
Israel und Iran Luftalarm, Raketenabwehr und Explosionen
Luftalarm, Raketenabwehr, Explosionen: Israel und der Iran überziehen sich weiter mit Angriffen. Israels Verteidigungsminister Katz warnte den Iran vor Angriffen auf zivile Ziele. Israel hat in Teheran offenbar einen Flughafen beschossen.
Die Eskalation zwischen den Erzfeinden Israel und Iran geht weiter. In der Nacht feuerte der Iran nach Angaben des israelischen Militärs erneut Dutzende Raketen auf den jüdischen Staat ab, von denen die meisten abgefangen worden seien. Am Morgen meldete die Armee einen erneuten Angriff aus dem Iran mit Drohnen. Die Luftabwehr sei aktiviert. Erneut heulten zuvor in mehreren Gebieten die Sirenen.
In verschiedenen Landesteilen gab es Einschläge. Im Raum Tel Aviv sei es zu mehreren Explosionen gekommen, teils seien Trümmer abgefangener Geschosse zu Boden gestürzt, meldete die Times of Israel. Medienberichten zufolge wurden drei Menschen getötet, viele Menschen seien teils schwer verletzt worden. Die Behörden rieten den Menschen, sich in der Nähe von Schutzräumen aufzuhalten.
Katz: "Sehr hoher Preis"
Der Iran habe mit seinen Angriffen auf zivile Ziele eine rote Linie überschritten und werde einen "sehr hohen Preis" dafür zahlen, drohte Israels Verteidigungsminister Israel Katz. Ein ranghoher israelischer Sicherheitsbeamter wurde in heimischen Medien mit der Aussage zitiert, Israel werde iranische Ölanlagen ins Visier nehmen, wenn der Iran Bevölkerungszentren in Israel angreifen sollte.
Der Iran reagierte umgehend auf die Drohungen: Dann würden wichtige Wirtschafts- und Energiezentren in Israel "sofort und weitaus zerstörerischer und verheerender" angegriffen, schrieb die Nachrichtenagentur Fars.
Nach Angaben der iranischen Revolutionsgarden zielten die Angriffe auf Dutzende militärische Ziele und Luftwaffenstützpunkte in Israel. Es war bereits die dritte Angriffswelle des Iran auf Israel. Die Islamische Republik antwortet damit auf die Angriffe Israels, die in der Nacht auf Freitag begonnen hatten.
Hochrangige Militärs getötet
Bei den israelischen Angriffen sind seit Freitag mindestens 78 Menschen getötet worden. Unter ihnen sind iranischen Angaben zufolge hochrangige Militärs wie Generalstabschef Mohammad Bagheri und der Kommandeur der mächtigen Revolutionsgarde, Hossein Salami. Auch sechs Atomwissenschaftler sollen unter den Toten sein.
Heute gab der Iran den Tod zweier stellvertretender Kommandeure des Generalstabs bekannt. Die Offiziere Gholamresa Mehrabi und Mehdi Rabani seien bei den israelischen Bombardierungen ums Leben gekommen, berichtete der staatliche Rundfunk.
In einer Videobotschaft sprach Israels Premier Benjamin Netanjahu die Bürgerinnen und Bürger des Iran direkt an: Es sei an der Zeit, dass das iranische Volk für die Freiheit von einem bösen und unterdrückerischen Regime eintrete, forderte Netanjahu. "Dieses Regime war nie schwächer. Dies ist eure Gelegenheit, aufzustehen und eure Stimme zu erheben."
Israel greift erneut Ziele in Teheran an
Israel setzte den Beschuss des Iran auch in der Nacht fort. In der Hauptstadt Teheran war übereinstimmenden Berichten zufolge wieder die Luftabwehr aktiv. Augenzeugen und örtliche Medien berichteten von Explosionen im Zentrum und Nordosten.
Auf dem militärischen Teil des Teheraner Flughafens Mehrabad sei es nahe Terminal 4 zu Explosionen gekommen, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Irna. Ein Hangar für Kampfjets sei getroffen worden. Die Nachrichtenagentur wies Berichte zurück, wonach die Landebahnen des Flughafens getroffen worden seien.
Andere iranische Medien berichten von Flammen in der Gegend des Flughafens. Der Flughafen liegt in der Nähe wichtiger iranischer Führungszentren und beherbergt einen Luftwaffenstützpunkt mit Kampfflugzeugen und Transportflugzeugen.
Israels Nachbarländer öffnen Luftraum wieder
Nach den nächtlichen Angriffswellen öffneten Jordanien, der Libanon und Syrien ihre Lufträume am Morgen wieder für den zivilen Luftverkehr. Der jordanische Luftraum sei seit 7:30 Uhr (Ortszeit) wiedereröffnet, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Petra. Das libanesische Verkehrsministerium erklärte den Luftraum ab 10 Uhr (Ortszeit) für wiedereröffnet. Die syrische Staatsagentur Sana erklärte am Vormittag, dass der Luftraum wiedereröffnet sei.
Alle drei Länder hatten sich zu einer Schließung infolge der Eskalation zwischen Israel und dem Iran entschieden. Die irakischen Behörden gaben indessen bekannt, dass die Schließung des eigenen Luftraums bis 13 Uhr (Ortszeit) verlängert wurde.
"Dann kann es schnell sehr hässlich werden"
Nach Ansicht eines Experten haben die kriegerischen Auseinandersetzungen bereits jetzt historische Ausmaße erreicht. "Noch nie war die Region so nah an einem ausgewachsenen Flächenbrand wie jetzt", sagte Ali Vaez, Leiter der Iran-Abteilung beim Thinktank International Crisis Group, dem arabischen Sender Al Jazeera.
Zwar sei unklar, wie viele Waffen und Verteidigungssysteme ihres Erzfeindes die Israelis zerstört hätten, sagte Vaez. Der Iran verfüge aber definitiv weiterhin über Angriffspotenzial - und habe nicht nur eines der am weitesten entwickelten und umfangreichsten Arsenale von Marschflugkörpern im Nahen Osten, sondern auch starke Verbündete in der Region wie die Huthi-Miliz im Jemen. Auch die palästinensische Terrororganisation Hamas und die Hisbollah-Miliz im Libanon werden maßgeblich von Teheran unterstützt. "Wenn das so weitergeht, kann es also sehr schnell sehr hässlich werden", warnte Vaez.
UN-Generalsekretär António Guterres rief Israel und den Iran eindringlich zur Deeskalation auf. "Israelische Bombardierung iranischer Nuklearanlagen. Iranische Raketenangriffe auf Tel Aviv. Genug der Eskalation", schrieb Guterres auf der Plattform X. Frieden und Diplomatie müssten sich durchsetzen.
Mit Informationen von Julio Segador, ARD-Studio Tel Aviv