Mitarbeiter des ASB betrachten mobile Stromwandler.

Zeltstädte für den Zivilschutz Warum die Vorbereitung auf den Ernstfall stockt

Stand: 13.04.2025 11:00 Uhr

Mit der wachsenden Bedrohung wird auch der Zivilschutz immer wichtiger. Zeltstädte sollen bei Katastrophen oder Krieg Tausenden Menschen Unterschlupf bieten. Doch der Aufbau verläuft mühsam - warum?

Michael Schnatz öffnet mit einem Knopfdruck das riesige Hallentor. In den Hallen lagern tonnenweise Kisten, darin Material für eine Zeltstadt, in der übergangsweise bis zu 5.000 Menschen wohnen können. Das ist das "MBM 5000 - das Mobile Betreuungsmodul der Zivilschutzreserve des Bundes", sagt der Fachbereichsleiter für Bevölkerungsschutz beim Arbeiter-Samariter-Bund (ASB). "In diesen Hallen stehen 5.000 Feldbetten, 10.000 Sets Bettwäsche, 600 Biertische mit Bänken, 20 Ersatzstromerzeuger."

In einer Nachbarhalle lagern riesige Zelte, die im Ernstfall schnell errichtet werden können. "Wir finden hier Material, um im Krisen- und Zivilschutzfall 5.000 Menschen über einen längeren Zeitraum unterzubringen, zu betreuen, mit Essen und Trinken zu versorgen", sagt Schnatz. Also beispielsweise dann, wenn sie plötzlich durch Katastrophen oder Krieg obdachlos geworden sind.

Kosten von 30 Millionen Euro pro Modul

Die Mengen, die sich hier in Wesseling bei Köln in den Hallen befinden, sind beeindruckend. Aber insgesamt steht die Bundesrepublik beim Aufbau dieser Betreuungsreserve erst am Anfang. Zehn solcher Module wollte Deutschland eigentlich anschaffen und über das Land verteilen. Kosten: jeweils rund 30 Millionen Euro.

Bislang ist aber erst ein Modul fertig finanziert und beim Deutschen Roten Kreuz in der Nähe von Berlin zumindest teilweise im Einsatz.

In Wesseling ist der ASB in der Bestellphase und wartet dabei noch teilweise auf die Freigabe von Geldern. Maximilian Erke kümmert sich um die Beschaffung des Materials. Das Geld, das bereitgestellt wird, versucht er so zu verwenden, um damit komplette Systeme zu bestellen. So ist das Lager, auch wenn es noch nicht vollständig ist, schon in Teilen einsetzbar. "Das heißt, dass wir nicht nur die Zelte bestellen, sondern auch die Heizung dazu, die Beleuchtung dazu, das Brandschutzkonzept, die Gewichte, und auch die Ausstattung in den Zelten", so Erke.

Team des Arbeiter-Samariter-Bundes in Wessling.

Im Einsatz für den Zivilschutz: Das Team des Arbeiter-Samariter-Bundes in Wessling.

LKW für den Transport des Materials fehlen

Die größte Herausforderung im Ernstfall dürfte es sein, das Material dort hinzubringen, wo es benötigt wird. Im Wesselinger Lager stehen zwei neue LKW, benötigt würden aber insgesamt mehr als 200. Deshalb sei man nun damit beschäftigt, ein Netzwerk aufzubauen, das dann im Falle des Falles aktiviert werden kann, sagt Johanne Peter, die sich beim ASB auch um die Zusammenarbeit mit den Kreisverbänden kümmert.

"Wir arbeiten hier mit vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern zusammen, die dann im Ernstfall bereitstehen", sagt sie. Für den Transport des Materials müsste es außerdem Kooperationen mit Speditionen geben, aber auch mit Einrichtungen des Bundes wie beispielsweise dem Technischen Hilfswerk.

Insgesamt müsse noch viel mehr in den Katastrophenschutz investiert werden. Laut Michael Schnatz ist das Konsens unter allen Hilfsorganisationen, gerade angesichts der aktuellen Lage. "Der Katastrophenschutz ist in einigen Bundesländern wirklich in die Jahre gekommen. In Berlin fährt man mit Fahrzeugen, die 40 Jahre alt sind, und da brauchen wir jetzt einen ganz starken Investitions- und Modernisierungsschub", so Schnatz.

Feldbetten, auf Paletten verpackt, stehen in einer Lagerhalle.

In Wesseling werden 5.000 Feldbetten gelagert.

Bevölkerung muss sensibilisiert werden

Wichtig sei es auch, die Bevölkerung viel mehr für das Thema zu sensibilisieren. Es müsse in Aufklärung investiert werden: "Wie verhalte ich mich in Krisen? Wie kann ich meinen Nachbarn helfen, vielleicht die ersten Erste-Hilfe-Kompetenzen lernen? Wie schütze ich mich in bestimmten Situationen, wie verhalte ich mich bei einem Blackout?" Den Leuten müsse klar gemacht werden, dass es Sinn mache, ein Kurbelradio zu haben, um auch ohne Strom an Informationen zu kommen. Drängende Fragen seien auch, was für Vorräte an Lebensmittel und Trinkwasser man anlege.

Das MBM 5000 in Wesseling sei momentan in Teilen einsatzbereit. Von den notwendigen 26 Millionen Euro seien bisher 17 Millionen im Haushalt hinterlegt. Beim ASB hofft man darauf, dass die neue Bundesregierung hier neue Prioritäten auf den Schutz der Bevölkerung lege.

Das Problem sei aber auch, dass die Kosten weltweit steigen. "Die ganze Welt kauft im Moment Krisenmaterial und wir gehen von Preissteigerungen von ungefähr 30 Prozent aus. Das heißt, wir wissen heute auch schon, die 26 Millionen werden nicht reichen, um alles das, was in der Planung ist, beschaffen zu können. Da wird man noch mal einen Nachschlag brauchen", so Schnatz. Er geht davon aus, dass es noch mindestens zwei Jahre dauert, bis das Lager vollständig gefüllt ist.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete WDR5 Mittagsecho am 11. April 2025 um 13:00 Uhr.