
CDU-Chef offen für Lieferung an Kiew Kreml kritisiert Merz-Äußerungen zu "Taurus"
Der voraussichtliche Kanzler Merz hat eine Lieferung von "Taurus"-Marschflugkörpern an Kiew ins Spiel gebracht und damit Kritik in Moskau ausgelöst. Der Kreml warnte vor einer Eskalation, von Ex-Präsident Medwedew gab es Beschimpfungen.
Der mögliche nächste Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat mit Äußerungen über eine mögliche Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine scharfe Reaktionen in Russland hervorgerufen. Merz "unterstützt diverse Maßnahmen, die zu einer neuen Eskalation führen können und unweigerlich dazu führen werden", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow vor Journalisten in Moskau.
Der Vizechef des russischen nationalen Sicherheitsrates und ehemalige Präsident, Dmitri Medwedew, nannte Merz im Zusammenhang mit den "Taurus"-Äußerungen sogar einen "Nazi". "Überleg zweimal, Nazi!", schrieb er auf der Plattform X. Merz werde von den Erinnerungen an seinen Vater verfolgt, "der in Hitlers Wehrmacht diente", schrieb Medwedew weiter.
Kreml-Sprecher Peskow beklagte zudem einen aus russischer Sicht fehlenden Willen in den europäischen Hauptstädten, "sich um Wege zu Friedensgesprächen zu kümmern, sie sind eher geneigt, die Fortsetzung des Krieges weiter zu provozieren". Eine vom Weißen Haus vorgeschlagene vollständige Waffenruhe ohne Vorbedingungen hat Russlands Präsident Wladimir Putin allerdings abgelehnt.
Merz offen für mögliche "Taurus"-Lieferung
Merz hatte in der ARD-Sendung "Caren Miosga" auf die Frage, ob er "Taurus" an Kiew liefern würde, geantwortet, er habe immer gesagt, dass er das nur in Abstimmung mit den europäischen Partnern tun würde. Die Partner lieferten aber bereits Marschflugkörper, betonte der CDU-Chef. "Die Briten tun das, die Franzosen tun das, die Amerikaner tun es ohnehin." Die Lieferung müsse abgestimmt werden "und wenn es abgestimmt wird, dann sollte Deutschland sich daran beteiligen".
Er erklärte auch, dass eine Zerstörung der Krim-Brücke der Ukraine nutzen könnte. "Die ukrainische Armee muss aus der Defensive herauskommen, sie reagiert ja immer nur, sie muss mal selbst auch ein Teil dieses Geschehens bestimmen können." Um die Ukraine "endlich mal" (...) "vor die Lage zu bringen", könnte sie beispielsweise "die wichtigste Landverbindung zwischen Russland und der Krim zerstören", sagte Merz. Von der von Russland annektierten ukrainischen Halbinsel komme "der größte Teil des militärischen Nachschubs für die russische Armee".
Da die Marschflugkörper besonders tief fliegen und relativ klein sind, können sie von der gegnerischen Flugabwehr nur schwer getroffen werden. Die Bundeswehr hat das Waffensystem "Taurus" seit 2005. Es kann mit Kampfflugzeugen des Typs "Tornado" zum Einsatz gebracht werden. Der Einsatz am "Eurofighter" wird derzeit vorbereitet. Hersteller ist eine Tochterfirma des Rüstungskonzerns MBDA.
Der Marschflugkörper "Taurus" ist das deutsch-schwedische Gegenstück zu den parallel entwickelten britisch-französischen Marschflugkörpern "Storm Shadow" und "Scalp".
Die 19 Kilometer lange Krim-Brücke über der Straße von Kertsch verbindet die bereits 2014 von Russland annektierte ukrainische Halbinsel Krim mit der Oblast Krasnodar auf dem russischen Festland. Die ukrainischen Truppen haben die Brücke mehrfach beschossen und zum Teil erheblich beschädigt. Russland hatte vor solchen Angriffen wiederholt gewarnt. Moskau machte zudem in der Vergangenheit ein abgehörtes Gespräch von Bundeswehroffizieren öffentlich, die konkret auch die Zerstörung der Krim-Brücke mit Marschflugkörpern erörtert hatten.
Merz betonte überdies, er sei nicht überzeugt, dass der russische Präsident Wladimir Putin "auf Schwäche und auf Friedensangebote positiv reagiert". Der Kreml-Chef müsse "irgendwann die Aussichtslosigkeit dieses Krieges erkennen - dafür müssen wir der Ukraine helfen". Der CDU-Chef hatte die Lieferung von "Taurus"-Marschflugkörpern an die Ukraine vor der Bundestagswahl stets gefordert, der nun scheidende Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte dies abgelehnt. Kiew bemüht sich seit langem um "Taurus".
Wiederholt russische Androhungen einer Eskalation
Russland hatte in der Vergangenheit bereits mehrfach von möglichen militärischen Gegenschlägen gesprochen und mit einer weiteren Eskalation gedroht. In vielen Fällen blieb eine direkte und als solche benannte Reaktion Moskaus aber aus.