Inder protestieren vor der pakistanischen Vertretung in Neu-Delhi

Nach Angriff auf Touristen Indien und Pakistan auf Konfrontationskurs

Stand: 24.04.2025 17:22 Uhr

Nach dem Anschlag auf indische Touristen in Kaschmir überziehen sich die Atommächte Indien und Pakistan mit Strafmaßnahmen. Indien ordnete die Ausweisung aller Pakistaner an, Pakistan sperrte seinen Luftraum.

Nach dem Anschlag im indisch kontrollierten Teil Kaschmirs mit 26 Toten befinden sich die Atommächte Indien und Pakistan auf Konfrontationskurs. Beide Länder ordneten die Ausweisung von Staatsbürgern der jeweils anderen Seite von ihrem Staatsgebiet an.

Mit sofortiger Wirkung sei die Visavergabe für pakistanische Staatsangehörige ausgesetzt, berichtet das staatliche indische Nachrichtenportal DD News unter Berufung auf das Außenministerium. Zudem sollen sie Indien bis zum 27. April verlassen.

Pakistan sperrt Luftraum für indische Airlines

Pakistan kündigte zudem als Reaktion auf früher beschlossene Maßnahmen Indiens an, seinen Luftraum für indische Fluggesellschaften zu sperren und wies Diplomaten des Landes aus. Zudem schloss Pakistan seinen wichtigsten Grenzübergang nach Indien. Pakistanische Diplomaten mussten bereits am Mittwoch indischen Boden verlassen.

Das Simla-Abkommen, der wichtigste Friedensvertrag zwischen den beiden Nachbarn, in dem auch die Grenzlinie in der Region Kaschmir festgelegt ist, wurde von der Regierung in Islamabad ausgesetzt.

Karte: Indien mit der Region Kaschmir und der Stadt Pahalgam

Indien sieht Pakistan mitverantwortlich für Anschlag

Bewaffnete Angreifer hatten am Dienstag auf einer Bergwiese in einer beliebten Urlaubsgegend nahe der Stadt Pahalgam in dem von Indien verwalteten Teil Kaschmirs 25 indische Touristen und einen Gast aus Nepal getötet, mindestens 17 weitere wurden verletzt.

Die indische Regierung stuft den gezielten Angriff auf Touristen als Terrorakt ein. Sie geht davon aus, dass das Nachbarland für den Anschlag mitverantwortlich ist. Die Regierung in Neu-Delhi sprach von grenzüberschreitenden Verbindungen bei dem Anschlag und warf dem Nachbarn vor, den Terrorismus zu unterstützen. Pakistan wies jede Beteiligung an dem Anschlag zurück. 

Laut indischen Medien reklamierte die islamistische Terrorgruppe "The Resistance Front" (TRF) die Tat für sich. Eine offizielle Bestätigung dafür gibt es bislang nicht. Die TRF ist eine Splittergruppe der aus Pakistan operierenden islamistischen Terrororganisation Lashkar-e-Taiba, die unter anderem für eine Anschlagsserie in Mumbai 2008 verantwortlich gemacht wird. Damals wurden fast 170 Menschen getötet.

In einer Mitteilung der indischen Polizei hieß es, zwei der Angreifer seien als Pakistaner identifiziert worden. Anhand welcher Informationen sie identifiziert wurden, ist unklar. 

Modi droht Vergeltung an

In Indien wächst inzwischen die Sorge, das Militär des Landes könnte unter anderem vermutete Basen von Terrorgruppen auf pakistanischem Boden oder andere Ziele angreifen. Premierminister Narendra Modi drohte in einer öffentlichen Rede im indischen Bundesstaat Bihar mit Blick auf den Anschlag, "unmenschliche Terroristen und ihre Mitverschwörer" würden stärker bestraft, als sie sich vorstellen könnten.

Dies sei nicht nur ein Angriff auf unbewaffnete Touristen gewesen, sondern auf "Indiens Seele". Die Strafe werde unvorstellbar hoch sein: "Wir werden sie bis ans Ende der Welt verfolgen. Terrorismus wird nicht ungestraft bleiben."

Indien setzt Wasser-Abkommen aus

Bereits am Mittwoch hatte Indien Maßnahmen gegen den Nachbarstaat ergriffen. Ein Grenzübergang wurde geschlossen. Zudem kündigte die Regierung an, einen wichtigen Vertrag mit dem Nachbarn über die Nutzung der Flüsse in der Himalaya-Region auf unbestimmte Zeit auszusetzen. 

Pakistan reagierte mit einer scharfen Drohung: Jeder Versuch, den Wasserlauf zu stoppen oder umzuleiten, werde als Kriegshandlung betrachtet "und mit dem gesamten Spektrum der nationalen Macht beantwortet werden", teilte das Büro des pakistanischen Premierministers Shehbaz Sharif mit.

Beobachter sehen neue Eskalationsstufe

In Deutschland äußerten sich Beobachter besorgt. "Die Entwicklungen markieren eine deutliche Verschärfung in den ohnehin angespannten bilateralen Beziehungen zwischen den beiden Atommächten", sagte Schahina Gambir, die Südasien-Berichterstatterin bei der Grünen-Fraktion ist. Beide Staaten müssten unter allen Umständen eine militärische Eskalation vermeiden.

Der Südasien-Experte Michael Kugelman sieht deutliche Zeichen einer neuen Eskalationsstufe. "Die Bedeutung der Aussetzung des Indus-Wasservertrags kann kaum überschätzt werden", schreibt Kugelman auf der Online-Plattform X. So eine Maßnahme habe es zuvor nicht gegeben. 

Die nördliche Himalaya-Region Kaschmir, die mehrheitlich von Muslimen bewohnt wird, ist seit der Unabhängigkeit Indiens und Pakistans im Jahr 1947 geteilt. Die beiden südasiatischen Atommächte werfen sich immer wieder Verletzungen des Waffenstillstands vor. Beide Länder beanspruchen das Gebiet vollständig für sich und haben bereits zwei Kriege um die Kontrolle der Bergregion geführt. 

Rebellengruppen kämpfen im indischen Teil Kaschmirs für eine Unabhängigkeit vom mehrheitlich hinduistischen Indien - oder für einen Zusammenschluss mit Pakistan.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete am 24. April 2025 tagesschau24 um 14:00 Uhr und BR24 um 17:21 Uhr.