Blick in eine hohe Ausstellungshalle der Deichtorhallen Hamburg. Links und rechts hängen riesige, bunt besprühte Stoffbahnen, die vom Dach bis auf den Boden reichen. Mehrere Menschen gehen durch den Raum.

Hamburg Monumentales Werk: Begehbares Gemälde in den Hamburger Deichtorhallen

Stand: 05.06.2025 14:33 Uhr

Blick in die Unendlichkeit: In den Deichtorhallen zeigt Katharina Grosse riesige Farbräume - mit besprühten Stoffbahnen und Landschaften aus bunter Erde. Die Ausstellung "Wunderbild" ist Malerei im XXL-Format.

Von Franziska Storch

Grün, Gelb, Blau, Rot, Violett, Orange: Katharina Grosse hat aus der riesigen Halle einen Canyon aus Farben gemacht. Über die gesamte Länge hängen links und rechts Stoffbahnen, die so lang sind, dass sie auf dem Boden in Richtung Mitte weiterfließen.

Licht und Raum werden Teil des Bildes

Das Werk entstand 2018 für den Messepalast der Nationalgalerie in Prag - ein imposanter Ort, wie Dirk Luckow, Intendant der Deichtorhallen, erklärt: "Das war schon ein riesiger Bau. Die Deichtorhallen sind ja auch nicht gerade klein, aber das Werk ist eben auch gewaltig: 60 Meter lang, 20 Meter hoch - und das gleich zwei Mal." Grosse hatte das monumentale Bild in einer ehemaligen Industriehalle in Prag gemalt.

In den Deichtorhallen fällt Tageslicht auch von der Rückseite auf die Arbeit, sodass die Farben mehr strahlen. Viel Tageslicht, das kennt die Künstlerin aus ihrem Atelier in der Nähe von Berlin. "Licht spielt eine ganz große Rolle in der Arbeit - für alles, was wir sehen, nicht nur für die Farbe", sagt sie. Besonders deutlich werde das bei Dingen, die sich nicht klar benennen lassen: "Weil ich eben nicht sagen kann: Ich seh da vorne den Stuhl - und behelf mir mit dem Wort 'Stuhl'. Wenn ich nicht benennen kann, was ich sehe, ist es viel schwerer, es zu sehen."

Gemeinsam durch den Farb-Canyon

Auch bei einem Wunder wisse man nicht genau, was man da eigentlich sieht, sagt Grosse - daher der Titel der Installation: "Wunderbild". Und weil das Bild so groß sei, könnten viele Menschen es gleichzeitig anschauen. "Ich finde das gemeinsame Betrachten, ähnlich wie bei einem Film im Kino, ist etwas ganz Besonderes", so Grosse. "Man ist in einer gemeinsamen Bewusstseinserfahrung. Und man fängt an, darüber miteinander zu reden. So ist es möglich, die Erfahrung zu teilen."

Das riesige "Wunderbild" besteht aus lauter Farbschwüngen. Grosse sprüht die Farben auf, mit einer etwa ein bis zwei Meter langen Sprühlanze. Je nach Bewegung wird der Farbnebel dichter oder durchsichtiger.

In einem Film, der in der Ausstellung gezeigt wird, kann man Grosse dabei zusehen, wie ein Werk wie das "Wunderbild" entsteht. Auffällig sind dabei immer wieder weiße Flächen - als wären bestimmte Stellen mit Schablonen ausgespart worden. Genau das ist gewollt: ein Teil der Idee, den Entstehungsprozess sichtbar zu machen und zu zeigen, wie ein Bild überhaupt entsteht.

"Ich halte sie für die radikalste Malerin"

In den Deichtorhallen hat Grosse vor Ort einen Hügel aus Tonerde aufgeschüttet und den Boden drumherum sowie die Erde selbst mit Farbe besprüht. Bis zu 120 Farbeimer kamen dabei gleichzeitig zum Einsatz. Besonders ist: Die Erdbrocken sind von allen Seiten unterschiedlich eingefärbt - von hier wirken sie blau, von dort rot. "Ich halte sie wirklich für die radikalste Malerin", sagt Deichtorhallen-Intendant Luckow. "Weil sie das Medium Malerei mit LandArt verbindet - sie übersprüht ganze Landschaften oder, wie hier, einen Erdhügel, der direkt vor Ort entstanden ist."

Ausstellungsraum mit bemalten Wänden und einem großen, bunten Hügel aus besprühter Erde auf dem Boden. Der Farbverlauf reicht von Rot über Gelb und Grün bis Blau. Auch der Boden ist farbig besprüht, im Hintergrund hängen abstrakte Gemälde.

Katharina Grosse hat in den Deichtorhallen Erde aufgeschüttet und farbig besprüht - ein Werk zwischen Malerei, Skulptur und Installation.

Grosse sagt selbst, Malen im kleinen Format sei wie Schwimmen im Pool, Malen im großen Format wie Schwimmen im Meer. Die Ausstellung ist eine Einladung, mitzuschwimmen: Kleine, frühe Arbeiten liegen in Vitrinen - und im Gefühl der Unendlichkeit kann man in der großen Halle baden.

Die Ausstellung "Katharina Grosse. Wunderbild" ist noch bis zum 14. September in den Hamburger Deichtorhallen zu sehen. Der Eintritt kostet 13 Euro.

Dieses Thema im Programm:
NDR 90,3 | Kulturjournal | 04.06.2025 | 19:00 Uhr