Markus Söder, Friedrich Merz, Lars Klingbeil und Saskia Esken bei der Pressekonferenz zum Koalitionsvertrag am 9.4.25
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Koalitionsvertrag Was Schwarz-Rot vorhat - und was nicht

Stand: 09.04.2025 17:54 Uhr

Die angestrebte nächste Bundesregierung aus CDU, CSU und SPD will die schwächelnde deutsche Wirtschaft wieder in Schwung bringen und Migration begrenzen. Was ist im Koalitionsvertrag vorgesehen? Ein Überblick.

Wochenlang haben sie Gespräche geführt und sind dabei auch immer wieder an Grenzen gestoßen. Nichtsdestotrotz haben die Verhandler von CDU, CSU und SPD die Koalitionsverhandlungen nun abgeschlossen. "Deutschland bekommt eine starke und handlungsfähige Regierung", sagte CDU-Chef Friedrich Merz bei der Vorstellung der Ergebnisse. CSU-Chef Markus Söder sieht in Friedrich Merz einen starken künftigen Bundeskanzler.

"Es geht nicht darum, alles zu ändern. Aber es geht darum, das Wichtige zu ändern und an den richtigen Stellschrauben zu drehen", sagte SPD-Chef Lars Klingbeil. "Wir haben in den vergangenen Wochen sehr, sehr ernsthafte und auch vertrauensvolle Gespräche geführt", sagte SPD-Chefin Saskia Eskin.

Nun müssen die Gremien der drei Parteien noch zustimmen. Doch was steht drin im Koalitionsvertrag?

Was plant Schwarz-Rot bei den Steuern?

Die Einkommensteuer für kleine und mittlere Einkommen soll gesenkt werden, und zwar in etwa zwei Jahren. Der Solidaritätszuschlag bleibt wie bisher für einkommensstarke Bürger und Unternehmen erhalten.

Die Pendlerpauschale ab 2026 soll schon ab dem ersten Kilometer bei 38 Cent liegen.

Wie sollen Unternehmen entlastet werden?

Zur Entlastung von Unternehmen sollen zuerst steuerliche Abschreibungsregeln angepasst werden. Für 2025, 2026 und 2027 soll auf Ausrüstungsinvestitionen eine degressive Abschreibung von 30 Prozent gelten. Danach soll ab 2028 die Körperschaftsteuer schrittweise sinken.

Um die Wirtschaft zu entlasten, ist auch geplant, das deutsche Lieferkettengesetz abzuschaffen. Stattdessen soll die EU-Lieferkettenrichtlinie mit wenig Bürokratie umgesetzt werden.

Energieintensive Unternehmen sollen außerdem mit einem Industriestrompreis entlastet werden.

Bleibt das sogenannte Heizungsgesetz?

Nein. Das Heizungsgesetz wollen die künftigen Koalitionäre streichen. Ein neues Gebäudeenergiegesetz solle "technologieoffener, flexibler und einfacher" werden.

Wie soll die Arbeitszeit gestaltet werden?

Statt des üblichen Acht-Stunden-Tags könnte es künftig einen wöchentlichen Rahmen für die Arbeitszeit geben. Das Vorhaben soll in Absprache mit Arbeitgebern und Gewerkschaften ausgestaltet werden.

Wie steht es um den Mindestlohn?

Für das kommende Jahr wird ein Mindestlohn von 15 Euro in der Stunde angepeilt.

Wie wollen Union und SPD den Bundeshaushalt führen?

Die mögliche künftige schwarz-rote Koalition will sparen. In der Bundesverwaltung sollen in vier Jahren acht Prozent der Stellen abgebaut werden - mit einer Ausnahme für Sicherheitsbehörden. Es soll nur noch halb so viele Beauftragte des Bundes geben. Bei Förderprogrammen und Beiträgen für internationale Organisationen soll insgesamt eine Milliarde Euro eingespart werden.

Kommunen mit erdrückenden Altschulden will man unter die Arme greifen: Der Bund soll 250 Millionen Euro pro Jahr zu Entschuldungsmaßnahmen der Länder beisteuern. Damit soll sich der Bund zur Hälfte beteiligen, wenn Länder übermäßige Kassenkredite ihrer Kommunen übernehmen.

Wie geht es mit dem Bürgergeld weiter?

