Der Angeklagte steht im Prozess um Drohungen gegen eine österreichische Ärztin im Gerichtssaal in Wels.

Kellermayr-Prozess Freispruch für Schreiber von Drohmails

Stand: 09.04.2025 15:40 Uhr

Wegen massiver Drohungen soll sich die österreichische Ärztin Kellermayr 2022 das Leben genommen haben. Ein Angeklagter aus Bayern ist nun davon freigesprochen worden, durch seine Schreiben zu ihrem Tod beigetragen zu haben.

Im Prozess um den Suizid der jungen österreichischen Ärztin Lisa-Maria Kellermayr ist ein Mann aus Bayern freigesprochen worden. Das Landgericht im oberösterreichischen Wels sah es nicht als erwiesen an, dass er mit seinen Schreiben an die Impfbefürworterin ihren Tod mitverursacht habe. Er war wegen gefährlicher Drohung angeklagt.

Der Angeklagte hatte vor Gericht zugegeben, Kellermayr von Februar bis Juli 2022 E-Mails und Twitter-Nachrichten geschrieben zu haben. Darin kündigte der Mann unter anderem an, die Ärztin laufend zu beobachten, vor ein "Volkstribunal" stellen und anschließend "auf die Anklagebank und dann sicher ins Gefängnis" bringen zu wollen.

Verteidigung forderte Freispruch

Er und seine Anwälte bestritten jedoch, dass sich Kellermayr durch seine E-Mails und Twitter-Nachrichten bedroht gefühlt habe. Sie forderten einen Freispruch. "Ich bin der Meinung, dass nicht jede Tragödie ein Verbrechen ist und nicht jedes Opfer einen Täter hat", sagte die Anwältin des Deutschen.

Nach Informationen des ORF äußerte der Angeklagte in seinem Schlusswort "ehrliches Bedauern" über den Suizid Kellermayrs. Der Tod sei aber nicht auf seine Kommunikation mit ihr zurückzuführen, sagte der Mann.

Der 61-Jährige argumentierte, dass er die Ärztin nicht bedroht habe, sondern sie kontaktierte, um gegen eine drohende Impfpflicht anzukämpfen. Die Coronazeit schilderte er demnach als eine für ihn sehr beängstigende Zeit. "Ich war in meiner Angst gefangen. Meine Ohnmacht habe ich durch Aktivismus kompensieren müssen", zitierte der ORF den Angeklagten.

Massive Drohungen von Folter bis Mord

Das Verteidigerteam wies während des Prozesses darauf hin, dass Kellermayr weitaus brutalere Todes- und Folterdrohungen von einem noch immer unbekannten Verfasser erhalten habe, der unter dem Namen "Claas" auftrat. Ermittler versuchen weiterhin, ihm auf die Spur zu kommen.

Darunter waren auch Nachrichten, in den detailreich geschildert wurde, wie Kellermayr und ihre Mitarbeiter gefoltert und ermordet werden sollen. Darin hieß es unter anderem: "Ich werde dich hinrichten."

Kellermayr beging 2022 Suizid

Im Juli 2022 beging die oberösterreichische Ärztin im Alter von 36 Jahren Suizid. Kellermayr stand während der Pandemie als Not- und Hausärztin an vorderster Front. In Medien-Interviews betonte sie den Nutzen von Covid-Impfungen. Für ihre kritischen Äußerungen gegen Impfskeptiker und Maßnahmen-Gegner erntete sie Anfeindungen und Hassnachrichten.

Unbestritten ist, dass Kellermayr unter zunehmender Angst litt. Sie stellte in ihrer Praxis wegen der Drohungen einen Security-Mitarbeiter an und ließ einen kostspieligen Schutzraum einrichten. "Es sollte ein Ort werden, an dem ich zur Ruhe kommen kann", schrieb sie über ihre Praxis. "Aus einem Ort der Geborgenheit wurde ein Hochsicherheitstrakt", fügte sie in den Aufzeichnungen hinzu, die nach ihrem Tod ausgewertet wurden. 

"Ein gesamtes Bedrohungsbild"

Die Nachrichten des 61-Jährigen hätten die Ängste und psychischen Probleme Kellermayrs verstärkt, sagte ein Staatsanwalt in seinem Schlussplädoyer und zitierte aus dem Gutachten eines Psychiaters. Der Verteidiger des Angeklagten entgegnete, dass die Medizinerin sich öffentlich "äußerst aggressiv" gegen Corona-Impfgegner und -Maßnahmengegner geäußert habe. Er zog auch die von der Medizinerin behauptete Bedrohungslage in Zweifel.

Auch die Richterin stellte fest, dass die Ärztin es dabei "nicht immer so genau" mit der Wahrheit genommen und auch übertrieben habe. Sie habe schon länger mit psychischen Problemen gekämpft und hatte aufgrund der teuren Sicherheitsmaßnahmen auch finanziellen Probleme. "Es war halt einfach so ein gesamtes Bedrohungsbild. Es ist halt einfach so ineinandergeflossen", fasste die Richterin Kellermayrs Lage zusammen.

Der Angeklagte habe nicht vorhersehen können, dass Kellermayr Suizid verüben würde, argumentierte die Richterin. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete BR24 am 26. März 2025 um 17:50 Uhr.