
Krieg gegen die Ukraine Putin schlägt Waffenruhe aus und will direkte Verhandlungen
Die Ukraine und ihre Verbündeten fordern eine Waffenruhe von Russland - Präsident Putin kontert mit einem Gegenvorschlag: Er schlägt direkte Gespräche mit der Ukraine vor. In der Ukraine gibt es derweil neue russische Angriffe.
Der russische Präsident Wladimir Putin hat direkte Verhandlungen mit der Ukraine "ohne Vorbedingungen" vorgeschlagen. Als Ort der Gespräche schlug er die türkische Metropole Istanbul vor. Die Gespräche könnten bereits am 15. Mai beginnen, so Putin - das wäre also am kommenden Donnerstag. "Diejenigen, die wirklich Frieden wollen, können nicht dagegen sein", sagte er vor Journalisten in Moskau.
Er wolle nun mit seinem türkischen Amtskollegen Recep Tayyip Erdoğan darüber sprechen. Er hoffe, dass Erdoğan seine Bereitschaft bestätigen werde, zu einer Friedenslösung im Konflikt mit der Ukraine beizutragen. Der türkische Präsident hatte sein Land in der Vergangenheit als idealen Ort für mögliche Friedensverhandlungen bezeichnet.
Putin will an Gespräche von 2022 anknüpfen
Putins Verhandlungsangebot folgte unmittelbar auf einen gemeinsamen Vorstoß der Ukraine und ihrer wichtigsten europäischen Verbündeten. Sie hatten die russische Führung am Samstag zu einem bedingungslosen längeren Waffenstillstand ab Montag aufgefordert. Bundeskanzler Friedrich Merz, der französische Präsident Emmanuel Macron, der britische Premierminister Keir Starmer und der polnische Regierungschef Donald Tusk waren dazu nach Kiew gereist und drohten Russland mit neuen Sanktionen, falls es der Feuerpause nicht zustimmt. Die Staats- und Regierungschefs stimmten sich nach eigenen Angaben in einem Telefonat mit US-Präsident Donald Trump ab, der schon seit längerem eine Waffenruhe fordert.
Doch dass Putin sich darauf einlässt, scheint unwahrscheinlich. "Wir schließen nicht aus, dass wir uns in diesen Gesprächen auf eine neue Waffenruhe einigen können", sagte Putin, ohne die vorherige Aufforderung der Ukraine und ihrer europäischen Unterstützer an Russland direkt zu erwähnen.
Russland wolle diese Gespräche in Istanbul, um "die Ursachen des Konflikts zu beseitigen" und "die Wiederherstellung eines langfristigen, dauerhaften Friedens zu erreichen", sagte Putin. Die Gespräche sollten an dem Punkt fortgesetzt werden, an dem sie 2022 nach Kriegsbeginn abgebrochen worden waren. Der Ukraine warf Putin vor, für das Scheitern damals verantwortlich gewesen zu sein. Eine der Hauptforderungen Russlands war damals, dass die Ukraine im Gegenzug für internationale Sicherheitsgarantien einer dauerhaften Neutralität zustimmt.
Putin bleibt bei seinen Vorbedingungen
Nach Einschätzung von ARD-Korrespondent Vassili Golod, der aus Kiew berichtet, steckt hinter Putins Vorgehen ein Muster: Er simuliere Diplomatie, um gleichzeitig weiter Krieg zu führen.
ARD-Korrespondentin Silke Diettrich berichtet aus Moskau, Putin gebe seit Jahren vor, er sei zu Verhandlungen bereit. Doch auf die Waffenruhe-Forderung der Europäer und Selenskyjs sei er gar nicht eingegangen. Putin verlange vor einem Friedensschluss eine Reihe von Zugeständnissen: Die Ukraine solle nicht Teil der NATO werden, die Ukraine solle entmilitarisiert werden und Putin beanspruche neben der Krim weiteres russisch besetztes ukrainisches Staatsgebiet für sich. Perspektivisch wolle Putin auch eine neue ukrainische Führung, auch wenn er jetzt zu Verhandlungen mit Selenskyj bereit zu sein scheint.
Selenskyj: Waffenruhe ist erster Schritt
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wertete den russischen Vorschlag als positives Signal - insofern, als Russland "endlich begonnen" habe, über ein Ende des Krieges nachzudenken. Ein erster Schritt müsse jedoch eine Waffenruhe sein, schrieb Selenskyj auf X.
Frankreichs Präsident Macron sprach von einer "ersten Bewegung", die aber nicht ausreichend sei. Putin wolle Zeit gewinnen, sagte Macron in Polen vor Journalisten auf seiner Rückreise aus der Ukraine. Man müsse mit den Amerikanern standhaft bleiben, "um zu sagen, dass die Waffenruhe bedingungslos ist, und danach kann man den Rest besprechen". Für die Ukrainer sei es nicht akzeptabel, Verhandlungen zu führen, während sie weiterhin bombardiert werden.
Ukraine meldet Drohnenangriffe
Eine vom Kreml verkündete dreitägige Feuerpause lief in der Nacht zum Sonntag derweil aus. Putin hatte die Waffenruhe für die Feierlichkeiten zum 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs angeordnet. Aus mehreren Städten in der Ukraine wurden russische Drohnenangriffe gemeldet. In der Hauptstadt Kiew, in Odessa, Charkiw und Dnipro wurde Luftalarm ausgelöst. Von 108 russischen Kampfdrohnen seien 60 abgefangen worden, erklärte die ukrainische Luftwaffe. Über Schäden ist bislang nichts bekannt.