel, sondern nur noch abwechselnd genutzt würden. Dadurch entstünden "zusätzliche Lärmpausen".
Widerstand in den Kommunen
Doch nicht überall im Rhein-Main-Gebiet glaubt man den Beteuerungen von Fraport und DFS. Dirk Westedt (FDP), Bürgermeister von Hochheim am Main, zeigt sich im Gespräch mit dem hr empört: "Die Südumfliegung ist eine Idee der Fraport. Die haben sie sich den Mist ausgedacht und müssen sich jetzt etwas anderes einfallen lassen, als auf einmal Tausende von Flügen über die Nordwestbahn rauszuschicken."
Seine Kommune sei bereits durch die Landungen auf der Nordwestlandebahn belastet. Die geplanten zusätzlichen Starts kämen nun hinzu, so Westedt. "Zu glauben, dass wir uns das gefallen lassen, ohne rechtliche Schritte zu gehen, das kann man, glaube ich, als Nebelkerze betrachten." Die Stadt will schnellstmöglich 50.000 Euro für Rechtsanwaltskosten bewilligen.
Die Fraport betont derweil, dass das Konzept noch in Arbeit sei und man mit allen Beteiligten im Dialog bleiben wollen. Vor allem auch mit der sogenannten Fluglärmkommission.
Fluglärmkommission ist skeptisch
Deren Vorsitzender, der Offenbacher Stadtrat Paul Gerhard Weiß (FDP), verweist darauf, dass schon vor dem Bau der neuen Landebahn Fachleute gewarnt hätten, dass das Betriebskonzept mit der Südumpfliegung auf Dauer nicht funktionieren werde.
"Man muss jetzt auch hoffen, dass allen Beteiligten noch etwas einfällt, um die Belastungen zu reduzieren. Aber es ist schon auch unter dem Aspekt der Glaubwürdigkeit eine schwierige Nachricht, die hier an uns weitergegeben wird", so Weiß.
Etwas Zeit bleibt noch. Endgültig fertiggestellt werden soll das neue Betriebskonzept erst im kommenden Jahr.