Wald in Beelitz drei Jahre nach Waldbrand 2022. (Quelle: rbb)

Brandenburg Wie es drei Jahre nach dem großen Waldbrand aussieht

Stand: 04.06.2025 14:39 Uhr

Rund 230 Hektar Wald wurden vor den Toren von Beelitz bei einem Brand im Jahr 2022 zerstört. Die Aufforstung läuft schleppend. Es ist zu trocken. Darüber hinaus machen Rehe Ärger. Von Philipp Rother und Stefan Oberwalleney

Immer wieder schüttelt Martin Schmitt mit dem Kopf. "Eigentlich sollten hier, drei Jahre nach dem Waldbrand, überall kleine Bäume stehen, aber sie sind an einer Hand abzuzählen", sagt der Förster der Stadt Beelitz (Potsdam-Mittelmark).
 
Er geht weiter. Jeder Schritt wird von lautem Knacken begleitet. Das Totholz am Boden ist trocken. Der Sandboden darunter noch trockener. Nur wenige typische Gräser sind zu sehen. "Es wirkt, als habe es hier erst vor kurzem gebrannt, hier ist Endzeitstimmung."

Wald in Beelitz drei Jahre nach Waldbrand 2022. (Quelle: rbb)

Stadtförster Schmitt wird auf der Waldbrandfläche gefilmt.

Waldbrandfläche ist noch heute deutlich erkennbar

Am 19. Juni 2022 war der Waldbrand nahe der Beelitzer Stadtgrenze in den Mittagsstunden ausgebrochen. Die Thermometer zeigten an jenem Tag mehr als 35 Grad Celsius. Das Feuer sprang von Baumwipfel zu Baumwipfel. Als der Wind drehte, breitete sich der Brand plötzlich in Richtung Beelitzer Kernstadt aus.
 
In einem abgelegenen Gebiet erlosch das Feuer erst wenige Hundert Meter vor den ersten Gebäuden. Die Waldbrand-Spezialisten von "@fire" hatten dort erstmals in Deutschland überhaupt ein sogenanntes Vorfeuer gelegt. Mehr als 1.000 Einsatzkräfte waren im Einsatz.
 
Rund 230 Hektar brannten ab, darunter 150 Hektar im Beelitzer Stadtwald. Das entspricht circa 210 Fußballfeldern. Die Fläche wurde fast komplett gerodet. Noch heute ist sie deutlich erkennbar.

Wald in Beelitz drei Jahre nach Waldbrand 2022. (Quelle: rbb)

Die Brandfläche im Beelitzer Stadtwald ist auch drei Jahre danach noch deutlich zu erkennen.

Zu wenig Regen, Rehe fressen Sämlinge

Auf 50 Hektar sind Setzlinge nachgepflanzt und neue Bäume angesät worden, teils den Boden schonend mit Pflug und Pferden. "5.000 Bäume pro Hektar, also insgesamt 250.000 Bäume, sollten entstehen", rechnet Schmitt vor. Das wird aber nicht passieren. Er fürchtet, dass 20 Prozent der Bäume schon vertrocknet oder von Rehen gefressen worden sind. Es falle schlicht und ergreifend zu wenig Niederschlag.
 
Die Zahlen untermauern das: Das Frühjahr in Brandenburg war aus Sicht der Meteorologen viel zu trocken. Pro Quadratmeter seien nur 62 Liter Niederschlag gemessen worden, teilte der Deutsche Wetterdienst (DWD) jüngst mit. Das sei nicht einmal die Hälfte des klimatologischen Solls. "Und hier in Beelitz lagen wir noch unter den 62 Litern, der Sandboden kann auch keine Feuchtigkeit halten", so der Förster. "Mit jedem Monat ohne Regen werden noch mehr angepflanzte Bäume vertrocknen."

Zuvor abgebrannte Bäume in Fichtenwalde (Bild: rbb/Rother)
Das Fichtenwalder Wunder der Natur
Nach dem Waldbrand in Fichtenwalde im Juli 2018 musste die Fläche komplett gerodet werden, eine "Mondlandschaft" entstand. Keine vier Jahre später messen die Bäume teils schon fünf Meter. Dabei lief nicht alles nach Plan. Von Philipp Rothermehr

Anblick laut Schmitt "erschreckend"

Die anderen 100 Hektar sollten sich auf natürlichem Wege erneuern. Das geschieht, wenn die Samen naher Bäume durch den Wind auf gerodete Freiflächen geweht werden und dort keimen. "Wenige Kilometer weiter im Ortsteil Fichtenwalde hat das wunderbar funktioniert, da ist innerhalb weniger Jahre ein üppiger Vorwald entstanden, aber hier ist der Anblick erschreckend", so Schmitt.