Die Bedingungen für das bisherige Bürgergeld sollen verschärft werden, es soll mehr Mitwirkungspflichten im Sinne des Prinzips "Fördern und Fordern" geben. Im Extremfall soll ein "vollständiger Leistungsentzug" möglich sein, wenn Menschen immer wieder zumutbare Arbeit ablehnen. Die Leistung soll künftig "Grundsicherung für Arbeitssuchende" heißen.

Was planen Union und SPD zum Thema Rente?

Das heutige Rentenniveau von 48 Prozent soll bis 2031 gesetzlich festgeschrieben werden. Die Kosten dafür sollen aus dem Bundeshaushalt finanziert werden.

Die Mütterrente soll mit drei Rentenpunkten für alle gelten, unabhängig vom Geburtsjahr der Kinder. Auch das soll aus der Steuerkasse gezahlt werden.

Wie soll Deutschland sicherer werden?

Verabredet wurde die Gründung eines Nationalen Sicherheitsrats, der Informationen über Krisenlagen bündeln und schnellere Entscheidungen ermöglichen soll. Für die innere Sicherheit sollen Telekommunikationsanbieter verpflichtet werden, IP-Adressen für mögliche Ermittlungen drei Monate lang zu speichern. Die sogenannte Vorratsdatenspeicherung ist rechtlich sehr umstritten.

Was passiert mit der viel diskutierten Wehrpflicht?

Die künftigen Regierungspartner wollen ein "auf Freiwilligkeit basierendes Wehrdienstmodell" für die Bundeswehr. Dafür sollen eine Wehrerfassung und Wehrüberwachung geschaffen werden.

Wie haben sich Union und SPD beim Thema Migration geeinigt?

Es bleibt bei der Ansage aus den Sondierungsgesprächen: "Wir werden in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn Zurückweisungen an den gemeinsamen Grenzen auch bei Asylgesuchen vornehmen." Wie genau diese Abstimmung aussehen soll, bleibt bislang unklar. CDU-Chef Merz betonte bei der Pressekonferenz aber, man sei bereits in "engem Dialog" mit europäischen Nachbarstaaten.

Das Asylrecht bleibe aber erhalten. Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus sollen allerdings zwei Jahre lang keine Familienangehörigen mehr im Rahmen des Familiennachzugs nach Deutschland holen dürfen.

Die von der Ampelkoalition beschleunigte Einbürgerung nach drei Jahren für besonders gut integrierte Zuwanderer soll wieder abgeschafft werden. Die Wartefrist für normale Einbürgerungen soll bei fünf Jahren bleiben, ebenso die Erlaubnis für den Doppelpass.

Was steht für Familien im Koalitionsvertrag?

Künftige Eltern können auf ein höheres Elterngeld hoffen - sowohl der Mindestsatz von derzeit 300 Euro als auch der Höchstsatz von 1.800 Euro sollen angehoben werden. Union und SPD wollen zudem für selbstständige Frauen, die ein Kind zur Welt bringen, einen gesetzlichen Anspruch auf Mutterschutz schaffen.

Welche Pläne gibt es beim Thema Bildung?

Das BAföG soll im kommenden Jahr erhöht werden. Die im BAföG enthaltene Wohnkostenpauschale für Studierende, die nicht mehr bei den Eltern wohnen, soll von derzeit 380 auf 440 Euro im Monat angehoben werden.

Angesichts schlechter Lese-, Schreib- und Rechenleistungen bei Grundschülern planen Union und SPD eine bundesweite Pflicht für Sprach- und Entwicklungstests bei Vierjährigen.

Was passiert mit dem Deutschlandticket?

Das Deutschlandticket für den Nahverkehr soll nach 2025 erhalten bleiben. Nutzer müssen sich von 2029 an auf Preiserhöhungen einstellen. Derzeit kostet das Deutschlandticket 58 Euro im Monat.

Wie geht es weiter mit der Legalisierung von Cannabis?

Die Legalisierung von Cannabis für Erwachsene soll überprüft werden - laut Koalitionsvertrag ergebnisoffen.

Wird die Corona-Zeit noch aufgearbeitet?

Die staatlichen Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie sollen aufgearbeitet werden. Dazu soll es eine Enquete-Kommission geben, heißt es im Koalitionsvertrag.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete eine Extra-Ausgabe der tagesschau am 09. April 2025 um 15:00 Uhr.