
Antrittsbesuch in Polen "Die AfD, das ist Ihr Problem, Herr Bundeskanzler"
Klartext zum Antrittsbesuch: Premier Tusk zeigt sich nach Merz' Warschau-Reise zuversichtlich. Zugleich stellt er klar: Mit der Migrationspolitik des neuen Kanzlers ist er nicht einverstanden.
Irgendwann muss Friedrich Merz lächeln. In Warschau wird der neue Bundeskanzler mit militärischen Ehren empfangen. Auch Donald Tusk, Polens Premierminister, freut sich. Die Stimmung ist gut.
"Wir haben uns zuerst in Brüssel getroffen, aber dann auch die gute Zusammenarbeit bis hin zu einer persönlichen Freundschaft weiterentwickelt", sagt Merz. "Und deswegen ist das für mich auch ein besonderer Tag heute, dass ich hier sein darf."
Merz zu Gast bei Freunden. Er wolle hier ein neues Kapitel in der deutsch-polnischen Nachbarschaft aufschlagen, sagt der Kanzler. Auch Tusk spricht mit voller Überzeugung von einem Neuanfang - vielleicht dem wichtigsten seit Jahrzehnten.
"Wir haben eine echte Chance, die deutsch-polnischen Beziehungen so zu stärken, dass sie Deutschland, Polen und Europa bestmöglich dienen", sagt der polnische Premier. Er sei überzeugt, dass er Merz' Ansichten und seine Haltung zum deutsch-polnischen Verhältnis und zu Europa sehr gut kenne. "Ich weiß genug, um heute optimistisch in die Zukunft zu blicken."
Einigkeit bei Themen wie Infrastruktur und Rüstungspolitik
Und bei vielem sind sie sich einig. Zum Beispiel beim Infrastrukturausbau. Es sollen endlich mehr Schnellzüge zwischen Deutschland und Polen geben. Europa brauche zudem eine gemeinsame europäische Rüstungspolitik und die Hilfe für die Ukraine müsse fortgesetzt werden.
Russland sei bis auf Weiteres die größte Bedrohung für die europäische Sicherheit, Polen sei da besonders betroffen, sagt Merz. Das Land sei wirtschaftlicher Leistungsträger in der EU. Und auch die Verantwortung der Deutschen für den Zweiten Weltkrieg, die Besatzung und die Zerstörung Warschaus kommen zur Sprache.
"Erwarten nicht nur Verständnis, sondern Unterstützung"
Donald Tusk nickt. Das alles sind Aussagen, die in Polen gut ankommen. Aber, sagt er, sie würden sich zu lange und zu gut kennen, um nicht zu wissen, dass auch komplizierte Gespräche anstehen. "Ich möchte, dass jeder weiß, dass Polen die gesamte Last bei der Verteidigung und beim Schutz der Ostgrenze trägt", sagt Tusk.
Sein Land habe Milliarden Złoty in die Infrastruktur investiert, um irreguläre Migration zu stoppen und die Sicherheit "angesichts einer möglichen Aggression unseres östlichen Nachbarns" zu erhöhen. "Wir erwarten nicht nur Verständnis, sondern auch volle Unterstützung bei diesen Aufgaben."
Tusk: Polen hat eigene innenpolitische Herausforderungen
Und zwar gemeinsam an der EU-Außengrenze statt mit Kontrollen nur an den deutschen Grenzen. Polen werde keine Geflüchteten aus Deutschland aufnehmen, sagt Tusk. Merz beschwichtigt. "Wir wollen gemeinsam die europäische Einwanderungs- und Asylpolitik fortentwickeln und wir werden auch Grenzkontrollen vornehmen in einer Art und Weise, die für unsere Nachbarn verträglich ist."
Auch Tusk weiß, dass Merz innenpolitisch unter Druck steht. Doch "die AfD, das ist Ihr Problem, Herr Bundeskanzler", sagt der polnische Premier. Er habe in Polen seine eigenen Herausforderungen. In Polen stehen Präsidentschaftswahlen an. Tusk muss sich gegenüber der rechtspopulistischen PiS-Partei behaupten. Dabei könne Merz ihm helfen, sagt der polnische Premier. So könne er in den deutsch-polnischen Beziehungen tatsächlich liefern.