 
Aktuell wachsen - vor allem im Schatten verkohlter Baumstümpfe - Birken und Pappeln, sogenannte Erstbesiedler. Viele Sämlinge werden von den Rehen aber gefressen, sobald sie aus dem Boden sprießen. Daher sei der Bewuchs deutlich unter den Erwartungen. Es wachsen aber auch schon wieder erste Kiefern, Wildtiere verschmähen sie. "Das wollen wir eigentlich nicht, dann sind wir wieder in dieser Waldbrandspirale." Denn Kiefern enthalten viel Harz und ätherische Öle. Diese Stoffe sind leicht entflammbar. "Wir wollen den Wald umbauen. Aber uns sind da die Hände gebunden", resümiert Schmitt.

Wald in Beelitz drei Jahre nach Waldbrand 2022. (Quelle: rbb)

Es wachsen schon wieder vermehrt Kiefern auf der Waldbrandfläche.

Teile der gerodeten Flächen eingezäunt

Um zumindest die Rehe abwehren zu können, wurden einige Teile der gerodeten Flächen eingezäunt. Der Unterschied ist deutlich erkennbar. In den eingezäunten Gebieten grünt es mehr, die jungen Bäume sind erkennbar höher. Die Natur schafft es dort eher, sich aus eigener Kraft zu verjüngen. "Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder werden mehr Rehe geschossen, oder wir müssen alles einzäunen", sagt Schmitt. Das wird im Beelitzer Stadtwald auch immer öfter gemacht.
 
"Ich pflanze Bäume nach, die dann aber nicht wachsen, weil es zu trocken ist. Und das natürliche Wachstum wird von den Rehen gebremst", erklärt der Förster. Dass das Projekt so schwierig werden würde, hätte er nicht erwartet. "Was sollen wir hier überhaupt noch machen? Wenn kein Regen mehr fällt, sind wir mit unserem Latein am Ende. Ohne Wasser, kein Wald und ohne Wald kein Wasser!"

Wald in Beelitz drei Jahre nach Waldbrand 2022. (Quelle: rbb)

Stadtförster Schmitt vor einem Zaun, der Rehe abhält.

50 bis 60 Grad am Erdboden im Sommer

Umso weiter es in den Wald hinein geht, desto weniger junge Laubbäume sind zu sehen. In diesen Bereichen sind noch gar keine Zäune gestellt worden. Und der Boden wird mit jedem Schritt trockener. "Ich habe vor 20 Jahren in einer Zeitung gelesen, dass Brandenburg die Verwüstung droht", berichtet Schmitt. "Das fühlt sich hier schon so an, hier wächst aktuell gar nichts, es ist staubtrocken, im Sommer herrschen hier am Erdboden 50 bis 60 Grad. Da hat die Natur keine Chance."
 
Laut Brandenburger Waldgesetz (§ 11 LWaldG) müssen die Flächen aber nach drei Jahren wieder bewaldet werden. "Das schaffen wir gar nicht, das ist aufgrund des Klimas nicht möglich, auch weil es gar nicht genügend Saatgut und Jungpflanzen gibt - aber das wissen auch alle", so der Förster weiter.

Archivbild: Wald bei beelitz ein Jahr nach dem Brand im Juni 2022. (Quelle: rbb)
Beelitzer Mondlandschaft
Vor genau einem Jahr brannte nahe Beelitz der Wald. Das Feuer konnte erst wenige Hundert Meter vor den ersten Gebäuden gestoppt werden. Mittlerweile sind zum Schutz der Bevölkerung rund 130 Hektar der Brandfläche gerodet worden. Von Philipp Rothermehr

Erst Pappeln und Birken, dann gezielte Pflanzungen

Aufgeben wird Schmitt aber nicht."Es wird hier grün, es wird hier wieder Wald geben, aber es wird deutlich länger dauern als geplant und deutlich länger als zum Beispiel in Fichtenwalde", so der Beelitzer. "Wir brauchen hier keine Pflanzen mehr in den Boden stecken, wenn es nicht regnet." Ziel sei es deshalb, die kleinen Pappeln und Birken durchzubringen, und in einem zweiten Schritt im Schatten der Pionierbäume dann Eiche und Ahorn anzupflanzen.

Die Stadt habe für die Aufforstung schon circa 250.000 Euro ausgegeben, berichtet Schmidt weiter. Zufrieden mit dem Ergebnis sei er bisher aber nicht: "Es ist deprimierend. Aber ich versuche die kleinen Erfolge zu sehen", sagt der Förster und zeigt auf eine Eberesche, die zaghaft im Wind tanzt. Sie wurde von den Rehen offenbar übersehen - bis sie ein vollwertiger Baum sein wird, werden aber noch Jahrzehnte vergehen.