Strafjustizgebäude des Landgerichts Hamburg am Sievekingplatz.

Hamburg Millionenbetrug mit Krebsmedikamenten: Staatsanwaltschaft Hamburg erhebt Anklage

Stand: 03.06.2025 12:21 Uhr

Seit vielen Jahren laufen die Ermittlungen - jetzt erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage gegen Verantwortliche des Hamburger Gesundheitsunternehmens Alanta Health Group. Sie wirft sechs Verantwortlichen Bestechung im besonders schweren Fall und gewerbsmäßigen Abrechnungsbetrug vor. Inzwischen gibt es erste Reaktionen auf die Anklage.

Die Beschuldigten sollen die gesetzlichen Krankenkassen um rund 75 Millionen Euro betrogen haben. Konkret wird ihnen vorgeworfen, in 37 Fällen Ärztinnen und Ärzte bestochen zu haben. Diese sollten Medikamente des Unternehmens verschreiben. Dabei ging es um hochpreisige Krebsmedikamente - sogenannte Zytostatika - die die Apothekerinnen und Apotheker auch selbst haben herstellen lassen.

Klinik gekauft und Gesundheitszentren betrieben

Um möglichst viele Abnehmerinnen und Abnehmer für ihre Zytostatika zu gewinnen, sollen die Beschuldigten die Stadtteilklinik Mümmelmannsberg gekauft und als Betreiberin mehrerer medizinischer Versorgungszentren eingesetzt haben. Auf diese Weise konnten sie sowohl die Erlöse aus der ambulanten, onkologischen Behandlung als auch der pharmazeutischen Betreuung von Patienten und Patientinnen auf ihren Konten gutschreiben. Patienten und Patientinnen sollen durch diesen mutmaßlichen Betrug nicht zu Schaden gekommen sein.

Alanta-Verantwortliche weisen Vorwürfe zurück

Die Verantwortlichen bei Alanta weisen die Vorwürfe zurück. Sie sagen, sie hätten alle rechtlichen Vorgaben eingehalten. Und die Medizinischen Versorgungszentren, die zur Alanta-Gruppe gehören, seien medizinisch unabhängig, die Ärztinnen und Ärzte nicht an Weisungen gebunden. Das sieht der Gesundheitspolitische Sprecher der Linksfraktion in der Bürgerschaft, Deniz Celik, anders. Er begrüßt, dass nach jahrelangen Ermittlungen jetzt Anklage erhoben wird. Celik hatte den Fall seit Jahren verfolgt und sich immer wieder nach dem Stand der Ermittlungen erkundigt.

Linke fordert Konsequenzen

"Der Senat darf angesichts dieser schwerwiegenden Vorwürfe nicht länger die Augen verschließen und muss jetzt endlich Konsequenzen ziehen. Besonders schwer wiegt der Verdacht, dass die Sozialbehörde über Jahre hinweg den Betrieb der Stadtteilklinik genehmigt und damit das Geschäftsmodell des Konzerns im Bereich der Medizinischen Versorgungszentren überhaupt erst ermöglicht hat", sagte Celik. Der Senat müsse nun umgehend prüfen, wie der Klinikbetrieb unter eine andere, unabhängige Trägerschaft gestellt werden könne.

Fall sorgte bundesweit für Aufsehen

Im Jahr 2019 hatte die Staatsanwaltschaft eine groß angelegte Razzia bei der Alanta-Gruppe durchgeführt. Mehr als 6.000 Aktenordner und 100 Datenträger wurden damals beschlagnahmt. Der Fall hatte auch bundesweit für Aufsehen gesorgt. Das Hamburger Landgericht muss nun über die Zulassung der Anklage entscheiden.

Dieses Thema im Programm:
NDR 90,3 | NDR 90,3 Aktuell | 03.06.2025 | 13:00 Uhr